Geheimnisse der Lebenskraft Chi
Geburtstag haben.« Ich bin sprachlos - das gleiche Geburtsdatum? Ich sehe ihn ratlos an, und er lächelt breit und legt den Kopf zurück: »Chinesischer Kalender anders natürlich, Geburtstag wechselt von Jahr zu Jahr.«
Er langt über den Tisch und ergreift Twylas Hand: »Jetzt schenke ich Ihnen«, sagt er. Sie verschwinden ins Nebenzimmer, und kurz darauf höre ich Dr. Chow etwas flüstern. Es folgt ein erstaunter Ausruf von Twyla: »Das Chi! Ich spüre das Chi!« Als sie zurückkommen, sagt Dr. Chow, sie solle bald einmal in seine Praxis kommen, weil ihre inneren Organe schwach seien. Bevor wir aufbrechen, macht er ihrem Zentrum eine großzügige Spende.
Im Wagen frage ich ihn, was für einen Eindruck er von Twyla habe. »Nette Frau. Hat Kraft, aber innere Organe schwach.
Braucht Medizin.« (Twyla kam anschließend zweimal in die Praxis, und wir begrüßten uns im Wartezimmer wie alte Freunde. Beim zweiten Mal sagte sie allerdings, die lange Fahrt sei ihr zu viel, und sie werde nicht mehr kommen.)
Kurz vor der Grenze halten wir an einem Duty-free-Shop, und nur so zum Ulk kaufe ich ein Telefon in der Form eines Apfels. Beim Zoll schaut ein Beamter zum Fenster herein und fragt: »Wie lange waren Sie außer Landes?«
»Ein paar Stunden«, sage ich.
»Irgendwas gekauft?«
Ich halte das Apfeltelefon hoch. Triumphierend blitzen seine Augen. Er klärt mich auf, wir seien nicht lange genug außer Landes gewesen, um so etwas gebührenfrei einzuführen. Er zeigt auf ein Gebäude, zu dem ich hinfahren muss. Drinnen treten wir zu dritt an den Schalter, Dr. Chow sehr selbstbewusst, ich mit dick aufgetragenem, aber unechtem Selbstbewusstsein. Ein kleiner grauer Mann hinter dem Schalter zückt ein Formular mit zwei Durchschlägen und will meinen Führerschein sehen. Während ich nach meiner Brieftasche grabe, spricht ihn Dr. Chow besänftigend an.
»Peter nicht gewusst, dass diese Gebühr zahlen muss. Vielleicht diesmal noch einfach mit Verwarnung.«
Der Mann beachtet ihn überhaupt nicht, sondern fängt an, das Formular auszufüllen, dann schnellt der Kopf hoch, und er fragt: »Ist das Ihre aktuelle Adresse?«
Bevor ich antworten kann, massiert Dr. Chow die Luft mit den Fingern in Richtung des kleinen grauen Mannes. »Peter hat nicht gewusst diese Gebühr«, sagt er wieder. »Vielleicht Verwarnung genug diesmal.« Für einen Moment sitzt der Mann regungslos da, der Stift schwebt über dem Dreifachformular.
Dr. Chow streichelt die Luft weiter mit den Fingern. »Vielleicht diesmal einfach gehen lassen.« Mit einem Ruck kommt der kleine graue Mann wieder zu sich. Er legt den Stift weg und sieht mich mit mahnendem Blick an.
»Sie hätten das wissen müssen«, sagt er. »Aber Sie haben es halt nicht gewusst, deshalb will ich es diesmal bei einerVerwarnung belassen. Gute Fahrt.«
Tamiyos Mund steht offen. Dr. Chow geleitet uns zur Tür, wo er sich noch einmal kurz umdreht und dem kleinen grauen Mann zuwinkt. »Danke«, sagt er und lächelt. Verwirrt wendet sich der kleine graue Mann ab.
Bei der Weiterfahrt kann ich anfangs nur auf die Straße starren, so erschüttert bin ich. Dann bedanke ich mich bei Dr. Chow für dieses großartige Lehrstück und lasse nicht unerwähnt, dass er wirklich grandiose Meister gehabt haben muss. »Peter«, sagt er abwehrend mit einem schüchternen Lächeln, als hätte er überhaupt nichts gemacht.
Weiter geht die Fahrt unter einem vollen Hexenmond die Landstraße entlang. Ich werfe Tamiyo durch den Rückspiegel einen Blick zu. Sie sitzt mit großen Augen da und sagt: »Obi Wan Kenobi aus Star Wars . Dr. Chow ist ein Yedi-Ritter.«
KLUGE MÄNNER
Es ist Sonntagnachmittag, Dr. Chow in seinem Arbeitszimmer untergetaucht. Ich möchte ihn zu einem kleinen zwanglosen Beisammensein abholen, aber er wartet noch auf einen Anruf, und so lasse ich mich auf den Patientenstuhl fallen und stütze die Ellbogen auf den Schreibtisch. In der Hand halte ich ein Buch mit dem Titel Living Magic , verfasst von einem Parapsychologen namens Ronald Rose. Das 1956 erschienene Buch ist eine Fundgrube für die magischen Praktiken der australischen Aborigines - Praktiken, die Jahrtausende überdauert haben und jetzt so gut wie ausgerottet sind. Ich zeige Dr. Chow das Foto eines unbekleideten Aborigine, der mit einem Ausdruck grimmiger Entschlossenheit in die Kamera blickt.
»Das ist ein Chi-Gong-Meister«, sage ich, »nur dass sie ihre Chi-Gong-Meister in Australien ›kluge Männer‹ nennen.«
»Kluge Männer«,
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