Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Titel: Geheimnisse des 'Dritten Reichs' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
Vom Netzwerk:
daß Du mir das angetan hast, kann ich immer noch nicht fassen. Du hast mir das Beste aus meinem Leben genommen.«
    Hedwig Potthasts Mutter, Brief an ihre Tochter
    Die zentrale Auseinandersetzung war für ihn die zwischen »dem Volk nordischer Rasse« und dem Bolschewismus. »Gelingt es uns noch einmal, im großen Maßstab ein Volk zu erziehen und zu züchten, ein Volk nordischer Rasse, indem aus dem heutigen Volke die Blutswerte im Auslese-Prozeß hervorgezogen werden? Gelingt es uns noch einmal, um Deutschland herum diese nordische Rasse anzusiedeln, wieder zu Bauern zu machen, und aus diesem Saatbeet heraus ein Volk von 200 Millionen zu machen? Dann gehört die Erde uns!« Um aus der SS eine »Sippengemeinschaft« zu schmieden, eine Eliteorganisation, die aus den »rassisch besten Menschen« bestand, müsse natürlich die Spreu vom Weizen getrennt werden, das heißt ein Ausleseprozess stattfinden. Dabei sollten nicht nur die SS-Bewerber überprüft werden. Mit dem »Verlobungs- und Heiratsbefehl« ließ Himmler auch die künftigen Ehefrauen von SS-Leuten nach rassischen und »erbgesundheitlichen« Kriterien untersuchen. Um heiraten zu dürfen, mussten sich alle SS-Angehörigen seit dem 1. Januar 1932 eine »Heiratsgenehmigung« einholen.
    Mit voyeuristischem Interesse begutachtete er die nun eingehenden Anträge der Frauen. Er erkundigte sich nach »hervortretenden Backenknochen«, »mongolischen Lid-Falten am Auge«, forderte Beckenmessungen zur Überprüfung der Gebärfähigkeit oder empfahl eine Hormonbehandlung bei Unfruchtbarkeit. Himmler mischte sich auch gern in die Lebensführung seiner SS-Leute ein. So befahl er etwa einem Obersturmführer, »seine Braut solle sich nicht derartig anmalen«. Dies sei in der SS nicht üblich.
    »… Wieso eine Frau, die im Alter von 30 Jahren 1,74 m groß ist, 65 Kilo Gewicht hat, die weiterhin rosigweiße Haut hat, graue Augen, hellblondes, schlichtes Haar hat und dem vorwiegenden Rasseanteil nach als nordisch bezeichnet wird, für den Herrn Arzt einen sehr mäßigen Eindruck machen soll, ist mir unverständlich.«
    Himmler

    »Saatbeet für 200 Millionen«: Himmler glaubte, aus den Deutschen eine »Herrenrasse« entsprechend dem propagierten »nordischen« Idealbild züchten zu können.
    Süddeutsche Zeitung Photo, München (Scherl)

    »Zuwachs in der Sippengemeinschaft«: Sämtliche Eheschließungen von SS-Männern mussten vom »Reichsführer SS« persönlich genehmigt werden.
    Süddeutsche Zeitung Photo, München

Besonders erfolgreich waren Himmlers Zuchtbestrebungen nicht. Die rassische Auslese der SS-Leute und ihrer Frauen ließ sich nie konsequent durchsetzen, und die Ehegenehmigungen wurden während des Krieges bewusst lax gehandhabt. Auch der Kindersegen wollte sich nicht einstellen: 1938 vermerkte das statistische Jahrbuch der SS lediglich 1,1 Kinder pro verheiratetem SS-Mann. Aber »rassisch wertvoller« Nachwuchs musste ja nicht an die Ehe gebunden sein. Bereits 1936 hatte Himmler, wie der Historiker Peter Longerich ausführt, in einem Memorandum festgehalten, dass er »für die SS uneheliche Geburten nicht nur in Kauf nehmen, sondern – als integralen Bestandteil einer bevölkerungspolitischen Strategie – fördern« wollte. Immerhin sei man bestimmt schon bald »um jeden Menschen froh«, den man »zur Bekämpfung des Bolschewismus an die Ostgrenze schicken« könne. Er betonte aber, dass die »Bejahung der unehelichen Kinder … niemals eine Beeinträchtigung der Ehe« sein dürfe.
    Dabei stellte sich Himmler bewusst gegen das seines Erachtens viel zu enge Korsett der kirchlichen Sexualmoral. Er war sogar der Ansicht, dass einem SS-Mann mehr als nur eine Frau zustand. »In Anlehnung an ›germanische Sitten‹ war Himmler davon überzeugt, dass er und seine SS-Männer das Recht zu einer Zweitehe hätten«, schreibt die Historikerin Gudrun Schwarz in ihrer Untersuchung über Ehefrauen in der »SS-Sippengemeinschaft«. »Mit Verweis auf die ›Friedel-Ehe, die jeder gutrassige freie Germane eingehen konnte‹«, legitimierte er diese Konstellation. Die Einehe, wie sie die katholische Kirche vorschrieb, bezeichnete er als »Satanswerk«: Sie führe nur dazu, dass die Frauen sich nach der Eheschließung gehen ließen, zwinge den Mann, seine außerehelichen Beziehungen zu verheimlichen, und hindere ihn im Zweifelsfall daran, mit seinem Verhältnis Kinder zu zeugen, »weil ihn die doppelte Moral der sogenannten bürgerlichen Gesellschaft und ihr drohender

Weitere Kostenlose Bücher