Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Fähigkeiten als effizienter Manager. Nun stand er auf dem Olymp der Macht – und wurde alsbald zu einem Handlanger des Todes.
Seinen Erfolg feierte der Stararchitekt des »Dritten Reichs« auf dem Rücken zehntausender Juden. Um das städteplanerische Megawerk als steinernes Symbol der Herrschaft eines weltumspannenden NS-Imperiums in die Tat umsetzen zu können, musste Platz geschaffen werden. Ganze Stadtviertel fielen der Abrissbirne zum Opfer. Wohnraum für die Berliner wurde knapp, und so mussten zahlreiche Judenfamilien weichen. Die Reichshauptstadt wurde so systematisch »entjudet«. Himmlers SS half bei der Durchführung der »Umsiedlungen«, in Speers Behörde wurde penibel Buch über die neuen Aufenthaltsorte der Juden geführt – später Grundlage für die Deportationen von mindestens 50000 Menschen in den sicheren Tod. Speer verbündete sich mit der SS auch zur Beschaffung der enormen Mengen Baumaterial, die für »Germania« benötigt wurden. Seine Behörde finanzierte den Bau von Konzentrationslagern – oft in der Nähe von Steinbrüchen – mit und erhielt im Gegenzug die so dringend benötigten Materialien. Zehntausende Häftlinge starben aufgrund der mörderischen Bedingungen. Albert Speer bewies Machtinstinkt und Rücksichtslosigkeit; ihm schien jedes Mittel recht, um seine Ziele zu erreichen.
»Leidenschaft für das Bauen«: Speer war bereit, sich Hitlers Vorstellungen von Architektur bedingungslos zu unterwerfen.
Bundesarchiv Koblenz (Bild 183-V00555-3)
Im Februar 1942 schlug die Stunde Albert Speers zur Erringung einer einzigartigen Machtfülle: Er wurde überraschend »Rüstungsminister«. Nach den verlustreichen Rückschlägen in der Sowjetunion und angesichts eines bevorstehenden langen Abnutzungskriegs bewies der Architekt auf einem fremden Feld Kunstfertigkeit. Der geniale Organisator steigerte in Zeiten hoher Verluste gar die Produktionszahlen und wurde sukzessive Herrscher über die gesamte Rüstung, den Transport und Verkehr sowie das Bauwesen. Er dirigierte den millionenfachen Einsatz ausländischer Zwangsarbeiter sowie die Plünderung der besetzten Gebiete. Und ganz nebenbei entledigte sich der skrupellose Machtmensch unliebsamer Konkurrenten wie etwa Hermann Göring, die seine Position gefährden konnten. Bis zum Sommer 1944 war Speer zu einem der mächtigsten Helfer Hitlers aufgestiegen. Selbst als die Last des Krieges für das deutsche Volk unerträglich wurde, schaffte er ein »Rüstungswunder« – freilich nur durch den rücksichtslosen Einsatz von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen. Sie waren für ihn lediglich Verfügungsmasse zur Stärkung der deutschen Kriegswirtschaft. Auch wenn Speer das später immerzu leugnen sollte: Er schickte mit seinen Befehlen letztendlich zehntausende Menschen in den sicheren Tod.
»Genialer Organisator«: Unter Speers Ägide gelang ein regelrechtes »Rüstungswunder«. Besuch von Hitler und Speer in einem Panzerwerk, April 1943.
bpk – Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Archiv Heinrich Hoffmann)
»Einsatz geringster Mittel zur Erzielung des größten Erfolges«: Speer in einem Betrieb in Oberösterreich, in dem KZ-Häftlinge Zwangsarbeit verrichten mussten.
bpk – Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte, Berlin (Hanns Hubmann)
Wenn die Ankläger in Nürnberg schon das über Speer gewusst hätten, was uns heute an Informationen zur Verfügung steht, wäre er sicher gehängt worden.
Dan van der Vat, Speer-Biograf
Die Sammelwut der Nazi-Größen
Macht zeigte sich nicht nur durch die Position, sondern auch durch Reichtum. Die Nazi-Elite hatte bereits seit Mitte der 1930er-Jahre enorme Vermögen angehäuft – durch Steuererleichterungen und -gutschriften, Sonderkredite für den Erwerb von Grund und Häusern sowie zahlreiche Schenkungen. Nach einem Jahrzehnt der Herrschaft waren viele Paladine bereits so korrumpiert, dass sie noch mitten im Krieg ihren luxuriösen Lebensstil pflegten. In seinen Memoiren suggerierte Albert Speer, er sei die rühmliche Ausnahme gewesen, denn »für repräsentative Verpflichtungen benötigten sie [die anderen] allesamt große Häuser, Jagdsitze, Güter und Schlösser, reichliche Dienerschaft, eine opulente Tafel, einen erlesenen Keller«. Doch auf Hitlers Architekten und späteren Rüstungsminister traf dies gleichermaßen zu. Bis zum Kriegsende entbrannte unter den führenden Köpfen des NS-Regimes ein wahrer Wettkampf um Kulturgüter, vornehmlich
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