Geheimnis um eine siamesische Katze
Immer wieder blickte sie in sein kluges Gesicht mit den freundlichen Augen und dem gütigen Mund. Dabei plauderte sie unaufhörlich und zählte all die leckeren Dinge auf, die sie mitgenommen hatten.
„Du machst mir ja den Mund ganz wäßrig”, sagte der Inspektor lachend. „Ich schlage vor, wir fangen gleich zu essen an. Wo wollen wir uns hinsetzen?”
Armer Herr Grimm!
Sie wählten einen geschützten Platz nahe am Wasser. Auf dem Uferhang standen dichte Büsche, so daß man sie von oben nicht sehen konnte. Der Platz war wie geschaffen für eine vertrauliche Unterredung.
Zuerst sprachen die Kinder überhaupt nicht von ihren Sorgen. Sie aßen mit großem Appetit. Auch dem Inspektor schien es ausgezeichnet zu schmecken. Purzel kletterte auf seinen Schoß und leckte jedes Krümchen auf, das er fallen ließ. Alle waren glücklich und zufrieden.
„Nun”, sagte der Inspektor schließlich, nachdem fast alles verzehrt war, was die Kinder mitgebracht hatten, „wollen wir jetzt zu dem Geschäftlichen kommen? Ich habe den Bericht über den Fall noch einmal durchgelesen, bin also genau im Bilde. Jetzt möchte ich erst einmal hören, was ihr zu sagen habt. Dieser Junge namens Luke ist euer Freund?”
Die Kinder erzählten dem Inspektor, was sie von dem Fall wußten und was sie unternommen hatten. Aber von den falschen Indizien, die sie in den Käfig gelegt hatten, erwähnten sie nichts. Sie wußten selber nicht recht, warum sie ihm das verschwiegen. Zum Schluß berichteten sie von ihrem Ausflug nach Faring und von dem Auftauchen Lukes im Hillmannschen Garten.
„Seitdem hat er in unserer Laube geschlafen”, sagte Flipp. „Wir haben ihm etwas zu essen gebracht und auch sonst für ihn gesorgt. Aber jetzt scheint Wegda – ich meine Herrn Grimm – Verdacht geschöpft zu haben. Wir befürchten, es könnte uns allen schlecht bekommen, wenn Luke bei uns entdeckt würde.”
Der Inspektor nickte. „Es war sehr gescheit von euch, mich zu Rate zu ziehen. Ihr dürft Luke auf keinen Fall noch länger bei euch verstecken. Dadurch würdet ihr ihm mehr schaden als nützen. Ihr braucht keine Angst zu haben, daß man ihn ins Gefängnis steckt. Erstens ist er erst fünfzehn. Und dann wird niemand eingesperrt, ehe nicht klar erwiesen ist, daß er ein Verbrechen begangen hat. Es ist ja noch gar nicht heraus, ob Luke die Katze gestohlen hat, obwohl die Sache faul aussieht.”
„Das ist es ja eben”, sagte Dicki. „Wir werden aus der Geschichte nicht schlau. Wir kennen und lieben Luke und können einfach nicht glauben, daß er einen Diebstahl begangen hat. Er ist ein wenig einfältig und ängstlich, aber sehr, sehr nett. Doch Herr Grimm und Herr Tupping sind überzeugt, daß er der Täter ist.”
Der Inspektor räusperte sich. „Ich möchte Luke raten, aus seinem Versteck zum Vorschein zu kommen und seine Arbeit wiederaufzunehmen. Er – ich meine – er braucht ja nicht zu sagen, wo er solange gewesen ist. Das ist gar nicht nötig.”
„Aber dann muß er doch wieder zu seinem Stiefvater zurückgehen”, wandte Betti ein. „Der Stiefvater ist schrecklich böse. Er wird Luke schlagen.”
„Das wird er nicht tun”, beruhigte sie der Inspektor.
„Ich werde mit ihm reden. Dann wird er Luke schön in Ruhe lassen. Sobald ich nach Wehnstadt zurückkomme, werde ich mich eingehend mit diesem geheimnisvollen Fall beschäftigen. Vielleicht gelingt es mir, etwas Licht in das Dunkel zu bringen. Die Sache scheint ja ziemlich verwickelt zu sein.”
Betti griff nach seiner Hand. „Sie sind ein netter Polizeiinspektor. Wenn ich einmal etwas anstelle, möchte ich nur von Ihnen erwischt werden.”
Die anderen Kinder lachten. Der Inspektor blickte lächelnd in Bettis ernstes Gesicht. „Ich glaube kaum, daß du jemals etwas anstellen wirst. Das würde mich doch sehr wundern.”
„Was hat Purzel denn nur?” fragte Dicki verwundert.
Purzel hatte die kleine Gesellschaft verlassen. Schon seit einiger Zeit hörte man ihn auf der Uferböschung bellen. Nun rief eine ärgerliche Stimme: „Ruf den Hund zurück! Sonst werde ich ihn melden.”
„Wegda!” sagte Gina leise. „Er hat uns verfolgt und aufgespürt. Sicherlich vermutet er Luke bei uns. Purzel muß ihn gehört haben.”
„He, du! Willst du wohl endlich deinen Hund zurückrufen?” schrie Herr Grimm. Dicki kletterte die Böschung hinauf und kroch durch die Büsche. Plötzlich sah er sich dem Polizisten gegenüber.
„Ha!” rief Herr Grimm. „Ich wußte, daß ihr hier seid.
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