Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
nahm etliche dunkle Geheimnisse mit ins Grab und brachte somit seine lebenslange Verschleierungstaktik bis zum letzten Atemzug erfolgreich zu Ende – zunächst jedenfalls. Einer der letzten Mittäter der Nazi-Führungsriege war in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen mit dem Leben davongekommen, hatte zwanzig Jahre im Gefängnis der Alliierten in Spandau bei Berlin überlebt und wurde nach seiner Freilassung 1966 zum Medienstar einer Republik, die in dem Mann mit dem Auftreten eines Gentlemans eine Art von »gutem Nazi« sah. Er bekannte sich zwar gebetsmühlenartig zu seiner Verantwortung als Mitglied des Regimes, aber eine persönliche Schuld in Form von Wissen über die schrecklichen Geschehnisse – vor allem die systematische Judenvernichtung – stritt er ebenso systematisch ab. Und so war es ihm tatsächlich gelungen, der Öffentlichkeit ein Bild von sich zu präsentieren, das ihm nach seiner Haftentlassung eine zweite Karriere in der Bundesrepublik ermöglichte und ihn mit einem rehabilitierten, ja beinahe tadellosen Ruf im Alter von 76 Jahren entschlafen ließ. Den wahren Speer, den Meister der Täuschung, der Lüge und des Betrugs, lernte die Welt erst nach dessen Tod kennen. Das positive Bild des Albert Speer hatte lange Bestand – und wurde dann Stück für Stück angekratzt. Die letzten Risse fügte ihm die Entlarvung seiner wertvollen Bildersammlung zu, deren Werdegang das ZDF nunmehr nachzuweisen imstande ist.
Für Albert Speer war es sehr wichtig, im Rampenlicht zu stehen. Mit der erhöhten Geltung floss auch das Geld.
Dan van der Vat, Speer-Biograf
Mit der Manipulation seiner eigenen Geschichte – vor allem durch die Veröffentlichung seiner autobiografischen Erinnerungen im Jahre 1969, als er den Kronzeugen in eigener Sache gab und damit die Deutungshoheit über die Bewertung seiner Rolle als (Mit-)Täter im »Dritten Reich« gewann – wurde Albert Speer ein wohlhabender Mann. Und das unerwartete Spielgeld durch die wiedererlangten, lange versteckten Bilder kurz vor seinem Tod nahm der sechsfache Vater dankbar auf, um eine späte Liebesgeschichte auszuleben. Diese zwei letzten Geheimnisse waren bezeichnend für ein Leben mit zwei wesentlichen Triebfedern: Geld und Geltung.
Speer bewunderte Hitler. Warum? Weil Hitler ihn bewunderte. Und diese Wechselseitigkeit symbolisiert die narzißhafte Komponente seines Wesens.
Pater Athanasius, Speer-Vertrauter
Albert Speer war der Shootingstar in Adolf Hitlers Schreckensregime, sein Aufstieg kometenhaft. Im Zweiten Weltkrieg wurde er zu einem der mächtigsten NS-Führer – und stand somit im Zentrum der schrecklichen Gräueltaten. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 war der 1905 in Mannheim geborene Architekt rasch zum erfolgreichen Chefdekorateur für Masseninszenierungen geworden. Der verkappte Baumeister Hitler mit den Ambitionen eines »Architekten der Weltherrschaft« fand in dem erst 28-jährigen Ehrgeizling einen willigen Helfer zur Verwirklichung seiner größenwahnsinnigen Projekte. Speer gab der braunen Ideologie die steinerne Form, und der als Baumeister verhinderte Mentor war von der Arbeit seines Ziehsohns begeistert. Hätte Hitler einen Freund gehabt, schrieb Speer Jahrzehnte später, so wäre er es gewesen. Speer und Hitler waren wie ein Liebespaar, verbunden durch die Leidenschaft für das Bauen. Speer war in diesem Paar die Frau, die auszutragen hatte, womit Hitler sie befruchtete. »Nach Ideen des Führers«, stand auf Speers Entwürfen.
»Welthauptstadt Germania«: Das Modell der 150000 Zuschauer fassenden »Großen Halle« aus Speers Plänen zum Umbau Berlins.
bpk – Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte, Berlin (N.N.)
Mit dem gigantischen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg schuf Speer 1936 die Bühne für Hitlers alljährliches Schauspiel zur Mobilisierung der Nazi-Bewegung. Albert Speer bewies sein Talent als Organisator, Stratege und Pragmatiker – und empfahl sich für höhere Aufgaben. 1937 machte der »Führer« seinen »Freund« Speer zum »Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt« (GBI) und betraute ihn mit dem Umbau Berlins, der »wichtigsten Bauaufgabe im neuen Reich«. Die neue Welthauptstadt »Germania« sollte alle bis dahin errichteten Bauwerke weltweit übertreffen und selbst die ägyptischen Pyramiden klein wirken lassen. Mit der 1938 im Rekordtempo fertiggestellten Reichskanzlei – dem repräsentativen Prunkstück des »Führers« – bewies Speer abermals seine
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