Geheimnis um einen entführten Prinzen
und lief ums Haus herum. Vor der Tür stand ein Telegrafenbote. „Dicki!” schrie Betti, lief auf den Jungen zu und umarmte ihn von hinten.
Aber was für einen Schreck bekam sie, als er sich umdrehte! Das war ja gar nicht Dicki. Der Junge hatte ein schmales Gesicht und kleine Augen. Wenn Dicki sich auch großartig zu maskieren verstand, so sehr konnte er sein Gesicht doch nicht verändern. Betti wurde dunkelrot. „Verzeihung!” murmelte sie. „Ich – ich habe mich geirrt.”
Inzwischen hatte Frau Hillmann die Tür geöffnet und war sehr erstaunt, daß Betti den fremden Jungen umarmte. „Was soll das heißen, Betti!” rief sie streng. „Mach bitte keine albernen Witze.”
Der Telegrafenbote gab ihr verwirrt und schweigend ein Telegramm und starrte Betti nach, die sich beschämt davonschlich. Gina, Rolf und Flipp, die alles mit angesehen hatten, bogen sich vor Lachen.
„Ihr habt gut lachen”, sagte Betti bedrückt. „Mammi wird mir nachher noch eine tüchtige Strafpredigt halten. Aber ich glaubte wirklich, es sei Dicki. Er hat genau so eine Uniform.”
„Deswegen darfst du doch nicht jeden Telegrafenboten für Dicki halten”, erwiderte Flipp. „Aber wo bleibt er denn nur? Er hat Mammi doch am Telefon gesagt, daß er gleich hier sein werde. Und das ist schon ziemlich lange her.”
Kaum hatte Flipp ausgesprochen, da kam Dicki lachend auf seinem Rad angefahren, und Purzel lief nebenher.
„Dicki, Dicki!” schrien alle vier Kinder wie aus einem Mund und rannten ihm entgegen. Als er vom Rad gestiegen war, wurde er von ihnen umringt und stürmisch begrüßt. Purzel sprang um die Gruppe herum und bellte wie rasend. Die Jungen schlugen Dicki auf die Schultern. Betti umarmte ihn und zog ihn dann in den Garten.
„Dicki, wir haben schon so lange auf dich gewartet! Wir dachten, du würdest dich maskieren.”
„Betti hat dich schon mit allen möglichen Leuten verwechselt”, erzählte Flipp. „Eben erst hat sie einen Telegrafenboten umarmt. Er war sehr erschrocken.”
Dicki lachte. „Ich habe ihn getroffen. Er sah ganz entgeistert aus und guckte sich ängstlich um, als fürchtete er, Betti könnte ihn verfolgen.”
„Ach, Dicki, gut, daß du wieder da bist!” rief Betti glücklich. „Jetzt verstehe ich einfach nicht, wie ich dich mit den anderen Leuten verwechseln konnte – mit der alten Zigeunerin – dem Schlächterjungen – und dem Telegrafenboten.”
„Wir glaubten ganz bestimmt, du würdest maskiert erscheinen”, sagte Rolf. „Himmel, wie braun du bist! Man könnte dich für einen Afrikaner oder sonstwas halten. Hast du dich etwa angepinselt?”
„Nein, die Farbe ist echt”, antwortete Dicki lachend.
„Ich habe weder Puder noch Schminke genommen. Aber ihr seid auch ganz schön braungebrannt.”
„Wau!” bellte Purzel und versuchte auf Bettis Schoß zu klettern.
Betti zog den kleinen Scotchterrier an sich. „Purzel sagt, er sei auch braungebrannt, bei ihm sähe man es nur nicht. Guter Purzel! Wie habe ich dich vermißt!”
Alle tranken von der eisgekühlten Limonade, die die Köchin ihnen gebracht hatte. Dicki blickte lächelnd in die Runde und sagte: „Nun, Spürnasen, ihr seid nicht so scharfsinnig, wie ich dachte. Keiner von euch hat meine Maskierung durchschaut.”
Die Kinder setzten ihre Gläser hin und starrten ihn verwundert an. „Wie meinst du das?” fragte Rolf. „Du bist doch gar nicht maskiert.”
Dicki nahm einen Schluck Limonade. „Aber ich bin heute schon in Maskierung hier gewesen, um euch auf die Probe zu stellen. Ihr seid mir schöne Detektive! Nicht einmal euren verkleideten Anführer zu erkennen! Nur Betti hätte mich beinahe erkannt.”
Betti überlegte, wer an diesem Morgen schon bei den Hillmanns gewesen war. „Frau Lacy warst du nicht – und der Postbote auch nicht. Der Mann, der das Dach reparieren kam, hatte überhaupt keine Zähne. Die alte Zigeunerin war zu groß. Und dann rannte sie ja auch fort, als ich Paps holen wollte.”
„Der Schlächterjunge warst du auch nicht”, sagte Rolf.
„Und der Telegrafenbote hatte ein viel zu schmales Gesicht”, fiel Gina ein. „Du bist noch gar nicht hier gewesen, Dicki. Gestehe, daß du geschwindelt hast.”
„Nein, ich habe nicht geschwindelt!” Wieder nahm Dicki einen Schluck Limonade. „Ah, das schmeckt! Ich bin wirklich hier gewesen, und Betti ist die einzige von euch, die meine Verkleidung beinahe durchschaut hätte.”
Die Kinder sahen ihn ungläubig an. „Wer bist du denn gewesen?”
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