Geheimnis des Verlangens
schiere Lautstärke übertönt.
»Genug, Mistress. Wir entschuldigen uns für die letzte Nacht. Wir entschuldigen uns auch für den scharfen Ton, mit dem wir Sie vorhin angesprochen haben. Aber jetzt müssen wir darauf bestehen, dass Sie uns behilflich sind.«
Eine derart herausgebrüllte Entschuldigung war ihrer Meinung nach keinen Pfifferling wert! Und während ihr diese Entschuldigung von dem Mann namens Stefan aufgezwungen wurde, wanderten die anderen Männer planlos im Zimmer umher. Sie interessierten sich offensichtlich nicht im geringsten für das, was dieser Stefan ihr sagen wollte, obwohl Tanya fast damit rechnete, dass sich seine Worte als eine Art Gemeinschaftsangebot entpuppen würden. Aber das war ein Irrtum. Was sie für planloses Auf-und Abgehen gehalten hatte, war ein wohldurchdachtes Manöver, um jeden Ausgang des Zimmers zu blockieren. Sogar der Stämmige mit den dunklen Augen stand jetzt ganz in ihrer Nähe, zwischen ihr und der Treppe, um einen Rückzug in dieser Richtung für sie unmöglich zu machen.
Offensichtlich würde Tanya nirgendwohin gehen, bevor sie ihnen nicht >behilflich< war. Es machte sie maßlos wütend, dass man ihr in dieser Angelegenheit keine Wahl ließ. Natürlich konnte sie sich auch einfach hinsetzen und sie warten lassen, bis sie schwarz wurden. Schließlich konnten sie sie ja nicht mit Gewalt zum Sprechen bringen, oder? Aber sie wollte sie endlich loswerden — je schneller, desto besser. Also musste sie ihnen wohl oder übel ihre verdammten Fragen beantworten. Nur würde sie dabei keinesfalls so tun, als ob ihr das behagte. Und sollte sich eine Möglichkeit bieten, es ihnen heimzuzahlen, würde sie sich diese nicht entgehen lassen. Zu ihrer großen Freude fand sich eine solche Gelegenheit fast augenblicklich.
Ihr Zögern hatte gerade lange genug gedauert, dass Stefan ihr ein Angebot machte. »Wenn es nur um Ihre Zeit geht, dann betrachten Sie sich hiermit als entlohnt.« Mit diesen Worten warf er ihr eine Münze zu.
Tanya fing die Münze mit einer Reflexbewegung auf, warf sie jedoch ebenso schnell wieder zurück. »Behaltet Euer Geld. Ihr wollt eine Information von mir, gut. Das kostet eine Entschuldigung von dem da.«
Der Mann, dem sie auf diese Weise eins auszuwischen versuchte, war der goldlockige Adonis. Die anderen sahen ihn abwartend an, als stünde für sie von vornherein fest, dass er ihrem Wunsch nachkommen würde. Aber er starrte Tanya nur wortlos an — mit hochrotem Gesicht und Mordlust in den Augen.
Na schön, diesen Mann zu demütigen, war immerhin einen Versuch wert gewesen. Aber sie hatte nicht wirklich erwartet, dass es funktionieren würde. Nicht, nachdem der andere ihr seine Entschuldigung mehr oder weniger ins Gesicht gespuckt hatte, so als müsse sie sich obendrein auch noch geehrt fühlen. Jetzt hatte sie sich selbst in die Enge getrieben, indem sie einen Preis für ihre Mithilfe gefordert hatte. Irgendwie musste sie versuchen, ihnen zu entkommen. Das verlangte schon ihre Selbstachtung. Sie konnte dabei nur hoffen, dass die Männer nicht zu grob würden, um sie aufzuhalten.
Ein paar endlos erscheinende Sekunden wartete sie noch ab, dann drehte sie sich um und ging auf die Hintertür zu. Der braunhaarige Mann machte eine Bewegung, um ihr den Weg zu versperren, wie sie es erwartet hatte, aber sie blieb nicht stehen. Statt dessen zog sie ihr Messer, womit sie nicht nur ihn, sondern auch sich selbst überraschte. Sie hatte nicht vorgehabt, so weit zu gehen, um ihren Stolz zu verteidigen — dieses verdammte Ehrgefühl, mit dem sie sich nur selbst schadete und das ihr im Lauf der Jahre eine Menge zusätzlicher Schläge eingehandelt hatte. Heute würde ihr Stolz sie vielleicht sogar töten, denn der Mann, dem sie gegenüberstand, wich ebenfalls keinen Schritt zurück. Gestern abend hatte sie zwar ihr Messer gezogen, aber wohlweislich darauf verzichtet, die beiden Männer zum Gehen aufzufordern. Instinktiv hatte sie begriffen, dass sie einer solchen Aufforderung niemals nachgekommen wären. Und dieser Mann hier war aus demselben Holz geschnitzt.
» Vasili !«
Tanya wusste nicht, wer den Sprecher dieses Wortes derart in Wut gebracht hatte, aber seine Stimme klang ausgesprochen ungehalten, und sie hörte Vasili eine Antwort murmeln: »Oh, schon gut!« Lauter und mit einem unüberhörbaren, herrischen Unterton fügte er hinzu: »Hören Sie, Mistress, Sie können dies als Entschuldigung betrachten — für alles, was ich angeblich gesagt oder getan
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