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Geheimnis einer Wuestennacht

Geheimnis einer Wuestennacht

Titel: Geheimnis einer Wuestennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie West
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sich Schmerz und Angst auch auf extrem starke Charaktere auswirkten.
    Dieser ungewöhnliche Mann brachte es allerdings fertig, ihr trotz Wundtrauma und temporärer Amnesie eine Fassade gelassener Indifferenz zu präsentieren. So, als wäre er einer der brillanten Wissenschaftler, mit denen ihr Vater Zeit seines Lebens befreundet gewesen war und sich in ihrer Gesellschaft regelmäßig bei einer Tasse süßen Tees in endlosen Fachdiskussionen verlor.
    Doch keiner dieser Freunde hatte ausgesehen wie Tahir! Oder in ihr dieses seltsame Kribbeln hervorgerufen, wie es ein einziger Blick von ihm vermochte.
    Es war Jahre her, dass sie bei Toby, dem Mann, den sie hatte heiraten wollen, etwas Ähnliches empfunden hatte. Aber längst nicht so stark, so intensiv und aufregend! Es war etwas an Tahir, das sie im tiefsten Innern berührte. Mehr als sein unleugbar gutes Aussehen, das weltmännische Flair, das ihn umgab oder die teure Kleidung. Etwas, das ihn von allen Männern unterschied, die sie kannte.
    Sie fühlte sich von seiner inneren Stärke angezogen und angerührt von der leisen Selbstironie und dem zu erahnenden Humor in seinen ungewöhnlichen blauen Augen, die er trotz Schmerz und Verwirrung nicht zu unterdrücken vermochte.
    Er kommt aus einer anderen Welt , mahnte eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Aus einer, in die du auf keinen Fall hineingehörst …
    Annalisa spürte, wie ein kühler Hauch sie streifte, aber der kam nicht von außen. Ihr Leben lang hatte sie nirgendwo wirklich hingehört. Sie war in Qusay geboren und gleichzeitig zwischen zwei Welten. Und in keine von beiden passte sie hinein. Solange ihr Vater lebte, gehörte sie als seine Tochter, Assistentin und Vertraute in seine Welt. Doch er war gegangen und hatte sie wurzellos zurückgelassen.
    â€žWas ist mit Ihnen?“ Tahirs tiefe Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Alles in Ordnung?“
    Unwillkürlich musste Annalisa lächeln. Da lag er lang hingestreckt auf seinem Krankenlager und fragte sie , ob alles in Ordnung sei mit ihr. Beruhigend berührte sie seinen Arm und spürte, wie sich seine Muskeln unter dem dünnen Gewebe anspannten. Es war, als würde sie einen elektrischen Schlag bekommen. Irritiert zog sie ihre Finger zurück und wich seinem fragenden Blick aus.
    â€žAlles bestens. Ihre bruchstückhafte Erinnerung ist eine normale Reaktion auf den Schlag, den ihr armer Kopf abbekommen hat“, lenkte sie ihn geschickt von sich ab. „Sie wird bald wiederkommen.“
    â€žEs hört sich so an, als verfügten Sie über medizinische Kenntnisse“, tastete sich Tahir weiter vor.
    â€žMein Vater war Arzt, der einzige in dieser Region. Und ich habe ihm seit Jahren assistiert.“ Sie wandte sich ab, bestürzt über die Heftigkeit, mit der bewegende und schmerzhafte Erinnerungen ungefiltert auf sie einstürzten. „Ich habe zwar keine Qualifikation im medizinischen Bereich, aber um Wunden zu verbinden oder Fieber zu senken, dazu reicht es“, erklärte sie spröde.
    â€žWarum schwant mir bloß, dass Sie viel mehr für mich getan haben?“, murmelte Tahir mit einem Anflug von Humor.
    Damit brachte er, ganz sicher unbeabsichtigt, eine ganz bestimmte Saite in ihrem Innern zum Klingen. Hatte sie sich nicht ihr Leben lang gewünscht, auf dieser Ebene mit einer verwandten Seele kommunizieren zu können?
    â€žSie haben mir das Leben gerettet, nicht wahr, Annalisa?“ Diesmal klang seine Stimme warm und ganz ernst.
    Ihren Namen aus seinem Mund zu hören, ließ sie sanft erschauern. Um ihre Unsicherheit zu verbergen, schnitt sie eine kleine Grimasse und hob achtlos die Schultern. „Keine Angst, Sie werden schneller wieder auf den Beinen sein, als Sie denken. Alles, was Sie brauchen, ist Ruhe. Versuchen Sie, sich keine Sorgen zu machen und nichts zu erzwingen.“ Es reichte schon, wenn sie sich Sorgen um ihn machte, doch das sprach sie nicht laut aus.
    Annalisa konnte es ohnehin kaum fassen, dass sie hier und heute vernünftig miteinander redeten, nachdem Tahir noch vor ein paar Tagen von einer Ohnmacht in die andere gefallen war.
    â€žIch würde gern ihre Reflexe und körperlichen Reaktionen testen“, kündigte sie sachlich an und kniete sich neben der Pritsche auf den Boden. „Können Sie Ihre Füße bewegen?“ Sie beobachtete, wie er zunächst die Gelenke rotieren ließ, dann

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