Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
zerstören. Und Maria wäre vielleicht herablassend behandelt worden, wenn die Leute gewusst hätten, dass sie einige Zeit in einem Harem gelebt hatte. „Sie war … krank. Wir sorgen eine Zeit lang für sie, aber sie wird bald wieder zu ihrer Familie zurückkehren.“
„Je schneller, desto besser“, sagte Elizabeta. Sie ergriff Kathryns Arm, als sie bei dem Geschäft des Seidenhändlers ankamen, das sie an jenem Morgen besuchen wollten. „Seht Euch nur diesen wunderschönen grünen Stoff an! Er würde Euch außerordentlich gut stehen, Kathryn.“
„Ja, er ist prachtvoll“, stimmte Kathryn zu. Sie wandte sich um und machte Maria ein Zeichen, die mit Isabella Rinaldi ein Stück hinter ihnen gegangen war. „Kommt und seht Euch diese Seidenballen an, Maria. Wir werden heute Stoff für Euch kaufen. Ihr müsst es leid sein, meine alten Kleider zu tragen.“
„Oh, nein“, stritt Maria mit gesenkten Augen ab. „Ihr wart so freundlich zu mir, Kathryn. Wie könnte ich so undankbar sein, mich daran zu stören, Eure Sachen zu tragen?“
„Nun, Ihr sollt ein neues Kleid haben“, verkündete Kathryn. „Kommt, seht und sucht Euch die Seide aus, die Euch am besten gefällt.“
„Oh, ich weiß nicht, welche ich auswählen soll“, antwortete Maria. Sie ließ ihre Hände unruhig über die schönen Seidenballen wandern, die der Händler vor seinem Geschäft ausgebreitet hatte. „Es gibt so viele … dieses Blau ist herrlich, aber das Grün auch.“
„Kathryn dachte daran, die grüne Seide für sich selbst zu kaufen“, sagte Elizabeta. Ihre dunklen Augen wurden schmal und feindselig, als sie Maria anschaute. „Das Blau würde Euch viel besser stehen – oder das Grau.“
„Ich mag keine tristen Farben“, erwiderte Maria, und für einen kurzen Moment sah sie Elizabeta so voller Abneigung an, dass der älteren Frau der Atem stockte. „Ich werde die blaue Seide nehmen, wenn Kathryn die grüne lieber für sich selbst möchte.“
„Nein, ich brauche im Augenblick wirklich keine neuen Kleider mehr“, widersprach Kathryn. „Wir werden sowohl die grüne als auch die blaue Seide nehmen, Maria. Du wirst zwei neue Kleider bekommen, dann musst du meine alten Sachen überhaupt nicht mehr tragen.“
„Ihr seid zu großzügig“, tadelte Elizabeta sie. „Das Grün wäre perfekt für Euch.“
„Das macht nichts. Es wird wieder neue Seiden geben“, sagte Kathryn. Sie wandte sich ab, um mit dem Händler zu sprechen und ihn anzuweisen, die beiden Stoffballen zu ihr in die Villa zu schicken. „Sollen wir im Gasthaus noch etwas trinken oder gehen wir zurück in die Villa?“
„Wir sind näher an meinem Haus“, wandte Elizabeta ein. „Kommt, wir gehen zu mir, sobald ich die Seide bestellt habe, die ich für mich selbst möchte. Meine Diener werden uns Erfrischungen bringen. Es ist zu heiß, um heute noch weitere Einkäufe zu machen.“ Sie lächelte und hakte sich bei Kathryn unter.
Kathryn stimmte zu, und gemeinsam gingen sie zu Elizabetas Haus, das nicht weit vom Campo de’ Fiori lag, in einer der Seitenstraßen jenes Platzes, in denen herrliche Renaissancegebäude standen, mit deren Bau Papst Nikolaus V. im fünfzehnten Jahrhundert begonnen hatte.
Das Haus war groß, beinahe schon ein Palast, denn Elizabetas um einige Jahre älterer Ehemann war sehr reich. Sie führte ihre Gäste durch mehrere Räume, die mehr einer Halle glichen und die ihnen nach der Hitze der Sonne kühl erschienen, bis sie in den Hofgarten gelangten. Dort ließ Elizabeta die Damen im Gespräch zurück, während sie sich darum kümmerte, dass ihnen Erfrischungen serviert wurden.
Kathryn und Isabella setzten sich auf eine der kleinen Steinbänke, die mit Kissen bedeckt und in den Schatten gestellt worden waren. Maria wanderte alleine im Garten umher, den sie noch nie zuvor gesehen hatte.
„Sie ist ein seltsames Mädchen, nicht wahr?“, stellte Isabella fest und legte die Stirn leicht in Falten. „Sie prahlte vor mir damit, einen Liebhaber zu haben, der ihr die Ehe versprochen hat. Ich dachte, du hattest gesagt, sie sei krank gewesen?“
„Ja, das war sie auch“, bestätigte Kathryn. „Ich glaube, sie meinte damit, dass sie mit jemandem verlobt werden soll, wenn sie nach Hause kommt.“ Sie hielt Maria für töricht, über solche Dinge zu sprechen, denn das würde ihrem Ruf tatsächlich schaden.
„Sie fragte mich, ob ich einen Liebhaber habe“, fuhr Isabella fort. „Ich bin mir sicher, dass sie … nun, Ihr wisst
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