Geheimnis um ein gestohlenes Bild
Ich kann mir nicht denken, daß die Lorenzos unmaskiert herumreisen. Wahrscheinlich werden immer wieder solche Zeitungsnotizen auftauchen, um das Interesse an dem Fall wachzuhalten.”
„Wenn sie wirklich in Marlow sind, kommen sie vielleicht auch hierher und holen sich Pünktchen”, meinte Ern.
„Ob Wegda heute nacht Haus Halali bewachen wird, was meinst du, Dicki?” fragte Rolf.
„Ich weiß es nicht. Vielleicht tut er es. Ern, du mußt für alle Fälle auf deinem Baum Nachtwache halten.”
„Wird gemacht! Am liebsten würde ich ja in den Nachbargarten gehen, aber ich habe Angst, noch einmal mit Onkel Theophil zusammenzustoßen.”
„Ich werde kurz vor Mitternacht einmal hingehen”, sagte Dicki kurz entschlossen.
„Fein! Ich werde oben im Baum wie eine Eule schreien, damit du weißt, daß ich da bin.” Ern legte die Daumen an den Mund und blies hindurch, so daß ein zitternder Schrei ertönte.
„Fabelhaft!” rief Rolf. „Keine Bange, hier ist keine Eule!” beruhigte er die Köchin, die erschrocken durch die Küchentür guckte.
Sie machte die Tür wieder zu und sagte zu einer Freundin, die bei ihr saß: „Das war bestimmt wieder Dietrich Kronstein. Der ist eine tolle Nummer!”
Aber diesmal war es Ern. Aus Freude über den Beifall der Kinder ließ er den Eulenschrei noch einmal ertönen.
Dicki klopfte ihm auf die Schulter. „Also gut, du sitzt oben im Baum, und ich beobachte das Haus. Wahrscheinlich wird gar nichts passieren, aber man muß auf alles gefaßt sein.”
Eine Uhr schlug sieben. „Komm, Gina, wir müssen nach Haus”, sagte Rolf. „Auf Wiedersehen, Betti, auf Wiedersehen, Flipp! Vielen Dank für den netten Nachmittag!”
Ern trennte sich an der nächsten Ecke von den anderen Kindern und radelte aufgeregt nach Hause. Heute nacht würde er im Baumhaus wachen. Er wollte eine Decke und ein paar Kissen mit hinaufnehmen und eine Tüte mit Pfefferminzbonbons, damit er es recht gemütlich hatte.
Die Wuschs gingen immer sehr früh zu Bett. Um neun Uhr schliefen die beiden Mädchen schon in ihrer kleinen Kammer. Ern richtete sich im Bett auf und horchte, ob auch die Eltern eingeschlafen waren. Ja, beide schnarchten wie gewöhnlich, der Onkel in lauten, langgezogenen Tönen, die Tante in kurzen und leiseren.
Ern zog sich warm an, denn die Nacht war kalt. Dann nahm er die Steppdecke und eine Wolldecke von seinem Bett. Ein paar Kissen hatte er schon vorher auf den Baum gebracht. In seiner Manteltasche steckten die Bonbons und seine Taschenlampe. Nun konnte es losgehen.
Leise stieg er die schmale Treppe hinunter und ging durch die unverschlossene Hintertür in den Garten. Dann kletterte er, die Decken um die Schultern gelegt, den Baum hinauf.
Bald war er in dem kleinen Haus und sah durchs Guckloch. Draußen war es ziemlich hell. Der Mond war gerade aufgegangen. Er steckte sich einen Bonbon in den Mund und wickelte sich in die Decken. In bester Laune begann er seine Nachtwache und wartete mit einem angenehmen Prickeln darauf, was sich ereignen würde.
Eulenschreie bei Mondschein
Herr und Frau Kronstein blieben an diesem Abend sehr lange auf. Dicki hatte sich nicht ausgezogen und wartete ungeduldig darauf, daß sie zu Bett gingen. Maskiert hatte er sich diesmal nicht, da er nicht glaubte, daß ihm jemand begegnen würde. Endlich hörte er seine Eltern nach oben kommen, und bald darauf erlosch das Licht im Haus.
Während Dicki in einen dicken Mantel schlüpfte und eine Mütze über das dichte blonde Haar zog, ermahnte er Purzel zur Ruhe. Der Scotchterrier beobachtete ihn mit hängenden Ohren. Er wußte, daß sein Herr allein ausgehen wollte. Als Dicki ihn zum Abschied streichelte, wedelte er nicht einmal mit dem Schwanz.
Draußen herrschte nächtliche Stille. Wenn der Mond hinter den Wolken hervorkam, war die Straße fast so hell wie am Tage. Wenn er sich hinter einer Wolke versteckte, konnte man ohne Taschenlampe kaum etwas sehen. Dicki ging leise im Schatten der Bäume und horchte angestrengt.
Aber er hörte keine Schritte und sah auch keinen Menschen. Peterswalde hatte sich früh zur Ruhe begeben.
Er nahm wieder den Weg am Fluß entlang, um durch die hintere Gartenpforte zu gehen. Der Vordereingang von Haus Halali wurde vielleicht bewacht. Didki glaubte zwar nicht recht daran, daß die Lorenzos wirklich in Marlow gewesen waren. Es wäre töricht von ihnen, nach so kurzer Zeit und unmaskiert zurückzukehren. Aber vielleicht hielt Herr Grimm es für angebracht, das Haus für alle
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