Geheimnis um einen Wohnwagen
lassen. Immer mußt du dich überall einmischen. Die Flöhe gehören mir. Rühr sie gefälligst nicht an!”
„Wie sprichst du denn zu deiner Mutter?” erwiderte die Alte und sah die junge Frau haßerfüllt an. Sie wollte offenbar noch mehr sagen, schwieg jedoch, als sie die Kinder am Eingang stehen sah.
„Haben Sie vielleicht eine Arbeit für mich?” fragte Dicki die junge Frau, während er überlegte, an wen sie ihn erinnerte.
„Du kannst das Zelt ausfegen. Eigentlich sollte es meine Mutter tun, aber …”
„Ich möchte Ihrer Mutter nicht die Arbeit fortnehmen”, sagte Dicki rasch.
„Mach dir deswegen keine Sorge”, entgegnete die Alte.
„Ich habe ab morgen eine andere Arbeit. Aber hüte dich, meine Tochter hat eine scharfe Zunge. Ihre wertvollen Flöhe! Ich bin schon mit Flöhen umgegangen, als sie noch nicht geboren war.”
„Ach, mach daß du fortkommst!” rief die junge Frau.
„Und laß Josef in Ruhe. Er ist heute schlecht gelaunt.”
Was für eine unangenehme Familie! dachte Dicki. Nachdem Frau Fangio fortgegangen war, nahm er einen Besen und begann das Zelt auszufegen. „Wer ist denn Josef?” fragte er die Tochter.
„Mein Zwillingsbruder. Er arbeitet im Schießzelt.”
Dicki hörte auf zu fegen und sah die junge Frau an. Jetzt wußte er, warum sie ihm bekannt vorkam. Natürlich, sie erinnerte ihn an den Mann im Schießzelt, der so sonderbar dem Foto des gesuchten Ausbrechers ähnelte. Sie hatte die gleichen Augen mit den dunklen Augenbrauen, das gleiche Haar und den gleichen mißmutigen Mund.
„Haben Sie noch mehr Geschwister?” fragte er, weil er bei sich dachte, daß vielleicht ein anderer Bruder von ihr der Gesuchte sein könnte.
„Nein, Josef und ich sind die einzigen, die von unserer Familie übrig sind.”
„Und Ihre Mutter”, meinte Dicki, während er wieder zu fegen begann.
„Ja, und sie natürlich.”
„Schlafen Sie in diesem Zelt?” fragte Dicki nach einer Weile.
„Nein, wir haben einen Wohnwagen auf dem Feld der Barkers. Dort stehen eine Menge Wohnwagen. Du fragst aber viel. Bist du neu auf dem Jahrmarkt?”
„Ja, ich liebe Jahrmärkte und bin hergekommen, um Arbeit zu suchen. Gern würde ich auch in einem Zirkus arbeiten, besonders mit Tieren.”
„Löwen und Tiger sind gefährlich”, sagte die junge Frau.
„Sie schlagen manchmal ohne Grund mit ihren Tatzen nach einem Menschen, so daß er Zeit seines Lebens eine Narbe behält.”
Dicki beschloß, eine gefährliche Frage zu wagen. „Kennen Sie vielleicht jemand mit einer Narbe über der Oberlippe?”
„Was soll das heißen?” Die Frau starrte Dicki so böse an, daß er richtig Angst bekam.
„Nichts”, antwortete er.
„Mach, daß du fortkommst! Und laß dich hier nicht wieder sehen.”
„Aber warum denn? Was hab’ ich denn getan?”
„Pack dich, oder ich rufe Josef!” rief sie drohend.
Dicki hielt es für ratsam, das Feld zu räumen. Er verließ das Zelt, machte den anderen Spürnasen ein Zeichen, daß sie ihm folgen sollten, und ging zum Ausgang. Draußen wartete er auf die Kinder.
„Hast du die Flöhe gesehen, Dicki?” fragte Betti.
„Schsch!” machte Dicki. Betti errötete und schwieg. Sie hatte ganz vergessen, daß Dicki maskiert war und sie ihn nicht kennen durfte.
Die Spürnasen gingen zur Bushaltestelle, Dicki ein Stück hinter ihnen, als gehörte er nicht zu ihnen. Oben war der Omnibus noch leer, und so stiegen sie hinauf.
„Hast du etwas entdeckt, Dicki?” fragte Rolf leise.
„Ich denke ja”, antwortete Dicki. „Wir wollen jetzt aber nicht davon sprechen. Kommt nachher in meinen Schuppen.”
Sobald der Omnibus in Peterswalde angekommen war, sprang Dicki heraus und lief davon. Er ging wieder durch das hintere Gartentor und dann in seinen Schuppen.
Bald nach ihm trafen auch die anderen Spürnasen ein.
„Was ist denn passiert, Dicki?” fragte Rolf neugierig. „Ach, draußen bellte Purzel. Er muß uns gehört haben. Ich werde ihn hereinlassen.”
Nachdem die Kinder Purzel begrüßt hatten, setzten sie sich hin und sahen Dicki erwartungsvoll an.
„Ich habe mich ein wenig mit der Frau unterhalten, der die Flöhe gehören”, erzählte er. „Sie ist die Zwillingsschwester von dem Mann im Schießzelt.”
„Deshalb kam sie mir auch so bekannt vor!” rief Gina.
„Ich fegte für sie das Zelt aus und sprach dabei mit ihr. So sagte ich unter anderem, daß ich gern in einem Zirkus mit Tieren arbeiten würde. Sie meinte, Raubtiere wären sehr gefährlich und
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