GEHEIMNISSE DER NACHT
„Drive-in-Fenster?“
„Schließfach.“
Okay, das ließ ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Was zum Teufel hatte Mad Maxine vor? Er parkte den Wagen, während sie in ihrer Handtasche herumwühlte und schließlich einen Schlüssel ans Licht brachte. Dann folgte er ihr hinein, und er sollte verdammt sein, wenn ihr Verhalten bei ihm nicht alle Alarmsirenen losgehen ließ. Er hatte sie schon zynisch erlebt, skeptisch und lächerlich, aber noch nie war sie ihm paranoid vorgekommen. Und ein Teil von ihm – ein kleiner Teil – wollte nicht leugnen, dass sie vielleicht einen Grund dazu hatte. Er erwischte sich dabei, wie er ihr den Rücken deckte, als wäre sie seine Partnerin und sie hätten gerade einen Raum voller Halsabschneider betreten.
Ganz sicher bemerkte sie sein Verhalten, das konnte er sehen, als ihre Augen anerkennend aufleuchteten. Sie hatte einfach höllische Augen. Groß und grün und leuchtend. Passend zu ihrem feuerroten Haar. Sie war eine Frau in Technicolor. Sowohl im Geiste als auch im Aussehen. Sie zwinkerte ihm zu und schenkte ihm ein geheimnisvolles Lächeln, während der Bankangestellte sie in den hinteren Bereich führte. Lou knirschte mit den Zähnen. Er ging näher heran, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür, durch die sie gegangen war, beobachtete die ganze Bank und versuchte, seinen beschleunigten Puls zu ignorieren.
Maxine hatte keine Ahnung, was sie ihm antat, wenn sie so mit ihm flirtete, wie es ihre Art war. Die ganze Zeit schon. Sie hielt ihn für zu alt, um auf sie zu reagieren, dachte, er wäre keine Bedrohung, keine Gefahr. Ein Kastrat. Schmeichelhaft war das nicht gerade, aber um ehrlich zu sein gefiel es Lou, dass sie sich bei ihm sicher fühlte. Er schämte sich für seine Reaktion, nicht nur in Gedanken, auch körperlich konnte er sie nicht immer verhindern. Er würde sich eher erschießen lassen, als ihr das einzugestehen. Auf keinen Fall sollte sie ihn für einen alten Lustgreis halten.
Achtzehn Jahre Altersunterschied. Theoretisch war er alt genug, um ihr Vater zu sein. Ein junger Vater, schon, aber dennoch …
Als sie zurückkam, bemerkte er in ihren Händen nichts, was sie nicht schon vorher bei sich gehabt hatte. Doch, ihre Handtasche war praller gefüllt als vorher. Jesus, sie war wirklich vorsichtig.
Er führte sie hinaus zum Wagen, hielt ihr die Tür auf, setzte sich dann hinters Steuer und startete den Wagen. „Bist du so weit, mir zu erzählen, was das alles soll, Max?“
Ihre Blicke trafen sich, als sie sich mit der Zunge über die Lippen fuhr. „Du bist der einzige Mensch auf der Welt, dem ich genug vertraue, um darüber zu sprechen, Lou. Sonst darf es niemand wissen. Niemand. Ich habe meiner Mom nichts gesagt oder Stormy oder sonst irgendwem.“
„Verstehe.“
„Ich wollte es dir schon lange sagen, aber ich hatte Angst, dass du deswegen Ärger bekommst. Und ich weiß, es kann dich in Gefahr bringen.“
Er drehte seinen Kopf abrupt zu ihr um.
„Lass uns zu dir fahren, okay? Bei mir ist zu viel los. Stormy geht den ganzen Tag ein und aus, und außerdem wissen die, wo ich wohne.“
„Wer weiß, wo du wohnst? Jesus, Max, langsam bekomme ich Angst.“
„Du hast zu Hause einen Computer, oder? Mit CD-ROM-Laufwerk?“
Er nickte und dachte kurz über den Zustand seiner Wohnung nach, aber das war wohl nicht wichtig. Irgendetwas hatte Max richtig Angst eingejagt. Und sie war kein dummes kleines Mädchen. Er glaubte nicht, dass sie eine harmlose Sache derart unpassend aufblasen würde.
„War das in deinem Schließfach, Max? Eine CD-ROM?“
„Und ein Ausweis.“
Er hob seine Augenbrauen. „Was für ein Ausweis genau?“
„Ungefähr wie deiner. Nur statt Polizei der Stadt etc. steht DPI drauf.“
„Nie gehört.“
„Ich bin mir ziemlich sicher, es handelt sich dabei um eine geheime Unterabteilung der CIA, und ihr Hauptquartier war früher genau hier in White Plains. Jedenfalls bevor es bis auf die Grundmauern abgebrannt ist.“
Ohne ein Wort zu sagen fuhr er durch die Stadt, um zu verarbeiten, was sie ihm gerade erzählt hatte. Dann begriff er. „Du meinst das Krebsforschungszentrum, das vor etwa fünf Jahren abgebrannt ist?“
Sie nickte. „Genau. Nur war das alles Tarnung.“
Er stellte seinen Wagen auf dem Parkplatz ab und umklammerte das Lenkrad mit beiden Händen. Dann drehte er sich zu ihr um. „Du warst damals dort und hast herumgeschnüffelt. Nachts. Ich weiß noch, du hast mich gebeten …“ Er unterbrach
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