Geheimnis Um Mitternacht
werden.
Irene schluckte. „Die Gesellschaft scheint Ihnen zu gefallen."
Gideon verzog sein Gesicht. „Ich würde lieber ..."
Er brach ab, als eine Stimme von der Terrasse herüberrief: „Gideon!"
Sie drehten sich um und sahen, dass sein Onkel schnell näher kam.
„Oh, entschuldigen Sie bitte, Lady Irene", sagte Jasper. „Ich habe Sie gar nicht gesehen."
„Das macht nichts. Ich hatte den Musikraum verlassen, und Gi... Lord Radbourne ist mir nachgegangen, um sicherzustellen, dass es mir gutgeht."
„Und, ist alles in Ordnimg mit Ihnen?", fragte Jasper, der die Stufen herabkam, um sich ihnen anzuschließen.
„Natürlich." Irene zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht und hoffte, dass es natürlicher aussah, als es sich anfühlte.
„Ich bin zu einem kleinen Spaziergang hinausgekommen, fand es dann aber doch ein wenig kühl."
„Ich wollte mit dir reden, Gideon. Ich habe dich den ganzen Abend noch nicht allein erwischen können", erklärte Jasper seinem Neffen.
„Bitte entschuldigen Sie mich", sagte Irene. „Ich lasse Sie allein, damit Sie miteinander sprechen können."
„Nein, bitte, Mylady. Ich wollte nicht unhöflich sein", wehrte Jasper schnell ab. „Natürlich müssen Sie bleiben.
Außerdem habe ich Ihnen gegenüber das Thema schon vor einigen Tagen angeschnitten."
„Oh." Irene wusste, dass er den Nachmittag vor zwei Tagen meinte, als sie und Francesca unabsichtlich seinen Streit mit seiner Mutter mitangehört hatten. „Sie meinen Lady Selene?"
„Ja."
Irene spürte, dass Gideon sich versteifte. Vermutlich überlegte er, wie er sich diese Unterhaltung ersparen könnte.
„Bitte, bleibt", sagte Jasper, an sie beide gewandt. „Es ist wichtig. Ich will, dass beide es hören. Ich fürchte, dass man dich über deine Mutter in die Irre geleitet hat, Gideon."
„Ja, ich weiß. Mein Vater hat vorgegeben, dass sie entführt wurde."
„Nein. Nicht das. Ich meine, dass sie weggelaufen ist. Das hätte sie niemals getan. Ich schwöre es dir. Als meine Mutter es mir sagte, wusste ich, dass das unmöglich stimmen konnte. Selene wäre niemals davongelaufen."
„Was sagst du da?" Gideon sah ihn an. „Was hätte denn sonst passiert sein sollen?"
„Ich weiß es nicht", gab sein Onkel zu. „Aber ich weiß, dass sie niemals mit einem Liebhaber durchgebrannt wäre.
Ich will nicht, dass du das von deiner Mutter denkst. Sie war eine ... eine wundervolle Frau, warmherzig und freundlich."
„Onkel..." Gideons Gesicht wurde ein wenig weicher, und er streckte seine Hand aus, um den Arm des älteren Mannes tröstend zu berühren. „Ich weiß, dass du meine Mutter in hohem Ansehen gehalten hast. Ich bin mir sicher, dass sie genau so war, wie du es sagst, als du hier warst. Aber du warst fort, als es passierte. Du weißt nicht, was sie vielleicht getan hat - oder wie sie sich verändert haben könnte."
Jasper riss sich los. „Ich weiß es sehr wohl! Behandle mich nicht so von oben herab, verdammt! Dafür ist die Angelegenheit zu wichtig. Ich bin kein seniler alter Greis. Du warst für sie das Wichtigste auf der ganzen Welt. Sie hätte dich niemals von hier weggebracht, und sie hätte dich niemals verlassen. Niemals."
„Vielleicht hat sie das auch gar nicht", bemerkte Irene. „Wir wissen nicht, was passiert ist, nachdem sie aus Radbourne Park fort ist. Vielleicht wurde sie von ihrem Liebhaber verlassen, oder sie ist gestorben, und ihr Sohn blieb allein in London zurück, und niemand wusste, wo er war."
„Sie hatte keinen Liebhaber", brachte Jasper mit rauer Stimme hervor. „Und sie hätte Gideon nicht von Cecil und seinem Erbe getrennt. Sie hätte Gideon auch nicht hier gelassen und wäre allein davongelaufen."
„Du kannst dir nicht sicher sein ...", begann Gideon.
„Ich kann es! Und ich bin es!", unterbrach sein Onkel, das Gesicht schmerz verzerrt. „Ich weiß es ... weil ich sie gebeten habe, mit mir wegzugehen, und sie es nicht getan hat!"
Seinen Worten folgte fassungslose Stille.
„Oh Gott", murmelte Irene schließlich und ließ sich auf die niedrige Steinmauer fallen, die die Fontäne umgab.
„Du ..." Gideon starrte seinen Onkel an.
„Ich habe sie geliebt", sagte Jasper schlicht und sank neben Irene auf die Mauer, stützte seine Ellenbogen auf die Knie und
legte den Kopf in die Hände. „Gott möge mir helfen, ich habe sie geliebt. Ich habe meinen Bruder betrogen. Meine Ehre verspielt."
„Das kann doch nicht wahr sein", sagte Gideon mit leiser Stimme und drehte sich weg, den Blick
Weitere Kostenlose Bücher