Geheimnis Um Mitternacht
liebte. Sic hatte einfach zurückgeschlagen, ohne über ihre Worte oder den Kummer, den sie bereiten würden, nachzudenken.
Ob es stimmte, was Teresa gesagt hatte? Oder wollte sie Irene nur verletzen und einen Keil zwischen sie und Gideon treiben? Francesca war sich sicher, dass Teresa eine Heirat mit Irene verhindern wollte, in der Hoffnung, dass ihr eigener Sohn der Erbe von Gideons Titel bleiben würde. Aber Teresa musste doch bemerkt haben, dass Gideon Irene nicht mehr umwarb und sich stattdessen um die anderen Frauen bemühte. Also schien es wenig Grund zu geben, so eine Geschichte zu erfinden.
Natürlich war es möglich, dass Teresa einfach aus Boshaftigkeit so handelte und ihr Gift über das nächstbeste Opfer verspritzte. Selbst wenn es so wäre, warum hätte sie dann so eine Geschichte erfinden sollen? Die Worte, die er laut ihrer Aussage zu seiner Großtante gesagt hatte, hörten sich glaubwürdig an. Und ganz sicher war der Name nicht zufällig von ihr ausgewählt worden. Dora war tatsächlich der Name, den Gideon ihrem Vater entgegengeschleudert hatte. Und er hatte ihn gewarnt, diese Dora nie wieder zu berühren. Gideon hatte ihr gesagt, dass er ihren Vater angegriffen hatte, weil er eine seiner Kartengeberinnen beschützen wollte. Aber deutete seine flammende Wut nicht darauf hin, dass es um tiefere Gefühle ging?
Das würde auch sein Desinteresse erklären, eine junge Dame zu finden, die er lieben könnte. Wenn die Liebe seines Lebens eine Frau war, die er wegen seiner neu erworbenen Stellung nicht heiraten konnte, könnte er trotzdem vorhaben, aus Pflichtgefühl eine andere zu heiraten und dennoch die Frau behalten, die er wirklich liebte.
Irene schluckte. Ihr war ein wenig übel. Hatte er sie geküsst, in dem Wissen, dass er eine andere Frau liebte? Sie hatte gewusst, dass er sie nicht liebte, dass nur Verlangen zwischen ihnen war, aber... sie hasste den Gedanken, dass sein Verlangen nur fleischliche Lust und nichts weiter gewesen sein sollte.
Irene blickte sich um. Alle Augen waren auf die Mitte des Zimmers gerichtet, wo Gideon und die anderen tanzten.
Niemand sah sie an, und niemand würde es bemerken, wenn sie ginge - am wenigsten Gideon.
Sie drehte sich um und schlüpfte aus dem Raum. Im Korridor zögerte sie. Eigentlich hatte sie hoch in ihr Schlafzimmer gehen wollen, aber dazu war sie zu unruhig. Stattdessen drehte sie sich um und eilte den Korridor entlang und aus der Hintertür auf die Terrasse. Für einen Moment blieb sie stehen und atmete tief ein, um sich zu beruhigen.
Schließlich ging sie die Stufen hinab in den Garten. Es war ein wenig kühl, aber die Abendluft war angenehm auf ihren überhitzten Wangen, und sie wollte nicht zurückgehen, um eine Stola zu holen. Sie würde ohnehin nicht lange bleiben, da der Mond nicht genug Licht spendete, um sich weiter in die Gärten zu wagen, wo Bäume und Hecken dunkle Schatten warfen. Sie spazierte den Mittelweg entlang, bis er sich an der Fontäne teilte, blieb dort für einen Moment stehen und blickte auf das fröhlich plätschernde Wasser.
„Irene."
Aufgeschreckt wirbelte sie herum. Ihr Herz hämmerte plötzlich in der Brust. Gideon stand wenige Meter hinter ihr.
Das Geräusch der Fontäne musste seine Schritte übertönt haben. Sie richtete sich auf und hob ein wenig das Kinn.
Auf keinen Fall sollte er wissen, dass sie ihm nachtrauerte.
„Geht es dir gut?", fragte er. „Ich habe gesehen, dass du den Raum verlassen hast."
„Ich wollte nur ein wenig frische Luft schnappen", entgegnete sie leichthin. „Es ist recht warm im Musikzimmer geworden."
Sie wusste, ihre Worte wären glaubhafter gewesen, wenn sie nicht unwillkürlich gezittert hätte, als der Abendwind über ihre nackten Arme strich.
„Aber nun frierst du." Er zog seinen Gehrock aus, kam auf sie zu und legte ihn ihr um die Schultern.
Der Rock war noch warm von seinem Körper, und sein Geruch hing darin. Irene zog ihn um sich und hatte plötzlich das Gefühl, in Tränen ausbrechen zu müssen. Was war nur los mit ihr? Er hatte sie den ganzen Abend ignoriert, und nun reichte eine zärtliche Geste von ihm, um sie weinen zu lassen? Dabei war das doch gar nicht ihre Art.
Es war egal, dass sie sich gegen ihn lehnen und ihren Kopf auf seine muskulöse Brust legen wollte. Es war egal, dass seine Nähe sie betörte, dass die Hitze, die seinem Körper entströmte, sie anzog, dass sein unverwechselbarer Duft ein Flattern tief in ihr erzeugte. Sie würde nicht schwach
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