Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
Fontäne an, die als dekoratives Element einen Seerosenteich lebendiger gestaltete. Er war so reglos, dass er ebenso gut eine der schönen Statuen hätte sein können, die das Haus und den Garten schmückten. Sie erkannte diesen Mann.
Worüber dachte er nach? Konnte er auch nicht schlafen? Es war so schwer, ihn zu verstehen. In manchen Augenblicken wollte sie sich wütend auf ihn stürzen, doch in anderen … mochte sie ihn. Ja, sie hatte gegen ihren Willen begonnen, ihn zu mögen.
Kathryn wandte sich seufzend vom Fenster ab, als der Mann auf den Palast zuging. Es war Zeit für sie, sich hinzulegen, selbst wenn sie nicht schlafen konnte, denn Tante Mary wollte am nächsten Morgen wieder auf Entdeckungsreise gehen. Sie wollten sich in einer Gondel durch die Kanäle fahren lassen, um mehr von der Stadt zu sehen.
Lorenzo schnallte seinen Degen ab und ließ ihn auf eines der seidenen Sofas gleiten, mit denen er sich gern umgab, seit er im Hause von Ali Khayr gelernt hatte, ihren Komfort zu schätzen. Ein kleines Lächeln umspielte seinen Mund. Sein Freund hatte sich große Mühe gegeben, ihn zum Islam zu bekehren, doch bisher hatte er widerstanden.
„Du fühlst dich bei uns heimischer als in der christlichen Welt“, hatte Ali Khayr einmal zu ihm gesagt, als sie über Religion und Kultur diskutierten. „Niemand hasst die Inquisition mehr als du, Lorenzo – und doch sträubst du dich gegen den wahren Glauben.“
„Vielleicht gibt es dafür einen guten Grund“, hatte Lorenzo entgegnet und den anderen Mann angelächelt, als dieser die Brauen hob. „Ich glaube an keinen Gott – weder an deinen noch an meinen.“
„Und doch war es der Wille Allahs, dass du zu mir kamst und mein Sohn gerettet wurde“, sagte Ali Khayr. „Warum erkennst du die Lehren des Propheten nicht an? Sie könnten dir dabei helfen, deine Seele zu heilen und dir Freude zu bringen.“
„Ich glaube, für mich gibt es keine Erlösung mehr, weder durch Allah noch durch den christlichen Gott, den die Inquisition als Ausrede für Folter und Mord missbraucht.“
„Ruhig, Lorenzo“, beschwichtigte Ali Khayr ihn. „Egal was ein Mann im Namen seines Glaubens tut, es darf niemals als Mord bezeichnet werden, auch wenn es nicht unser Weg ist. Wir behandeln unsere Sklaven besser, und denen unter ihnen, die zum Islam konvertieren, steht der Weg zu verantwortungsvollen Positionen und einem unbeschwerten Leben offen.“
„Du magst diesen Weg gewählt haben“, erwiderte Lorenzo mit einem Funkeln in den Augen. „Aber andere aus deinem Volk sind weniger tolerant.“
„Du sprichst von Piraten und Verbrechern“, sagte Ali Khayr und machte eine abwehrende Handbewegung. „Unter jenen Leuten gibt es Männer aus allen Völkern, Lorenzo, Christen genau wie Moslems. Man sagt, dass Rachid, dein Feind, aus der westlichen Welt stammt, auch wenn ich nicht weiß, ob das Gerücht stimmt.“
„Es scheint wahr zu sein“, bestätigte Lorenzo. „Er trägt zwar die Kleider eines Moslems und spricht eure Sprache wie ein Einheimischer, aber ein kluger Mann kann viele Sprachen erlernen. Ich habe ihn aus der Nähe gesehen, auch wenn er mich nicht wahrnahm, denn dies war unter seiner Würde – ich war für ihn ein Arbeitstier, nicht mehr.“
„Du hast guten Grund, ihn zu hassen“, stellte Ali Khayr fest. „Und ich verurteile dich nicht für das, was du tust. Aber ich würde deiner Seele mehr Frieden wünschen, Lorenzo. Wenn du dein Vertrauen auf Allah setzt, könntest du im sicheren Bewusstsein dessen, dass du im Paradies wiedergeboren wirst, den Tod eines Kriegers sterben.“
„Und was ist das Paradies?“ Lorenzo lächelte ihn an. „Du hättest gern, dass es ein Ort voller schöner Frauen ist, und wo es Wein gibt, wie du ihn noch nie gekostet hast. Gute Weine sind mein Geschäft, und wenn ich wollte, könnte ich eine schöne Huri haben, wann immer mir danach verlangt.“
Ali hatte über seinen Wirklichkeitssinn gelacht. „Du bist stur, mein Freund, aber ich werde dich am Ende überzeugen.“
Nun, da er allein in seinem Privatgemach war, lächelte Lorenzo grimmig, während er die Lederarmbänder von seinen Handgelenken nahm. Er rieb die Narben, die ihm manchmal geradezu unerträgliche Schmerzen bereiteten – sie waren Zeichen seiner Ausdauer und seiner Zeit als Sklave. Die drei Jahre, in denen er auf Rachids Galeere arbeitete, hatten ihn beinahe das Leben gekostet. Wäre er auf hoher See erkrankt, so wäre er zweifelsohne einfach über Bord geworfen
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