Geheimnis um einen roten Schuh
schleunigst aus dem Staub. Wie gut, daß er Purzel zu Hause gelassen hatte! Der Scotchterrier hätte sich mit freudigem Gebell auf seinen alten Feind gestürzt und seinen Herrn sofort verraten.
Während der Polizist vom Rad stieg und auf den Nachtwächter zuging, suchte Dicki nach Willi. Eine Reihe roter Lämpchen wies ihm den Weg. Dahinter sah er den Fluß blinken. Vor der kleinen Bude des Nachtwächters stand auch hier ein Becken mit glühenden Kohlen.
Dicki nahm sich vor, gleich auf sein Ziel zuzusteuern. Er durfte sich nicht lange mit Vorreden aufhalten. Vielleicht kam Herr Grimm auch hierher. Warum mußte er sich bloß nachts herumtreiben und Dicki bei seinen Nachforschungen stören!
Willi beantwortete Dickis Gruß kurz und mürrisch. Er schien keine Lust zu einer Unterhaltung zu haben.
Aber Dicki ließ sich nicht so leicht einschüchtern. „Gewiß wärmen sich oft Leute an Ihrem schönen Feuerchen”, meinte er. „Ich wette, mein Onkel Horatius kommt immer zu Ihnen, wenn er schlafwandelt.”
Willi knurrte etwas Unverständliches.
„Haben Sie den alten Mann vielleicht gestern nacht gesehen?” fragte Dicki. „Er ist in Pyjama und Pantoffeln fortgelaufen.”
Der Nachtwächter hob den Kopf und sah Dicki an.
„Ja, ich habe ihn gesehen”, sagte er dann und wurde plötzlich sehr gesprächig. „Ich sah ihn laufen mit Pyjama und Pantoffeln. Aber alt war er nicht, sonst hätte er nicht so schnell laufen können.”
Dicki horchte auf. Herr Fellow war also wirklich zum Fluß gelaufen. Was wollte er wohl gerade dort?
„Trug er etwas?”
„Ja, er hatte etwas im Arm, aber ich konnte nicht erkennen, was es war. Er war also Ihr Onkel? Schlafwandelt er oft?”
„Ach nein! Nur in mondhellen Nächten. Haben Sie ihn auch zurückkommen sehen?”
„Ne.” Willi wurde wieder wortkarg und mürrisch. Gerade wollte sich Dicki von ihm verabschieden, da hörte er eine Fahrradklingel. War das etwa schon wieder Herr Grimm? Ja, tatsächlich! Dicki konnte gerade noch rechtzeitig ins Dunkel entweichen. Er hörte, wie der Polizist den Nachtwächter anrief und sagte: „Ich möchte ein paar Fragen an Sie stellen, Willi.”
Rasch versteckte er sich hinter einem Busch. Fragte der Polizist die Nachtwächter etwa auch nach Herrn Fellow aus? Hatte er dieselben Schlüsse gezogen wie die Spürnasen?
„Hören Sie mal, Willi”, begann Herr Grimm, während er zuerst seine Vorderseite und dann seinen breiten Rücken am Feuer wärmte, „haben Sie in der vergangenen Nacht einen verdächtigen Menschen gesehen? Ich bin mit der Aufklärung eines Verbrechens beschäftigt und suche jemand.”
„Suchen Sie vielleicht einen Onkel, der in Pantoffeln und Pyjama schlafwandelt?”
Herr Grimm starrte Willi erstaunt an. „Der Wächter oben an der Straße hat mich dasselbe gefragt. Ich dachte, er wollte mich verulken. Wer hat Ihnen denn den Unsinn erzählt?”
„Ein junger Mann. Er machte sich große Sorgen um seinen alten Onkel Horatius.”
„Und dieser Onkel Horatius soll hier letzte Nacht schlafgewandelt sein?” schrie Herr Grimm wütend.
„Warum schreien Sie mich denn so an?” entgegnete Willi überrascht und gekränkt.
„Wie sah der Bursche aus, der Ihnen das Märchen von dem schlafwandelnden Onkel aufgebunden hat?”
„Ich hab’ ihn nicht genau sehen können. Das Licht ist hier schlecht. Er war jung, ziemlich groß und hatte einen Schnurrbart. Und recht dick war er.”
Dick! Herr Grimm schnaufte. Konnte das Dietrich Kronstein gewesen sein? Mischte sich der Bengel schon wieder in Angelegenheiten der Polizei ein? Der Schnurrbart war natürlich falsch, die Geschichte mit dem Onkel erdichtet. Ja, Dietrich Kronstein mußte dieselben Indizien verfolgen wie er. Herr Grimm kochte vor Wut. Wenn er Dicki in diesem Augenblick in die Hände bekommen hätte, wäre er ziemlich unsanft mit ihm umgegangen.
Nach kurzem Nachdenken sagte der Polizist: „Passen Sie mal auf, Willi!”
„Ja? Sprechen Sie lauter. Ich höre nicht mehr gut”
Zu Dickis Freude fuhr Herr Grimm mit lauter Stimme fort: „Der junge Mann wird denselben Weg wieder zurückkommen. Wenn Sie ihn sehen, rufen Sie ihn an und halten ihn fest, bis ich komme.”
„Wozu? Wenn er ein Verbrecher ist, könnte er mir einen Schlag auf den Kopf geben.”
„Keine Bange! Ich werde mich am andern Ende der Straße verstecken. Er würde nämlich wie ein Hase davonrennen, wenn er nur die Lampe an meinem Rad sähe; solche Angst hat er vor mir. Sobald Sie ihn sehen, schwingen
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