Geheimnis einer Wuestennacht
geben?â
Annalisa wandte sich träge um und sah, dass er sich bequem auf den Bauch gedreht hatte. âIm Gegenteilâ, behauptete sie und streichelte sanft Tahirs Rücken. âIch bin hellwach und ausgeruht. Wie sollte es auch anders sein nach so einer Nacht â¦â
Sie konnte es selbst kaum fassen, dass sie sich so leicht und frei fühlte, um derart frivole Scherze zu machen. Doch als sie plötzlich hartes Narbengewebe unter ihren Fingern spürte, gefror ihre Miene.
âWoher stammen diese schlimmen Narben? Von einem Unfall?â
Tahir, der sich unter ihren Liebkosungen wohlig rekelte, erstarrte mitten in der Bewegung. Annalisa war nicht die erste Frau, die ihn das fragte, aber seine Exgeliebten hatte er immer mit irgendeiner erfundenen Geschichte abgespeist, während die Wahrheit in seiner Seele brannte wie glühende Kohlen.
Es wäre ein Leichtes, es jetzt genauso zu machen, anstatt sich mit seiner Vergangenheit konfrontieren zu lassen. Doch Annalisa konnte er nicht anlügen.
âTut mir leidâ, sagte sie leise. âIch wollte nicht â¦â
âSie stammen von einer Peitsche.â
âEiner Peitsche?â, hakte sie zweifelnd nach.
Tahir ärgerte sich bereits über seine Schwäche und wollte sich hastig von Bett erheben, doch Annalisa hielt ihn am Arm zurück.
âErzähl mir davon.â
Widerstrebend wandte er den Kopf und schaute sie prüfend an. Doch in ihren warmen braunen Augen konnte er keine Spur von Sensationslust sehen, nur Klarheit und Offenheit. Langsam lieà er sich in die Kissen zurücksinken und legte einen Arm um Annalisa, als sie an ihn heranrückte und den Kopf auf seine Schulter bettete.
âMein Vater hat mich häufig geschlagenâ, erklärte er tonlos. âBevorzugt mit der Peitsche.â
Also hatte Tahir in seinen Fieberträumen nicht fantasiert, sondern immer wieder die grausamen Szenen seiner Jugend durchleben müssen, dachte Annalisa mit wehem Herzen. So gesehen machte auch Rihanas Erzählung über sein Engagement für misshandelte Kinder und Jugendliche Sinn.
âNicht weinen, Habibati â¦â, murmelte Tahir rau, als er ihre Tränen auf seiner Brust spürte. âDas ist alles schon so lange her.â
âAber nach all den Jahren quält es dich noch. In der Wüste hast du es in deinen Albträumen jede Nacht aufs Neue erlitten.â
âAber ich habe überlebt.â
Annalisa hob den Kopf und schaute ihm fest in die Augen. âDu hast viel mehr getan, als nur zu überlebenâ, sagte sie eindringlich. âDu hast es hinter dir gelassen, Tahir! Schau dich doch nur an â¦â
âDu musst mich nicht gleich glorifizierenâ, flüchtete er sich in Spott. âAls einziger zur Verfügung stehender König auf einen Thron gehoben zu werden, macht mich nicht automatisch zu einem guten Menschen.â
âAber das bist duâ, widersprach sie energisch.
Tahir lachte rau. âSchön wärâs! Leider bin ich meinem alten Herrn dafür viel zu ähnlich.â
âUnsinn!â Annalisa war so erregt, dass sie sich aufsetzte und Tahir mit zusammengeschobenen Brauen wütend anstarrte. âDu bist kein bisschen wie dein Vater! Weder so manipulativ, noch so grausam! Also versuche nicht, es als Entschuldigung zu gebrauchen, wenn du dich vor dem Leben versteckst!â
âDu weiÃt doch gar nicht, wovon du redestâ, grollte er nach einer erdrückend langen Pause.
âUnd du bist zu alt, um der Wahrheit nicht endlich ins Gesicht zu sehen!â, schoss sie hitzig zurück. Und als sie darauf keine Reaktion bekam, lieà sich Annalisa in die Kissen zurückfallen und wandte ihm den Rücken zu.
HeiÃe Angst schnürte ihr die Luft ab. Hatte sie den Bogen überspannt? Würde sie aus eigener Schuld für immer auf seine Küsse verzichten müssen? Und plötzlich wusste sie, dass sie sich nichts mehr wünschte, als ihr Leben an Tahirs Seite zu verbringen â¦
âDu gibst wohl nie auf, oder?â
Stumm schüttelte Annalisa den Kopf, während ihr Herz bis zum Hals schlug.
âUnd meistens hast du auch noch rechtâ, brummte Tahir ungnädig, und Annalisa begann ganz zaghaft, wieder Hoffnung zu schöpfen. âHättest du mich nicht gezwungen, mit meiner Mutter zu reden â¦â
âGezwungen?â Abrupt drehte sie sich herum.
âIch werde dir auf ewig
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