Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
verlangte; und es lockte sich im Nacken. „Ich breche am kommenden Morgen nach Rom auf. Ich wurde dieser Piraten wegen zu einer Versammlung einberufen.“ Er verzog voller Verachtung den Mund, denn für ihn gehörten dazu auch die Türken, die den venezianischen Händlern in den letzten fünfzig Jahren so viele Sorgen bereitet hatten und jetzt die Dreistigkeit besaßen, dem Dogen Zypern abzuverlangen – eine Forderung, die bei den Venezianern auf erbitterten Widerstand stieß. „Wie du weißt, ist die Rede davon, eine Streitkraft zu sammeln, um Selim Einhalt zu gebieten, bevor er noch weiter nach Europa vorstößt. Der römisch-deutsche Kaiser ist besorgt und hofft, dass er Spanien und noch weitere Verbündete dafür gewinnen kann, die Macht der Türken zu brechen.“
Michael nickte, denn er wusste, dass einige einflussreiche Männer im Heiligen Römischen Reich seinen Freund für einen wichtigen Mann hielten. Lorenzo besaß neben seiner Flotte aus vier Handelsschiffen noch zwanzig Kriegsgaleeren, und man würde ihn mit Sicherheit bitten, der Streitkraft beizutreten, die versuchen sollte, die türkischen Eindringlinge von den Meeren zu verdrängen. Es gab den weitverbreiteten Glauben, dass die Korsaren viel von ihrer eigenen Stärke einbüßen würden, wenn es gelänge, die Bedrohung des Osmanischen Reiches ein für alle Mal zu beenden.
„Man muss gegen die Angreifer vorgehen“, stimmte Michael zu. „Übrigens haben wir einen von Rachids Ruderern gefangen genommen. Als wir eine von seinen Galeeren versenkten, konnten wir ihn aus dem Wasser ziehen. Er war immer noch an das Stück Holz gekettet, das sein Ertrinken verhindert hatte. Wir werden sehen, welche Informationen wir ihm über die Festung seines Herrn entlocken können.“
„Ich werde nicht zulassen, dass er gefoltert wird“, wandte Lorenzo ein. „Es ist mir einerlei, ob er Türke und unser Feind ist, er soll wie ein Mensch behandelt werden. Wenn er bereit ist, uns zu helfen, werden wir ihm Arbeit in der Mannschaft anbieten. Wenn er sich weigert zu kooperieren, werden wir sehen, ob man bei seiner Familie Lösegeld für ihn einfordern kann.“
Lorenzo rieb an einem der breiten Lederbänder, die er stets um die Handgelenke trug. Seine Augen waren so dunkel wie die tiefsten Wasser des Mittelmeeres und genauso unergründlich.
„Ich glaube nicht, dass er türkischen Ursprungs ist“, erwiderte Michael. „Er antwortet nicht, wenn man ihn anspricht, obwohl er die Sprache seiner Herren versteht, ebenso wie etwas Französisch und, wie ich glaube, Englisch.“
Lorenzo sah ihn einen Augenblick lang schweigend an. „Dieser Mann darf nicht schlecht behandelt werden“, beharrte er noch einmal. „Überlass es mir, ihn nach meiner Rückkehr zu befragen, wenn es dir recht ist, mein Freund. Und nun musst du dich ausruhen und die Vorzüge deines Heimes und deiner Familie genießen. Du hast es dir verdient. Wir sehen uns wieder, wenn ich aus Rom zurückkehre.“
„Wie du befiehlst“, antwortete Michael, während er zusah, wie sein Freund einer kleinen Gondel ein Zeichen gab. Sie würde ihn zu seiner persönlichen Galeere bringen, die weiter draußen in der Lagune vor Anker lag. Er war neugierig, warum sein Kommandant plötzlich beschlossen hatte, den Gefangenen persönlich zu befragen, aber er würde Lorenzos Befehl gehorchen. Der Grund warum Michael, der selbst einer guten Familie entstammte, sich dazu entschieden hatte, für Lorenzo Santorini zu segeln, war sein Respekt für ihn. Lorenzo war ein gerechter Mann, und keineswegs konnte man ihn als grausam bezeichnen, einzig Ungehorsam duldete er nicht.
Lorenzo war nachdenklich, als er an Bord der Galeere ging. Sie war das Flagschiff seiner Flotte, das schnellste und neueste Kriegsboot in seinem Besitz, und hatte als besonderen Vorteil drei Segel, die bei schönem Wetter eingesetzt werden konnten und den Ruderern somit die Gelegenheit gaben, sich auszuruhen. Solche Galeeren waren immer noch viel wendiger und leichter manövrierbar als die schwerfälligen Galeonen, die die Spanier vorzogen. Selbst für die kleineren, leichteren Ruderschiffe der englischen Händler und Abenteurer, die nicht zu unterschätzen waren, würde es nicht einfach sein, mit dieser Galeere mitzuhalten. Türkische Kriegsschiffe griffen seine nur selten an – sie wussten, dass sie es bei ihm mit einer enormen Kraft und Gewalt aufzunehmen hatten.
Sein eigentlicher Feind jedoch war Rachid, der den Beinamen „der Gefürchtete“ trug. Er
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