Geheimnis um einen entführten Prinzen
die Tür zu und drehte den Schlüssel herum. Dann hörten die Kinder, wie die Männer eilig davonliefen.
Dicki sah sich in dem kleinen dunklen Raum um. Die Wände waren mit Eichenholz verkleidet. Das Fenster hatte bleigefaßte Scheiben. Die Außenmauer fiel steil in die Tiefe. Herauszuklettern war unmöglich.
„Dicki, was soll das alles bedeuten?” fragte Ern ängstlich.
„Wißt ihr, was ich glaube?” Dicki sprach mit gedämpfter Stimme. „Ich glaube, Prinz Bongawah ist hierher gebracht worden, als er auf dem Weg zum Zeltlager entführt wurde, und ist auch noch hier. Der Hubschrauber soll ihn sicherlich fortbringen. Er wird irgendwo landen; sie werden den Prinzen hineinschleppen, und dann wird man nie wieder etwas von ihm hören.”
Betti schauderte. „Das klingt so unheimlich! Was sollen wir jetzt bloß machen? Glaubst du, daß die Männer uns etwas antun werden?”
„Ach wo! Wir sind ihnen bloß im Wege. Gewiß glauben sie uns, daß wir nur einen Ausflug machen wollten. Wie sollten sie auch ahnen, daß wir Wegda suchen und allerlei von ihrem Geheimnis wissen!”
„Aber was sollen wir machen?” wiederholte Betti. „Es gefällt mir hier nicht. Ich will heraus.”
„Ich höre den Hubschrauber surren”, sagte Flipp. „Er scheint jetzt näher zu sein. Vielleicht landet er.”
„Ob Wegda auch in diesem Haus gefangen ist?” fragte Rolf. „Bisher haben wir ja nichts von ihm gesehen. Aber vielleicht ist er gar nicht nach Rayling gefahren.”
„Wer weiß?” Dicki ging zur Tür und drückte auf die Klinke, aber die Tür war verschlossen. Er betrachtete sie prüfend. Sie war alt, aber aus festem Holz. Er konnte sie unmöglich aufbrechen.
„Versuch doch mit deinem Trick herauszukommen!” rief Gina plötzlich. „Unter der Tür ist ein breiter Spalt. Ich glaube, es würde gehen.”
„Das dachte ich auch gerade”, entgegnete Dicki. „Aber dazu brauche ich eine Zeitung, und ausgerechnet heute habe ich keine mitgenommen. Das war sehr nachlässig von mir.”
„Ich habe eine Illustrierte bei mir”, sagte Ern. „Kannst du die gebrauchen? Was willst du denn überhaupt tun?”
„Durch diese verschlossene Tür gehen.”
Kopfschüttelnd zog Ern eine zerknitterte illustrierte Zeitung aus der Tasche und gab sie Dicki.
Dicki legte sie auf die Erde, faltete sie in der Mitte auseinander und schob sie durch den Türspalt, so daß nur noch eine Ecke hervorguckte. Ern beobachtete ihn erstaunt. Er konnte sich nicht vorstellen, wie dadurch die Tür aufgehen sollte.
Nun zog Dicki ein Lederetui aus seiner Tasche, in dem sich ein paar kleine Werkzeuge befanden. Er nahm ein Stück Draht heraus, steckte ihn ins Schlüsselloch und rüttelte vorsichtig darin herum. Nach einer Weile stieß er kräftig zu, und der Schlüssel fiel auf der anderen Seite der Tür zu Boden.
Ern hatte Dicki mit offenem Mund zugesehen. Er ahnte nicht, was das Manöver bezweckte. Aber die anderen Kinder wußten es. Sie kannten den Trick und hatten ihn schon selber ausprobiert.
„Hoffentlich ist der Schlüssel auf die Zeitschrift gefallen!” Dicki bückte sich und zog das illustrierte Blatt langsam ins Zimmer zurück. Und siehe da, der Schlüssel lag wirklich darauf!
Ern fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er das sah.
„Alle Wetter!” rief er überwältigt. „Du bist ein Genie, Dicki, wirklich!”
„Sei still, Ern!” Leise steckte Dicki den Schlüssel ins Schloß und drehte ihn herum. Die Tür war offen. Die Kinder konnten hinausgehen.
Der Prinz wird befreit
„Hört mal zu, Kinder!” sagte Dicki leise. „Ich glaube, es ist nicht ratsam, daß wir alle zusammen rausgehen. Wir sind zu viele und würden bald entdeckt werden. Ich werde lieber allein gehen und ein bißchen herumspionieren. Falls ich einen Telefonapparat finde, rufe ich Chefinspektor Jenks an und bitte ihn, sofort einen Trupp Polizisten herzuschicken.”
„O ja, tu das!” rief Betti, die schon die Rettung winken sah.
„Und dann werde ich nach Prinz Bongawah suchen”, fuhr Dicki fort. „Ich fürchte allerdings, daß ich zu spät komme, falls der Hubschrauber sofort mit ihm abfliegen soll.”
„Wirst du dich auch nach Wegda umsehen?” fragte Rolf.
„Natürlich! Aber das Wichtigste ist zunächst einmal, Chefinspektor Jenks anzurufen und den Prinzen zu befreien. Ihr braucht euch unterdessen nur ruhig zu verhalten und zu warten. Allerdings werde ich euch wieder einschließen müssen. Sonst bemerkt man es womöglich, daß die Tür nicht verschlossen
Weitere Kostenlose Bücher