Geheimnisvolle Beruehrung
den Faith ihr geschenkt hatte. Seine Wolle fühlte sich wunderbar weich an.
Dann erkundigte sie sich telefonisch nach ihrem Vater. Er schlief tief und fest. Lächelnd legte sie wieder auf. Sie hätte im Mondlicht spazieren gehen können, doch im Grunde brauchte sie Kalebs Nähe, denn angesichts des Damoklesschwertes, das über ihr hing, war ihr kalt bis in die Knochen.
Ist dein Treffen beendet?,
fragte sie über die klare Verbindung, die für seine telepathischen Fähigkeiten sprach.
Ja, ich arbeite zu Hause – was brauchst du?
Sie musste schlucken, die Frage sagte so viel über seine Gefühle zu ihr aus.
Ich möchte zu dir.
Nur einen Augenblick später war er an ihrer Seite, noch im selben Anzug, doch ohne Jackett und mit offenem Kragen. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Doch.« Sie umarmte ihn fest. »Können wir uns auf die Terrasse setzen?«
Durch das feine Hemd spürte sie die heiße Haut. Er nahm sie mit nach Hause, setzte sich auf die Sonnenliege und zog sie zwischen seine Beine. In der Nachmittagssonne Moskaus lag sie zusammengerollt an seiner Brust. Es dauerte eine Weile, bis seine Wärme die eisige Kälte schmolz und sie sich mit dem Rücken an ihn lehnen konnte.
»Du hast mich beim Koi-Teich schweben lassen.«
Anspannung in seinen Muskeln. »Du hast dich wieder daran erinnert?«
»Ja.« Sie legte die Finger um seine Oberarmmuskeln. »Ich weiß, wie wir uns zum ersten Mal begegnet sind, und dass du mich besucht hast.«
»Weißt du auch, worum du mich an deinem fünfzehnten Geburtstag gebeten hast?«, fragte er, und die Spannung ließ nach.
Sahara wollte schon den Kopf schütteln, doch plötzlich war die Erinnerung da, als hätte sie nur darauf gewartet, von ihr geweckt zu werden.
33
Saharas Lachen war wie Sonnenschein für Kaleb. »Ich habe dich gebeten, mich zu küssen. Und du wolltest nicht!« Sie warf den Kopf zur Seite, als wäre sie ihm deswegen böse. »Dabei hatte ich endlich den ersten Schritt gewagt.«
»Zu meiner Verteidigung muss ich anführen, dass ich zweiundzwanzig war und du erst fünfzehn. Das wäre nicht angemessen gewesen.« Er drehte ihren Kopf zu sich, um sie zu küssen. Es kam ihm wie ein Wunder vor, dass sie wieder zu ihm gekommen war, nach allem, was er ihr im Baumhaus erzählt hatte. Und ein weiteres Wunder war es, dass ihr Verstand die blutige Wahrheit noch immer vor ihr verbarg.
»Ein Jahr habe ich gebraucht, um genügend Mut zu sammeln«, flüsterte sie an seinen Lippen und verschränkte die Finger in seinem Nacken.
»Deine Ziele hast du immer schon mit stahlhartem Willen verfolgt«, sagte er und schob den weichen Pullover hoch, um die Hände auf ihren Bauch zu legen.
Sie hatte ihn erwischt, als er an ihrem sechzehnten Geburtstag die Tänzerin an ihrem Armband befestigt hatte. Der Kontakt ihrer Lippen schockierte ihn so, dass er sich nicht bewegen konnte, und der Geschmack von Sahara ging ihm ins Blut über. Sein Leben lang würde er ihr Zeichen tragen.
Ihre Wangen waren hochrot. »Sechzehn und zweiundzwanzig ist gar nicht so weit auseinander«, sagte sie eigensinnig. »In fünf Jahren bin ich einundzwanzig, eine Erwachsene mit allen Rechten. Dann können wir einen Fortpflanzungsvertrag unterzeichnen, und wenn das Kind erst einmal da ist, gemeinsam die Elternschaft übernehmen und zusammenleben und –«
»Ja«, sagte er und unterbrach den Wortschwall, denn sie musste ihn nicht davon überzeugen, ihr Vertrauen zu akzeptieren, das er zwar nicht verdient hatte, aber bis zum letzten Atemzug schützen würde.
Ein zaghaftes Lächeln. »Wir werden ein Heim haben«, flüsterte sie. »Und da kann ich dich dann küssen, sooft ich will.«
Doch dieser erste Kuss war zugleich auch der letzte gewesen. Zwei Tage später hatte Sahara über und über mit Blut besudelt geschrien, bis ihre Stimme gebrochen war.
»Es tut mir leid«, sagte er, die Erinnerung würde er bis ins Grab in sich tragen. »Es tut mir leid, dass ich nicht mehr der Mann aus deinen Erinnerungen bin. Es ist zu viel geschehen, während du fort warst.«
Wenn sie bei ihm gewesen wäre, wenn sie das helle Licht im Albtraum gewesen wäre, hätte er vielleicht gekämpft, um ein Stück »Menschlichkeit« zu behalten. Doch sie hatten sie ihm gestohlen, hatten ihm das einzige Wesen genommen, das ihm etwas bedeutete, und damit hatten sie den Lauf der Welt verändert.
Saharas Finger schlossen sich um seinen Arm. »Du gehörst mir.« Einfache Worte, die wie ein Faustschlag seine Brust trafen. »Ich werde um dich
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