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Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274

Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274

Titel: Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Herries
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er womöglich die Chance auf ein neues Leben versagen wollte.
    „Also gut, Ihr dürft ihn morgen sehen. Ich werde ihn für Euch hierherbringen lassen.“ Er neigte knapp den Kopf. Es war nicht zu übersehen, dass es ihm missfiel, in dieser Sache überstimmt zu werden. „So leid es mir tut, aber ich habe heute Abend eine Verabredung. Ich bitte Euch, mein Haus während meiner Abwesenheit als das Eure zu betrachten. Meine Diener werden Euch eine Mahlzeit servieren und für all Eure Bedürfnisse sorgen. Zögert nicht, nach allem zu fragen, wonach Euch verlangt.“
    „Ihr seid sehr großzügig“, antwortete Charles. „Ich habe selbst eine geschäftliche Verabredung, und Mary und Kathryn, da bin ich mir sicher, können sich gegenseitig Gesellschaft leisten.“
    „Das wird uns keine Probleme bereiten“, bestätigte Kathryn und lächelte ihren Onkel an. Sie würdigte Lorenzo keines Blickes. Sie war wütend auf ihn, weil er versucht hatte, ihr die Möglichkeit zu versagen, Dickon zu identifizieren. „Es gibt viele kleine Dinge, die wir noch erledigen müssen.“
    „Dann wünsche ich Euch einen angenehmen Abend.“ Lorenzo neigte erneut den Kopf, wandte sich um, und ließ die beiden alleine.
    Charles blickte Kathryn einen Augenblick lang an, schließlich brach er das Schweigen. „Es war eine verstörende Erfahrung, mein Kind. Signor Santorini hat wahrscheinlich recht, wenn er denkt, dass die Begegnung dich erschüttern wird.“
    „Ich erwarte nichts anderes“, sagte Kathryn. „Wer könnte von solchem Leid, wie er es beschreibt, unberührt bleiben? Aber aus eben diesem Grunde habe ich dich begleitet, Onkel. Ich kann nur auf meine Gefühle vertrauen. Wenn ich nicht die Empfindung habe, dass es Dickon ist, werde ich es dir sagen.“ Sie sah nachdenklich aus. „Du sagtest, er sprach kaum mit dir – glaubst du, er könnte mir mehr erzählen?“
    „Vielleicht erinnert er sich nicht mehr“, erwiderte Charles. „Signor Santorini geht davon aus, dass er viele Jahre als Sklave gelebt hat. Vielleicht arbeitete er nicht immer auf einer Galeere, möglicherweise war er eine Zeit lang Haussklave und wurde dann irgendeines Fehlverhaltens wegen auf ein Kriegsschiff geschickt. Es ist auch bekannt, dass sich manche Männer zu ihrer Unterhaltung gern Jünglinge als Sklaven halten, aber wenn sie älter und kräftiger werden, erscheinen sie ihnen zu gefährlich, um sie im Haus zu behalten. Ich werde dir nicht jene Dinge schildern, zu denen diese Jünglinge gezwungen werden, denn das geziemt sich nicht. Aber es mag sein, dass ein Mann solche Misshandlungen lieber vergisst, statt mit der Erinnerung zu leben.“
    Kathryns Augen waren feucht vor Tränen, denn sie konnte erraten, was er nicht aussprechen wollte. Sie wischte sich mit der Rückseite ihrer Hand über die Wange. „Wie können Menschen so grausam zueinander sein?“
    „Ich weiß es nicht, Kathryn“, antwortete Charles mit einem tiefen Seufzer.
    „Wie kann jemand nur so schreckliche Dinge überstehen? Es scheint nahezu unmöglich. Und doch ist es diesem Mann gelungen, und er verdient zumindest unsere Güte, wenn nicht noch mehr.“
    „Ja, du hast recht“, stimmte Charles zu. Er wirkte etwas abwesend. „Ich muss dich jetzt alleine lassen, Kathryn. Geh hinein zu deiner Tante und denke nicht zu viel über das alles nach. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass dieser arme Kerl mein Sohn ist, aber mir wäre deine Meinung wichtig.“
    Kathryn küsste seine Wange und tat, wie er ihr geheißen hatte.
    Sie verbrachte den Abend mit Lady Mary. Gemeinsam erledigten sie Näharbeiten, denn sie waren seit ihrer Abfahrt aus England bisher noch nicht dazu gekommen, mit dem dort gekauften Stoff ihre Garderobe zu vervollständigen. Die meisten der einfacheren Tätigkeiten hatten die Dienstmädchen erledigt, die sie mit auf die Reise genommen hatten. Aber die beiden Damen verzierten die Kleider gern selbst mit Stickereien und Bändern.
    Kathryn war noch nicht müde, als sie sich für die Nacht zurückzog. Sie spürte eine rastlose Energie, die sie keine Ruhe finden ließ, und so setzte sie sich an das geöffnete Fenster und blickte in den Innenhof hinaus. Die Nacht war sehr dunkel, aber sie konnte dennoch zahlreiche Sterne und die Sichel des Mondes erkennen. Der Anblick faszinierte sie, denn hier am Himmel war sehr viel mehr zu entdecken als in England, wo so oft Wolken die Sicht verdeckten.
    Sie bemerkte, dass jemand im Hof stand. Ein Mann befand sich dort und starrte die kleine

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