GEHEIMNISSE DER NACHT
entfernt. Es war eine gute Stelle. Sie hatten freie Sicht auf den hinteren Rasen bis hinab zu den Klippen und auch auf die Vorderseite und eine Seite des Hauses. Maxine glaubte nicht, dass jemand kommen konnte, ohne von ihr und Lou gesehen zu werden. Sie hatte einen Dr. Pepper Light und er einen Becher Kaffee. Der Himmel über dem Wasser war violett und wurde dunkler, je weiter man nach oben blickte. Das Wasser spiegelte diesen Verlauf.
„Wie spät ist es?“, fragte sie.
„Viertel nach Sonnenuntergang.“
„Sehr witzig.“ Sie blickte auf die Eingangstür des Hauses, sah, wie sie sich öffnete und dieser Sumner den Türrahmen ausfüllte. Er sprach eine Sekunde mit Lydia, trat dann zur Seite und ließ sie eintreten. „Sie ist drinnen.“
„Dachtest du, es gibt Schwierigkeiten?“
Maxine zuckte mit den Schultern. „Sumner hat gesagt, wir sollen wegbleiben und Morgan ihren Freiraum lassen. Ich hatte nicht erwartet, dass er Lydia mit offenen Armen empfängt.“
„Sie ist eine attraktive Frau.“
„Ja, aber sie steht nicht auf Männer.“
„Pech für uns“, murmelte Lou.
Sie boxte ihn, vielleicht ein wenig fester als nur im Spaß.
„Ich meinte für Sumner, Max. Also ehrlich.“ Er rieb sich die Schulter. Sie zweifelte nicht daran, dass es wirklich wehtat.
„Zehn zu eins ist sie in fünf Minuten wieder draußen“, sagte sie und wechselte geschickt das Thema.
„Die Wette gilt.“
Sie verzog das Gesicht und sah ihn an. „Also, was läuft da überhaupt zwischen euch?“
„Wem? Lydia und mir?“
Sie nickte. „Haben du und sie jemals …?“
„Sie steht doch nicht auf Männer.“
„Mindestens einmal doch“, bohrte Maxine weiter.
„Woher weißt du das?“
„Sie hat mir gesagt, sie hat ein Kind mit irgendeinem Typen.“ Lou sah verdammt überrascht aus. „Was, wusstest du das nicht?“
„Klar wusste ich es. Nur nicht, dass sie es dir erzählt hat.“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Was hat sie dir noch erzählt?“
„Nichts.“ Ein Blick in seine Augen signalisierte ihr, dass da noch etwas war. „Lieber Gott, Lou, sag mir, dass es nicht von dir ist.“
„Was?“ Er blinzelte zweimal und schüttelte dann energisch mit dem Kopf. „Nein. Ich hatte mit diesen Babys nichts zu tun.“
Was sagte Lou da gerade? Maxine legte ihren Kopf schräg. „Babys? Da war mehr als eines?“
Lou schien in Erklärungsnot zu kommen. „Das geht uns nichts an, Max. Wenn du etwas über Lydias Vergangenheit wissen willst, frag sie selbst.“
„Schon gut. Du musst ja nicht gleich so abblocken. Ich wollte nur wissen, ob ihr zwei in der Kiste gewesen seid oder nicht.“
Er sah sie mit kaum verhohlener Ungeduld an. „Nicht.“
„Nicht, dass mich das etwas angeht.“
„Stimmt auffallend.“
„Ist ja nicht so, als würden wir regelmäßig in die Kiste steigen.“
„Oder überhaupt.“
„Na, die Nacht ist noch jung, Lou. Sag niemals nie.“
Lou legte seinen Kopf in den Nacken, schlug ihn mehrmals gegen die Kopfstütze und starrte an die Decke des Wagens. Maxine drehte ihr Gesicht ein Stück weg, damit er ihr Grinsen nicht sehen konnte. Meine Güte, sie liebte es, diesen Mann zu ärgern. Sie wusste, er reagierte darauf mit einer gewissen Erregung. Es würde ihm nicht so viel ausmachen, wenn nicht.
Und heute Nacht würde sie ihn bis zum Äußersten reizen. Die Gelegenheit war zu gut, um sie verstreichen zu lassen. So mit ihm bei einer Observierung zusammengepfercht zu sein. Allein, die ganze Nacht, im Auto. Nur sie beide. Was würde er tun, fragte sie sich, wenn sie einfach die Hand ausstreckte und sie in seinen Schoß legte? Wahrscheinlich aus dem Wagen springen und die Beine in die Hand nehmen. Sie blickte hinab auf ihre Hand, die zwischen ihnen auf dem Sitz lag. Saubere, kurze, unlackierte Nägel. Einen Augenblick lang wünschte sie sich, sie wären lang und scharf und lackiert wie die ihrer Schwester. Das gefiel Männern doch wohl? Sie bewegte die Hand vorsichtig ein Stück weiter auf sein Bein zu.
„Wer zum Teufel ist das?“ Lou starrte in die Finsternis.
Am liebsten hätte sie laut geflucht, verkniff es sich aber und folgte seinem Blick. Dann fuhr ihr ein warnender Schauer kribbelnd die Wirbelsäule hinauf, als sie die dunkle Gestalt sah, die sich auf das Haus zu bewegte. Er ging an einer der Laternen am Gehweg vorbei, die sein Gesicht einen Moment lang beleuchtete.
„Es ist Scarface!“, rief Maxine, kniff die Augen zusammen und versuchte, ihn genau zu erkennen.
„Ist das
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