Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
sich vorgestellt, dass sie dann in die Geschichte eingehen wird als heroische Geliebte, die Frau des Führers. Ich glaube, das war ihre Vorstellung, die ihr Kraft gegeben hat«, meinte Hitlers Privatsekretärin Traudl Junge im Interview. Doch das Urteil über Eva Braun fällt heute weniger heroisch aus, als es sich die Frau an Hitlers Seite gewünscht hatte: »Eva Braun ist eine Enttäuschung der Geschichte«, schreibt der Historiker Hugh Trevor-Roper. Und seine Kollegin Heike Görtemaker kommt zu dem Schluss: »Durch ihr Leben und Sterben mit Hitler ist Eva Braun für immer mit dem menschenverachtenden Regime des Nationalsozialismus verbunden, das, getragen von einem radikalen Antisemitismus, den ›größten Niedergang der Zivilisationswerte‹ … herbeiführte.«
Es war für sie die letzte Konsequenz. Sie hat praktisch das getan, worauf sie ihr ganzes Leben lang hingezielt hat. Sie hat also darauf hingezielt, diesen Mann um jeden Preis zu heiraten. Und da keine Möglichkeit mehr war im Leben, tat sie es im Sterben. Es schien die einzig mögliche Konsequenz aus dieser Liebesgeschichte einer Siebzehnjährigen.
Gertraud Weisker, Cousine Eva Brauns
»Ich glaube, ich bringe den Frauen kein Glück«,soll Hitler resümiert haben, nachdem – wieder einmal – eine seiner Verehrerinnen versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Die Bilanz der »Frauen um Hitler« fällt in der Tat düster aus: Mimi Reiter, Geli Raubal, Unity Mitford, Eva Braun – sie alle begingen Selbstmord oder versuchten es zumindest. Auch Magda Goebbels setzte ihrem Leben selbst ein Ende. Am 1. Mai 1945 tötete sie sich mit ihrem Mann Joseph Goebbels im Bunker unter der Berliner Reichskanzlei, nachdem sie gemeinsam ihre sechs Kinder vergiftet hatten. »Unsere herrliche Idee geht zugrunde, und mit ihr alles, was ich Schönes und Bewundernswertes in meinem Leben gekannt habe. Die Welt, die nach dem Führer und dem Nationalsozialismus kommt, ist nicht mehr wert, darin zu leben, und deshalb habe ich auch die Kinder mitgenommen, denn sie sind zu schade für das nach uns kommende Leben, und ein gnädiger Gott wird mich verstehen, wenn ich ihnen selbst die Erlösung geben werde. … Wir haben nur noch ein Ziel: Treue bis in den Tod dem Führer«, schrieb Magda Goebbels in ihrem Abschiedsbrief. Der Selbstmord dieser Frau macht das ganze Ausmaß des Wahns deutlich, dem Hitlers Anhängerinnen verfallen waren.
»Nach langen Jahren treuer Freundschaft«: Die Heiratsurkunde von Eva Braun und Adolf Hitler vom 29. April 1945.
Bayerische Staatsbibliothek, München (Fotoarchiv Hoffmann)
picture alliance, Frankfurt (Manfred Rehm)
Speers Täuschung
I m Frühjahr 1981 parkte ein elegant gekleideter Herr von Mitte siebzig seinen NSU Ro 80 – ein Geschenk »alter Freunde« aus längst verdrängten Tagen – in einem Kölner Parkhaus. Unauffällig betrat er die nahe gelegene Kunstgalerie Lempertz am Neumarkt, wie so oft in letzter Zeit. Bei dem traditionsreichen Auktionshaus hatte er ein gutes Dutzend Bilder versteigern lassen – anonym. Denn weder er noch die Spezialisten für »alte Kunst« zeigten großes Interesse, die Herkunft der Gemälde publik zu machen. Den Gegenwert ließ sich der »große Unbekannte« in bar auszahlen, insgesamt rund eine Million D-Mark. Weder Ehefrau und Familie noch die ansonsten bestens über diesen Mann informierte Öffentlichkeit ahnten etwas von den hohen Verkaufserlösen und deren vornehmlichem Verwendungszweck: eine heiße Liebesaffäre. Sowohl die späte »amour fou« des verurteilten Nazi-Verbrechers als auch die seit Kriegsende als verschollen geltende Bildersammlung blieben seine bestens gehüteten Geheimnisse. Entgegen seinem sonstigen Drang legte er in diesem Fall keinerlei Wert auf Publizität: Albert Speer, Hitlers Architekt und Rüstungsminister. Für ihn war es höchste Zeit, noch einmal Kasse zu machen mit den Bildern, die über drei Jahrzehnte lang im Dunkeln schlummerten – und wohl auch aus Notverkäufen ihrer jüdischen Besitzer auf der Flucht vor den Nazi-Schergen ab Mitte der 1930er-Jahre stammten. Nur wenige Monate später, am 1. September 1981, verstarb der mysteriöse Verkäufer in London: in den Armen seiner Geliebten.
Albert Speer war ein notorischer Lügner: kühl, berechenbar, aber auch mit einer großen Aura. Er konnte Menschen für sich gewinnen. … Dass er spät seine verschollen geglaubte Sammlung heimlich zu Geld machte, passt ins Bild.
Jonathan Petropoulos, Speer- und Kunstexperte
Albert Speer
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