Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Werke wurden – wie andere Sammlungen – zu einem »Collecting Point« in München gebracht. Dort wurden sie systematisch registriert, dann sollten sie restituiert, das heißt an die ursprünglichen Besitzer zurückgegeben werden. Für Hitler waren im Rahmen des »Sonderauftrags Linz« 4353 Kunstwerke erworben worden. Bei 406 Werken war klar, dass sie während des Krieges von den Deutschen beschlagnahmt worden waren. Zwei Drittel des Bestands waren über Kunsthändler beschafft worden. Diese Werke konnte man deswegen nicht einfach pauschal als Raubkunst klassifizieren. In jedem Fall musste einzeln geprüft werden, ob sich die Händler rechtmäßig verhalten hatten und in welchen Fällen sie als Hehler agiert hatten. Der Berliner Historiker Hanns-Christian Löhr hat im Zuge seiner Forschungen ermittelt, dass etwa 37 Prozent der Werke als rechtmäßige Ankäufe registriert werden konnten. Sie gingen in Bundesbesitz über und hängen heute größtenteils in Museen, manche schmücken Regierungsgebäude und Amtsräume des Bundes, wie etwa das Bundespräsidialamt. Fast ein Drittel der Sammlung wurde an die Herkunftsländer Niederlande, Frankreich und Österreich zurückgegeben. Zehn Prozent gelten als Kriegsverlust. Für fast ein Viertel der Werke aus dem »Sonderauftrag Linz« stellte sich die Aufgabe der Restituierung. In vielen Fällen mussten die Erben der oft im Holocaust getöteten jüdischen Vorbesitzer gefunden werden. Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen in Berlin bemüht sich noch heute aktiv, durch Provenienzforschung die Besitzverhältnisse zu klären und Rückgaben an die Erben zu ermöglichen. Das ist in den meisten Fällen gelungen. Doch noch heute gibt es ein Depot am Rande von Berlin, in dem einige Dutzend Werke aus Hitlers Sammlung lagern. Einige harren der Rückgabe, weil die Erbangelegenheiten nicht oder noch nicht restlos geklärt sind. Einige wenige sind in Bundesbesitz und werden schlicht dort gelagert, weil sich kein Museum oder keine Behörde findet, das oder die sie aufhängen würde.
Die Bilanz der Exzesse
Heute wissen wir, dass sich Hitler – wie viele andere absolute Herrscher vor ihm und viele Diktatoren nach ihm – den Staat fast zum Eigentum gemacht hatte. Jenseits seiner privaten Finanzverhältnisse sah der Staatsmann Hitler Geld auch als Machtmittel.
Ganz im Gegensatz zur fortwährenden Propaganda, in der er als bedürfnisloser Mensch auftrat, hatte er eine Art Neureichen-Gehabe, das sich dadurch ausdrückte, dass er luxuriöse Immobilien hatte und seinen Freunden Geldgeschenke machte.
Wolfgang Zdral, Wirtschaftsjournalist
Wie Feudalherrscher ließ er getreuen Vasallen Geschenke zukommen – etwa in Form von Ländereien. Schon 1935 hatte er dem Feldmarschall des Ersten Weltkriegs, General von Mackensen, das Gut Brüssow in der Uckermark geschenkt. Der General war für die NSDAP in den Jahren zuvor ein wertvoller Fürsprecher gewesen – in konservativen Kreisen und bei Weltkriegsteilnehmern galt sein Wort viel. Der Dank für den Sympathisanten war ein riesiges Gut, das einst von Friedrich dem Großen gegründet worden war. Während des Krieges erhielten weitere verdiente Generale Landgüter und Gelddotationen – stets waren diese Gaben steuerfrei, mussten aber auch geheim gehalten werden. Ein Beispiel war General Guderian. Der Schlachtenlenker bekam 1943 das Gut Deipenhof bei Posen im »Warthegau« geschenkt – eigentlich hatte der General sich das Gut Schöngarten, ebenfalls in der Nähe von Posen gelegen, gewünscht. Doch das war mit 7000 Morgen fast doppelt so groß wie von Mackensens Gut Brüssow. Und dem stand offenbar als »größerem Helden« auch die größere der Latifundien zu. So musste sich Guderian mit einer bescheideneren Schenkung begnügen – Gut Deipenhof, bis zur Enteignung im Besitz polnischer Adliger, die seit Jahrhunderten den preußischen Königen gedient hatten, hatte einen Wert von 1,2 Millionen Mark. Hitler bedachte mit seinen Dotationen nicht nur Militärs: So erhielt der von Hitler hoch geschätzte Bildhauer Arno Breker zum 40. Geburtstag das ehemalige Rittergut Jäckelsbruch bei Wriezen geschenkt. Der Dank für seine »schöpferische Arbeit im Dienste der deutschen Kunst« umfasste neben dem Schloss mit Park auch ein neu erbautes Atelier, dazu gab es ein Werksgelände mit Gleisanschluss. Insgesamt hatte diese Dotation einen Wert von 800000 Reichsmark. Bei derartigen Schenkungen zeigte sich Hitlers vormodernes,
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