Geheimnis um eine verschwundene Halskette
machen.”
Dicki bereitete sich gründlich für Dienstag abend vor. Er wußte, wie wichtig es war, daß er der Wachsfigur aufs Haar genau glich. Es konnte sehr unangenehm für ihn werden, wenn er auch nur den kleinsten Fehler machte.
Die Spürnasen brachten lange Zeit in der Wachsfigurenhalle zu – zum großen Erstaunen des rothaarigen Jungen, denn die Luft in dem Raum war stickig, und bei der Hitze kamen nicht viele Besucher.
Aber Dicki mußte die Figur des Napoleon eingehend studieren. Er wollte sich am Dienstag abend irgendwie in die Bude schleichen und Napoleons Kleider anziehen. Würden sie ihm aber auch passen? Er fragte Gina um ihre Meinung.
Sie verglich Napoleon und Dicki miteinander. „Ja, die Kleider passen dir bestimmt. Nimm aber für alle Fälle ein paar Sicherheitsnadeln mit, damit du etwas zusammenstecken kannst. Auch der Hut dürfte dir passen. Aber wie ist es mit dem Haar?”
„Ach, das werde ich schon hinkriegen. Eine Perücke brauche ich nicht. Ich werde mir Pomade ins Haar schmieren, vorn eine Locke schwarz färben und sie in die Stirn ziehen. Übrigens – sagt mal – findet ihr nicht, daß ich Napoleon ziemlich ähnlich sehe?”
Die Kinder starrten ihn an. „Ich kann nicht die geringste Ähnlichkeit entdecken”, antwortete Flipp.
„Außer daß ihr beide dick seid”, fiel Gina ein.
„Möchtest du ihm denn ähneln?” fragte Betti verwundert. „Er sieht doch gar nicht nett aus. Und dann mag ich auch keine Männer, die nur immerfort daran denken, wie sie die ganze Welt erobern könnten. Natürlich war er sehr klug – und das bist du auch. Ihr seid beide dick und klug, aber sonst ähnelt ihr euch gar nicht.”
Dicki war ein wenig enttäuscht. Wieder betrachtete er Napoleon, seine prächtige, ordengeschmückte Uniform mit den schönen Achselstücken und dem Dreispitz. Wie er sich danach sehnte, die Sachen anzuziehen! Nun, jetzt brauchte er nicht mehr lange zu warten.
Er versuchte sich genau einzuprägen, wie Napoleon der Hut auf dem Kopf saß, wie er seine Hände hielt und wohin er den starren Blick richtete. Zum Glück stand die Figur in der ersten Reihe. Wenn Dicki sich an ihren Platz stellte, würde er alles beobachten können, was um ihn herum vorging. Ein kleiner Schauder überlief seinen Rücken, als er sich vorstellte, wie er hier stocksteif stehen und die Bande belauschen würde. Der Plan war kühn. Keine der anderen Spürnasen hätte es gewagt, so etwas zu unternehmen. Aber Dicki schreckte vor nichts zurück.
Der rothaarige Junge, der sich über das große Interesse der Kinder an Napoleon wunderte, gesellte sich zu ihnen.
„Was findet ihr denn so wunderbar an dem? Wer ist das überhaupt? Ach, Napoleon! War wohl irgend so’n Soldat, was?”
„Du weißt nicht, wer Napoleon war?” Betti sah ihn ganz entgeistert an. „Aber das mußt du doch in der Schule gelernt haben.”
„Ich bin niemals zur Schule gegangen”, entgegnete der Rothaarige. „Wir Kinder vom Rummelplatz gehen fast nie zur Schule, wenn man uns nicht dazu zwingt. Wir ziehen ja immer von Ort zu Ort und kommen gar nicht dazu.”
„Wie bist du zu den Wachsfiguren gekommen?” fragte Dicki.
„Sie gehören meinem Onkel. Er besitzt auch das Ringspiel. Früher habe ich dort mitgeholfen, das war lustig. Hier bei den Wachsfiguren ist es schrecklich öde.”
Dicki fragte sich, ob vielleicht einige der Leute vom Rummelplatz zu der Diebesbande gehörten. Das erschien ihm wahrscheinlich. Nun, er würde es bald wissen.
Um den Rothaarigen nicht durch ihr Interesse an Napoleon mißtrauisch zu machen, studierten die Spürnasen nun auch andere Figuren. Besonderen Spaß machte ihnen der Polizist. Er stand in der zweiten Reihe, nicht weit von Napoleon entfernt, und sah so ähnlich wie Herr Grimm aus. Sein Helm mit dem Sturmriemen saß sehr gerade, der Gürtel war ihm ein wenig zu eng.
Nach einer Weile ging der rothaarige Junge für kurze Zeit hinaus. Sofort eilte Dicki zu Napoleon zurück und betrachtete noch einmal seine Kleider.
„Hoffentlich sind sie nicht angeklebt!” meinte er besorgt. „Womöglich kriege ich sie gar nicht herunter.”
Gina hob einen Zipfel der Uniformjacke hoch. „Nein, die Kleider sind nicht angeklebt, sondern angezogen wie bei einer Puppe. Sieh nur, die Hosen sind mit Hosenträgern befestigt. Du mußt aber lange vor neun Uhr hier sein, denn das Umziehen wird eine Weile dauern.”
Betti sah Dicki ängstlich an. „Willst du es wirklich tun? Denk nur, wie nahe du den Verbrechern sein
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