Geheimnisvolle Beruehrung
du. Ihr könntet zusammenarbeiten.«
»Es kann nicht zwei Mächtige im Medialnet geben.« Es würde nur in Teile zerfallen und die Bevölkerung entzweien. »Noch habe ich das Gespenst verschont, doch seine Zeit neigt sich dem Ende zu.«
35
Sahara schüttelte den Kopf. »Wenn du dem Gespenst etwas antust, riskierst du, dass die Wogen der Rebellion beim nächsten Mal dich treffen.«
Wieder zeigte sie, wie gut sie ihn kannte, weil sie logische Argumente ins Feld führte, statt emotional zu werden. Wenn sie ihn gebeten hätte, Sicherheit und Wohlergehen ihrer Gattung in den Vordergrund zu stellen, wäre sie bei ihm nur auf taube Ohren gestoßen. »So weit wird es nicht kommen.« Der Tod des Rebellen würde das Medialnet tief erschüttern, und das konnte Kaleb nicht zulassen. Denn bald würde das Netzwerk ihm gehören. »Das Gespenst wird nur an einen unbekannten Ort verschwinden.«
»Verschwinden?« Trotz der aufgekommenen Unstimmigkeit zwischen ihnen massierten Saharas Hände weiter. »Allen Berichten zufolge hat das Gespenst Jahre der Verfolgung ohne Schaden überlebt. Der Rebell verschwindet bestimmt nicht still und leise, auch wenn du es ihm befiehlst.«
»Er wird vernünftigen Gründen zugänglich sein«, versicherte ihr Kaleb. »Seine Handlungen weisen ihn als extrem vernunftgesteuertes Wesen aus.«
»Tatsächlich?« Sahara schnaubte ungläubig. »Aber einmal abgesehen davon, wie willst du ihn überhaupt finden? Er ist ein Schatten.«
»Seit seinem ersten Auftreten weiß ich, wer er ist.«
Sahara ballte die Fäuste auf seinen Schultern. »Ich glaube kaum, dass er mit deinen Plänen einverstanden ist. Das Gespenst scheint ebenso rücksichtslos und zielgerichtet zu sein wie –« Sie zögerte plötzlich und kniff die Augen zusammen. »Du«, flüsterte sie. »Du bist das Gespenst.«
»Selbstverständlich«, sagte Kaleb und erhielt von Sahara einen spielerischen Schlag aufs Kinn. »Niemand sonst hat Zugang zu den Tiefen des Medialnet und kann in Bruchteilen von Sekunden überall auf der Welt sein.«
Sahara versuchte, streng auszusehen, freute sich aber viel zu sehr darüber, dass Kaleb mit ihr gespielt hatte – der kühle Blick und der eiskalte Ton hatten sie von dem abgelenkt, was er sagte. Und er hatte natürlich recht. Das Gespenst konnte niemand anderer sein als der kardinale TK -Mediale, der sie im Arm hielt. Sonst hätte Kaleb ihn ausgeschaltet, bevor er eine Gefahr für ihn werden konnte. Das stand ebenso unerbittlich fest wie seine Macht.
Es blieb nur die Frage, warum er diese Identität angenommen hatte, und die würde sie nicht stellen.
Denn die Antwort ergab sich aus den blutigen und sadistischen Qualen, die ein begabtes, verängstigtes Kind überlebt hatte, das niemanden hatte, an den es sich hätte wenden können. »Hatte der Anruf mit dem Gespenst zu tun?«, fragte sie stattdessen und hielt die Wut in Zaum, denn diese Nacht sollte nur ihnen gehören. Kein Schatten des Bösen sollte sie beschmutzen. »Hast du Mitrebellen?«
»Ja«, sagte er und küsste sie.
Sie öffnete die Lippen, alles Weitere konnte warten. Im Augenblick wollte sie nichts anderes, als sich in Kaleb verlieren. Kein anderer Mann konnte in ihr diese Leidenschaft entfachen, das hatte sie gemerkt, als sie einigen anderen Männern im Leopardenrudel begegnet war. Die Leoparden waren sinnlich und stark, voller Gefühl und Leidenschaft, sie lachten oft, und Spiel gehörte für sie zum Leben. Die Soldaten auf Patrouille waren freundlich zu ihr gewesen, hatten sogar geflirtet und wären noch weiter gegangen, wenn sie sie dazu ermutigt hätte.
Doch das hatte sie nicht getan, denn sie wollte nur Kaleb. »Ich war ziemlich klug mit sechzehn«, sagte sie leise und küsste seinen Hals, Vanilleduft stieg von seiner Haut auf und noch etwas anderes, das ihr die Luft nahm. »Hab’ mir schon damals den Typen mit dem meisten Sex-Appeal herausgepickt.« Selbst wenn er so unwiderruflich geschädigt war, dass sie ihn und auch sich selbst zerstören musste, um ihre Gattung zu retten, würde sie es erst dann tun, wenn alle Hoffnung für immer verloren war, wenn ihr Kaleb tatsächlich in den grausamen Händen eines schon lange toten Verrückten tödlich verwundet worden war.
»Ich will deine Haut spüren«, sagte er, und zog ihr immer noch entspannt wie selten den Pullover über den Kopf und hakte den BH auf.
Unter glitzernden Sternen küsste Sahara ihn, während die Welt sich mit jeder Stunde näher in Richtung auf einen möglichen Weltkrieg
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