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Geheimnisse einer Sommernacht

Geheimnisse einer Sommernacht

Titel: Geheimnisse einer Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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leuchtete im Sonnenlicht. Die samtene Haut, die strahlenden, blauen Augen und das nachdenkliche Stirnrunzeln, das er am liebsten fortgeküsst hätte, machten sie so unwiderstehlich …, so hinreißend.
    Er war sich völlig sicher gewesen, dass Annabelle längst verheiratet war. Die Tatsache, dass die Peytons verarmt waren, spielte für Simon keine Rolle. Er hatte angenommen, dass jeder Adlige, der einigermaßen bei Verstand war, ihren Wert erkennen und sofort seine Ansprüche geltend machen würde. Aber nachdem zwei Jahre vergangen waren und Annabelle immer noch unverheiratet war, glühte ein zarter Funke Hoffnung in Simon auf. Er beobachtete, wie sie mit fast rührender Tapferkeit ihre Suche nach einem Ehemann fortführte, die Selbstbeherrschung, mit der sie ihre immer fadenscheinigeren Abendkleider trug, den Wert, den sie ihrer eigenen Person beimaß, trotz ihrer fehlenden Mitgift.
    Die geschickte Art, wie sie die Jagd nach einem Ehemann anging, erinnerte an einen erfahrenen Spieler, der seine letzte Karte in einem schon verlorenen Spiel ausspielte. Annabelle war klug, umsichtig, kompromisslos und dennoch wunderschön …, obwohl ihm in letzter Zeit – wohl aufgrund der drohenden Armut – ein harter Zug um Augen und Mund auffiel. Simon war ein Egoist, und so empfand er auch keinerlei Mitleid mit ihrer finanziellen Misere – im Gegenteil, sie eröffnete ihm Möglichkeiten, die er andernfalls nie gehabt hätte.
    Doch Simon hatte ein Problem. Er wusste nicht, wie er Annabelle dazu bringen konnte, ihn zu mögen. Bislang lehnte sie ihn offensichtlich ganz und gar ab. Er wusste genau weshalb: Es fehlten ihm Schliff und Anstand, die gespreizten Umgangsformen eines britischen Aristokraten. Dennoch strebte er nicht danach, ein Gentleman zu werden – aus einem Tiger ließ sich eben keine Hauskatze machen, fand er. Er war lediglich ein Mann mit einer Menge Geld, der nun enttäuscht feststellen musste, dass er dennoch nicht das kaufen konnte, was er sich am meisten wünschte.
    Bislang hatte Simon die Strategie des ruhigen Abwartens verfolgt. Er wusste, dass die Verzweiflung Annabelle letztendlich dazu bringen würde, Dinge zu tun, die sie zuvor nie in Erwägung gezogen hätte. Not ließ eine Situation oftmals in einem ganz neuen Licht erscheinen. Annabelles Spiel würde bald zu Ende sein. Dann stand sie vor der Wahl, einen armen Mann zu heiraten oder die Mätresse eines reichen zu werden. Im letzteren Fall würde es sein Bett sein, in dem sie landete.
    „Ein süßes Ding, nicht wahr?“ Simon drehte sich um. Der Kommentar kam von Henry Burdick, dessen Vater, ein Viscount, angeblich im Sterben lag. So lange bis der Vater das Zeitliche segnen und endlich Titel und Vermögen an den Sohn abtreten würde, verbrachte Burdick seine Zeit mit Glücksspiel und als Schürzenjäger. Genau wie Simon hatte auch Burdick Annabelle beobachtet, die sich lebhaft mit den restlichen Mauerblümchen unterhielt.
    „Keine Ahnung“, erwiderte Simon. Plötzlich verspürte er tiefe Abneigung gegen Burdick und seinesgleichen, denen schon mit dem Tag ihrer Geburt alle Privilegien auf einem silbernen Tablett serviert worden waren und die für gewöhnlich nichts dazu beitrugen, was des Schicksals unverschämte Großzügigkeit rechtfertigte.
    Burdick grinste breit über das von Alkoholgenuss und reichlichem Essen aufgedunsene Gesicht. „Ich werde es bald herausfinden“, behauptete er.
    Burdick war wohl kaum der Einzige. Viele Männer hatten Annabelle voller Erwartung im Visier. Wie ein Rudel Wölfe, das die Spur einer weidwunden Beute aufnimmt, verfolgten sie sie. In dem Moment, in dem sie Schwäche zeigte und kaum Widerstand aufbrächte, würde einer von ihnen zum tödlichen Biss ansetzen. Wie in der Tierwelt ist es auch bei den Menschen, der dominante Mann obsiegt.
    Simon verzog den Mund zu einem leichten Lächeln. „Sie erstaunen mich“, sagte er leise. „Ich hatte angenommen, dass die Notlage einer Dame einen Gentleman von Ihrem Geblüt zu Edelmut und Ritterlichkeit inspirieren würde.
    Stattdessen muss ich hören, dass Sie üble Absichten hegen, Absichten, die man doch eher von jemandem aus meiner Schicht erwarten würde.“
    Burdick lachte leise, und dabei entging ihm der wilde Glanz in Simons dunklen Augen. „Dame? Was heißt das schon? Wenn ihre Ressourcen aufgebraucht sind, dann wird sie einen von uns wählen müssen.“
    „Wird keiner von Ihnen sie heiraten wollen?“, fragte Simon träge.
    „Um Gottes willen! Weshalb denn?“

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