Geheimnis des Verlangens
bewegt Euch!«
Die Tür, die sie erreichen wollte, lag näher an der Treppe, und während sie Lazar mit sich zog, ging sie rückwärts darauf zu. Ein-oder zweimal warf sie einen Blick hinter sich, um sicherzugehen, dass hinter ihrem Rücken keine neuen Überraschungen auftauchten. Sie wusste , dass ihre Zeit ablief — es sei denn, Lazars Aufgabe hatte nicht nur darin bestanden, sie zu bewachen, sondern auch, sie nach unten zu begleiten. In Anbetracht der Tatsache, dass er sich im Augenblick kooperativ zeigte, konnte sie auch keine Zeit damit verschwenden, ihn danach zu fragen. Sie musste sich ganz auf ihre Flucht konzentrieren. Aber wie konnte sie aus dem Fenster kommen und ihn gleichzeitig in Schach halten? Verdammt, warum hatte sie nur niemals gelernt, eine Pistole zu benutzen statt eines Messers. Es wäre jetzt alles so viel einfacher gewesen, wenn sie sich nur ein wenig von Lazar hätte entfernen können.
Sie hatte das angestrebte Zimmer beinahe erreicht, als sie beschloss , ihn draußen vor der Tür stehen zu lassen. Auf diese Weise würde sie ein paar Sekunden Zeit gewinnen. Ein kräftiger Stoß in seinen Rücken, die Tür hinter sich zugeschlagen und ein Hechtsprung durchs Fenster sollten genügen. Sie würde das Vordach hinunterrollen, bevor er auch nur den Raum betreten hatte. Und er war zu groß, um ihr mit der notwendigen Geschwindigkeit folgen zu können. Bevor er irgend etwas tun konnte, wäre sie bereits außer Sicht.
Ein weiter Schritt rückwärts brachte sie zu der Tür — und direkt in die Arme eines Mannes, der wie eine unverrückbare, riesige Mauer hinter ihr stand. Voller Enttäuschung stöhnte sie auf. So nahe daran gewesen zu sein! Eine große Hand Schloss sich fest um die ihre und zog sie vorsichtig weg von dem Mann, der vor ihr stand.
»Was hast du dir denn dabei gedacht, Lazar?«
Tanya blinzelte. Diese Frage war nicht an sie gerichtet, sondern an ihren mittlerweile befreiten Gefangenen, ganz so als hätte er sie bei ihrer Flucht unterstützt. Aber noch wichtiger war die Tatsache, dass es nicht Stefan war, der die Frage gestellt hatte, sondern dieser stämmige Kerl, den sie Serge nannten.
»Ich unterhalte sie ein wenig«, antwortete Lazar, während er sich umdrehte und beiläufig das Messer aus Tanyas Griff wand. »Schließlich wird sie bald unsere Königin sein.«
»Das wird sie. Ein Grund mehr, warum sie nicht mit Messern spielen darf. Immerhin könnte sie sich dabei verletzen. Stefan hätte sie eigenhändig entwaffnen sollen.«
»Das hat er auch getan. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sie ihn so in Wut gebracht hat, dass er vergessen hat, ihre kleine Waffe mitzunehmen.«
Tanya biß die Zähne zusammen. Sie war ja nur allzu glücklich darüber, dass sie die meiste Zeit ihres Lebens ignoriert wurde, aber dies wurde langsam lächerlich.
»Falls es Euch nichts ausmacht, würde ich es begrüßen, wenn Ihr zur Kenntnis nähmt, dass ich noch hier bin — so sehr ich auch wünsche, ich wäre es nicht.«
»Entschuldigung, Prinzessin!« Lazar grinste auf sie herab. Dann fing er plötzlich an zu lachen, während er eingehend ihr Gesicht betrachtete. »Ich glaube nicht, dass sie getan hat, was Stefan ihr aufgetragen hat«, sagte er zu Serge.
Dieser hob eine Hand und drehte ihr Gesicht zu sich hin. Er konnte gerade noch einen kurzen Blick darauf erhaschen, bevor sie seine Hand zur Seite schlug. »Sie hat es tatsächlich nicht getan!«
Lazars blaue Augen kehrten zu ihr zurück, und sein Blick war belustigt. »Ich habe genau gehört, was unserer Freund Euch versprochen hat für den Fall, dass Ihr ihm nicht gehorchen solltet, Tatiana. Vielleicht würdet Ihr jetzt gern noch einmal auf Euer Zimmer gehen und Euch doch ein wenig waschen, bevor wir Euch nach unten bringen?«
Das wäre sicher eine weise Entscheidung, jetzt, wo sie zwischen ihnen eingezwängt war und ihre Chance zu entkommen für den Augenblick vereitelt war. Aber Tanya hatte immer schon einen rebellischen, halsstarrigen Zug gehabt. Ein Umstand, der ihr im Lauf der Jahre mehr als einmal Prügel eingetragen hatte. Und schließlich hatte man ihr keine richtigen Schläge angedroht. Da sollten sie lieber von Anfang an wissen, dass sie so schwierig sein würde, wie sie nur konnte. Ganz egal, welche Drohungen sie über sie verhängten. Es bestand immerhin eine winzig kleine Möglichkeit, dass die Männer den Eindruck bekämen, das Ganze sei der Mühe nicht wert.
»Ich wasche mich einmal im Monat — falls ich den Wunsch dazu
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