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Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Titel: Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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kämen, umso besser sei es für die Menschheit und besonders für die betroffenen Völker. Bei einem länger andauernden Krieg würde Großbritannien seine Weltmachtposition verlieren, und das Empire wäre zum Untergang verurteilt. Aber dies läge nicht in unserem Interesse. Er persönlich würde es bedauern. Dies sei der Grund, warum er Verständigung angeboten habe.
    Ich sagte mir damals immer wieder: Wenn man dies in England wüsste, dann wäre es vielleicht möglich, dass das Volk die Verständigung einer Weiterführung des Krieges bis zum bitteren Ende vorziehe – eines Krieges, dessen Ausgang zumindest ungewiss sei und der allen Beteiligten großen Schaden zufügen müsse. Jedoch unterstellte ich, dass die Briten es als einen unerträglichen Verlust an Prestige ansehen müssten, Friedensvorschläge des Führers in der gegenwärtigen Kriegslage auch nur in Erwägung zu ziehen. Wie anders wäre es, wenn sie einen triftigen Grund hätten, in die Verhandlungen einzutreten, der für die ganze Welt verständlich sei. Da beschloss ich, ihnen diesen Grund mit meinem Flug nach England zu liefern.
    Niederschrift von Heß in Nürnberg, 1946
    In den Messerschmitt-Werken in Augsburg hatte er mehr Erfolg. Unter dem Vorwand, Testflüge mit neu entwickelten Modellen durchführen zu wollen, erhielt er vom Firmenchef Willi Messerschmitt eine Jagdmaschine vom Typ Bf 110. Niemand schöpfte Verdacht. »Wenn der Stellvertreter des Führers eine Maschine haben will«, erinnert sich Testpilot Fritz Voss, »da hatten wir keinen Anlass, Bedenken zu haben.« Nach und nach ließ sich Heß das Flugzeug für seinen Langstreckenflug umbauen: Unter anderem konnte durch die Anbringung von Zusatztanks die Flugzeit auf bis zu zehn Stunden gesteigert werden.
    Er begann, englische Vokabeln zu büffeln. Diskret ließ er sich Wetterberichte für das Nordseegebiet melden und über Hitlers Chefpilot Baur Sperrgebietskarten des Luftraums über Deutschland beschaffen. Immer wieder fuhr er nach Augsburg und unternahm vom Werksflugplatz Haunstetten aus zahlreiche Testflüge. Unklar ist, ob Heß vor seinem Start im Mai 1941 schon einmal versuchte, nach Großbritannien zu gelangen. Heß-Biograf Manfred Görtemaker glaubt, drei weitere Flugversuche nachweisen zu können – den ersten am 21. Dezember 1940, die anderen beiden im Januar und Februar 1941. Wegen technischer Schwierigkeiten oder ungünstiger Wetterbedingungen habe Heß dann immer wieder umkehren müssen. Ins Reich der Legende gehört wohl, dass Heß einmal erst so spät zurückkam, dass sein Adjutant Karlheinz Pintsch bereits einen versiegelten Briefumschlag geöffnet hatte und lesen musste, Heß sei nach England geflogen.

    Das letzte Treffen: Hitler und Heß während der
Sitzung des Reichstags am 4. Mai 1941.
    Ullstein Bild, Berlin (Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl)
    Das Scheitern der Flugversuche hatte jedoch auch sein Gutes: So konnte Heß sich vor seiner Abreise noch einmal vergewissern, dass Hitler nach wie vor an den alten Ausgleichsideen mit Großbritannien festhielt. Die Gelegenheit ergab sich, als er Anfang Mai 1941 am Rande der Reichstagssitzung, in der Hitler den triumphalen Abschluss des »Balkanfeldzugs« verkündete, mit dem »Führer« zusammentraf. Über Zeit und Ort dieser letzten Unterredung gibt es zwar widersprüchliche Aussagen, doch nicht über den Inhalt: Es ging um Hitlers Wunsch eines Friedens mit Großbritannien. Als Heß einen Monat später in britischer Haft ein Manuskript verfasste, in dem er seine Verhandlungsposition skizzierte, berief er sich ausdrücklich auf die Übereinstimmung mit den Ansichten Hitlers: »Kein Interesse am Zusammenbruch des Weltreichs. Meine Unterhaltung mit dem Führer. Zuletzt am 3. Mai.« Über eine Einweihung Hitlers in die Flugpläne findet sich dagegen kein Wort in dem Entwurf – wie auch Heß in England die Frage, ob er im Auftrag Hitlers gekommen sei, stets verneinte.
    Dass Heß schließlich den 10. Mai als Datum seines Flugs wählte, hatte wieder einmal mit seinem Faible für Okkultismus und Astrologie zu tun. Wie stets vor wichtigen Entscheidungen hatte er sich auch in diesem Fall Horoskope stellen lassen – Wahrsager sollten einen für eine »Auslandsreise« im Frühjahr günstigen Termin benennen, und gleich mehrere hatten die Sternenkonstellation an diesem Tag als günstig erachtet.
    Zuletzt trug sogar sein alter Freund Karl Haushofer zum Hokuspokus bei. Während eines gemeinsamen Spaziergangs kurz vor dem Flug berichtete er

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