Geheimnis um einen entführten Prinzen
dir ein, mich Dicki zu nennen!” rief sie böse und blitzte Betti aus halb geschlossenen Augen an. Dann hielt sie ihr ein paar Stengel Heidekraut vor die Nase und bettelte: „Kauf mir etwas Heidekraut ab, kleines Fräulein. Seit gestern hab’ ich nicht einen Stengel verkauft. Weißes Heidekraut bringt Glück.”
Betti sah sich hilfesuchend nach den anderen Kindern um. Sie waren sitzengeblieben, weil sie sofort gesehen hatten, daß die Frau größer als Dicki war, und lachten Betti aus. Sie errötete und ging langsam zu ihnen. Aber die Zigeunerin folgte ihr, fuchtelte mit ihrem Heidekraut herum und rief: „Wenn du mein Heidekraut nicht willst, laß mich wenigstens aus deiner Hand lesen. Es bringt Unglück, wenn man Zigeuner abweist.”
„Unsinn!” sagte Rolf. „Gehen Sie fort!”
„Warum hat sie mich Dicki genannt?” fragte die Frau ärgerlich und zeigte auf Betti. „Ich lasse mich nicht von Kindern beleidigen.”
In diesem Augenblick kam die Köchin aus dem Haus. Als sie die Zigeunerin erblickte, rief sie: „Machen Sie. daß Sie fort kommen! Hier treiben sich in letzter Zeit dauernd Zigeuner rum.”
Die Frau hielt ihr das Heidekraut entgegen. „Kaufen Sie mir etwas ab!” greinte sie mit heiserer Stimme.
„Betti, lauf ins Haus und sag deinem Vater, daß schon wieder eine Zigeunerin da ist”, sagte die Köchin.
Betti lief davon. Da nahm die Zigeunerin die Beine in die Hand und rannte, so schnell sie konnte. Die Kinder sahen ihren großen Federhut über der Hecke wippen, bis er schließlich verschwand.
„Das sieht Betti wieder einmal ähnlich!” rief Flipp.
„Wie konnte sie die Alte nur für Dicki halten! Allerdings hatte sie eine ziemlich tiefe Stimme für eine Frau.”
„Deshalb dachte ich auch im ersten Augenblick, daß es Dicki sei”, sagte Gina. „Ach, seht mal, da kommt wieder jemand!”
Ein Junge mit einer weißen Schürze fuhr laut pfeifend mit einem Rad zur Hintertür.
„Ob das Dicki ist?” meinte Flipp.
„Er hat sich früher schon einmal als Fleischerjunge maskiert”, sagte Betti, die wieder zurückgekommen war.
Alle standen auf und beobachteten den Jungen, der, noch immer laut pfeifend, sein Rad ans Haus lehnte. Die Köchin guckte aus einem Fenster. „Dich erkennt man schon an deinem Pfeifen, Tom”, sagte sie. „Es geht einem durch Mark und Bein. Leg das Fleisch bitte auf den Küchentisch, ja?”
Die Kinder waren näher gekommen und starrten auf den Jungen. Er hatte krauses braunes Haar, aber das konnte natürlich auch eine Perücke sein. Er ging ins Haus. Als er wieder herauskam und die vier Kinder erblickte, die ihn aufmerksam betrachteten, fragte er frech: „Na, habt ihr noch nie einen Schlächterjungen gesehen?” Dann drehte er sich und zeigte sich von allen Seiten. „Schaut mich nur genau an. Es lohnt sich.”
Die Kinder standen schweigend da und musterten ihn ernst. Der Junge war ungefähr so groß wie Dicki. Allerdings hatte er vorstehende Zähne. Ob sie echt waren? Als Flipp einen Schritt vorwärts machte, um besser sehen zu können, wich der Junge ein wenig zurück. „Was soll das heißen? Ist etwas an mir nicht in Ordnung?” Unsicher blickte er an sich hinab.
„Sind deine Haare echt?” fragte Betti, die plötzlich davon überzeugt war, daß er eine Perücke trug.
Der Junge antwortete nicht. Verwirrt fuhr er sich mit der Hand ins Haar. Dann sprang er auf sein Rad und fuhr schnell davon. Das Pfeifen hatte er ganz vergessen.
Die vier Kinder sahen ihm schweigend nach. Schließlich sagte Rolf: „Falls das Dicki war, hat er das Spiel gewonnen. Ich konnte ihn beim besten Willen nicht erkennen.”
„Wir wollen mal sehen, was er auf den Küchentisch gelegt hat”, schlug Flipp vor. „Wenn Dicki als Fleischerjunge rumfährt, nimmt er bestimmt keine großen Fleischstücke mit. Würstchen sind doch viel billiger.”
Die Kinder gingen in die Küche und untersuchten das Fleisch, das auf dem Tisch lag. Als sie sich gerade neugierig darüber beugten, kam die Köchin herein. „Nanu, seid ihr etwa schon wieder hungrig?” fragte sie überrascht. „Aber Flipp, du wirst doch wohl nicht rohes Fleisch essen wollen!”
Es sah wirklich so aus, als wollte Flipp in das Fleisch hineinbeißen. Er betrachtete es aus nächster Nähe und roch daran, um sich zu überzeugen, ob es nicht etwa eine Attrappe sei. Aber nein, es war wirklich echtes Fleisch.
Kaum hatten die Kinder die Küche verlassen, da klingelte es an der Haustür. „Das muß Dicki sein!” rief Betti
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