Geheimnis um einen entführten Prinzen
Stellung verlieren, wenn er nicht bald etwas unternahm.
Schließlich holte er eine Karte des Bezirks hervor und suchte nach dem Raylinger Moor. Ja, das Moor war eingezeichnet, aber es schien dort überhaupt keine Häuser zu geben. Was sollte er tun? Nach kurzem Überlegen faßte er den Entschluß, zu dem Moor zu fahren. Ein paar Kilometer davon entfernt befand sich eine Eisenbahnstation. Wie spät war es? Ob er noch einen Zug bekam?
Er sah im Fahrplan nach. Der letzte Zug ging in drei Viertelstunden von Peterswalde ab. Er konnte ihn gerade noch erreichen, wenn er sich beeilte.
Nun entfaltete Herr Grimm eine fieberhafte Tätigkeit. Zuerst legte er die Uniform ab. Er durfte ja nicht als Polizist kenntlich sein, wenn er etwas auskundschaften wollte. Dann zog er ein Paar graue Flanellhosen und einen grauen Pullover mit gelben Streifen an und setzte eine Mütze auf. Schließlich schlüpfte er in einen weiten Mantel und besah sich im Spiegel.
„Kein Mensch wird darauf kommen, daß ich ein Polizist bin”, sagte er zufrieden. „Oho, auch ich verstehe mich zu maskieren! Ich bin jetzt ein harmloser Wanderer.”
Er erwischte den Zug gerade noch und traf nach einer Stunde in Rayling ein. Es war eine kleine verschlafene Station. Ein einziger Mann war Stationsvorsteher, Fahrkartenverkäufer und Gepäckträger in einem. Er war sehr erstaunt, daß jemand ausstieg. „Wollen Sie wirklich nach Rayling?” fragte er Herrn Grimm.
„Ja, warum nicht? Ich bin ein Naturfreund und wandere durch das Land.”
„Wandern Sie lieber nicht im Dunkeln durchs Moor”, entgegnete der Mann warnend.
„Gibt es dort keine Häuser?” fragte Herr Grimm.
„Nur zwei. Eins ist ein Farmhaus und liegt etwas erhöht. Das andere soll Ausländern gehören, wie man sagt.”
„Aha!” dachte Herr Grimm. „Das ist das Haus, das ich suche. Ich werde schon irgendwie hinkommen, und dann sehe ich es mir etwas genauer an. Vielleicht finde ich dort den Prinzen. Ja, vielleicht kann ich ihn sogar befreien.”
Er sah sich im Geist mit dem jungen Prinzen auf dem Rücken durch das trügerische Moor stapfen. Dann sah er Photographien von sich und dem Prinzen in den Zeitungen und darüber große Schlagzeilen. „Tapferer Polizist befreit entführten Prinzen!”
Mit diesen wundervollen Bildern vor Augen durchschritt Herr Grimm das Stationsgebäude und tauchte dann in die Dunkelheit. Er gelangte auf einen Weg und beschloß, ihm vorsichtig zu folgen. Der Weg mußte ja irgendwohin führen.
Der Stationsbeamte sah ihm mißtrauisch nach.
„Komischer Kauz!” brummte er kopfschüttelnd. „So was Verrücktes, mitten in der Nacht durchs Moor zu wandern! Man müßte die Polizei auf ihn aufmerksam machen. Man sollte ihn beobachten.”
Aber niemand beobachtete Herrn Grimm, der mutig und unbekümmert durch die dunkle Nacht schritt.
Wo steckt Herr Grimm?
Als Dicki nach Hause kam, nahm er sich eine Karte vor und sah nach, wo das Raylinger Moor lag. Sorgfältig studierte er die ganze Umgebung und suchte nach Wegen. Es schienen nur schmale Pfade durch das Moor zu führen. Zwei Häuser waren eingezeichnet, eins am Rande, das andere mittendrin. In der Nähe lag die Bahnstation Rayling.
Dicki nahm sich vor, das Moor zu besuchen. Mit dem Zug wollte er natürlich nicht fahren, das war zu auffällig. Aber jetzt mußte er erst einmal schlafen. Morgen früh würde er seinen Plan mit den anderen Spürnasen besprechen. Jetzt war er viel zu müde, um noch etwas zu unternehmen. Außerdem hätte er sich nachts in dem Moor leicht verirren können.
Als er dann am nächsten Morgen wohl ausgeschlafen am Frühstückstisch saß, klingelte das Telefon. Kurz darauf kam das Mädchen ins Zimmer. „Chefinspektor Jenks ist am Telefon und will dich sprechen, Dietrich.”
Dicki sprang auf. Sein Vater warf ihm einen prüfenden Blick zu. „Du hast doch hoffentlich nichts angestellt, Dietrich.”
„Aber nein!” Rasch ging Dicki in die Diele hinaus, nahm neugierig den Hörer auf und meldete sich.
„Guten Morgen, Dietrich!” sagte Chefinspektor Jenks.
„Hör mal – Grimm ist verschwunden. Weißt du etwas davon?”
„Nein!” antwortete Dicki ganz verdutzt. „Ich bin gestern abend noch bei ihm gewesen. Er hatte – mein Rad gefunden – nachdem ich es als gestohlen gemeldet hatte. Es war ihm nichts davon anzumerken, daß er verschwinden würde.”
„Er ist aber verschwunden!” Die Stimme des Chefinspektors klang ärgerlich. „Heute morgen meldete er sich nicht am Telefon. Darauf
Weitere Kostenlose Bücher