Geheimnisvolle Beruehrung
Freiwilligen durchgeführt wurden.« Sie richtete sich wieder auf und spielte erneut mit den Fingern in seinem Haar. »Ich gehe kein Risiko ein, wenn ich in einen Verstand eindringe, Erinnerungen durchkämme, sie neu ordne oder auslösche, selbst dann nicht, wenn ich völlig neue hinzufüge.«
Kaleb streichelte ihre Wade. »Dafür brauchte Tatiana dich nicht. Sie kann selbst durch Schilde dringen, obwohl du mit dem Skalpell arbeitest und sie eher mit Hammer und Meißel.«
»Du hast recht, sie wollte natürlich die Kontrolle, die ich ausüben kann.« Tatiana konnte auch die Gedanken anderer kontrollieren, doch auf Dauer erschöpfte sie das physisch und psychisch und laugte sie völlig aus, selbst wenn es nur um eine Person ging. »Sie wollte durch mich zu noch mehr Macht gelangen.«
Angesichts ihrer Gabe hatte es eine Menge zu bedeuten, dass Kaleb seinen Kopf nun in ihre Hände legte. Nie war er vor ihr zurückgeschreckt, seit sie ihm gebeichtet hatte, was sie vermochte. Er hatte sie nur darum gebeten, nie in sein Gehirn einzudringen.
Ich möchte nicht, dass du siehst, was ich getan habe.
Das Versprechen war so tief in ihr eingebrannt, dass sie nicht einmal versucht gewesen war, es zu brechen, als sie noch nicht gewusst hatte, wer sie war. Kalebs Vertrauen war so wertvoll, es konnte durch nichts ersetzt werden.
»Was hast du noch entdeckt?«, fragte er mit geschlossenen Augen und ganz entspannt.
Ihr wurde ganz warm zumute, und sie küsste seine Wange. »In den ersten Jahren der Entführung brachte mich Tatiana verkleidet in die Nähe eines bestimmten Individuums und stellte durch Manipulationen einen körperlichen Kontakt her. Später sollte ich dann in das Bewusstsein der Person eindringen und sie dazu bringen, irgendwelche dummen Dinge zu tun.« Sie schluckte. »Ich habe es vor mir immer damit gerechtfertigt, dass es harmlose Tests waren, die mir Zeit verschafften.«
Kaleb hielt die Augen weiter geschlossen, fuhr mit der Hand aber unter ihr Hosenbein und umfasste den Knöchel. »Du hast Entscheidungen getroffen, um am Leben zu bleiben.« Er sah keinen Grund, warum sie sich deswegen schuldig fühlen sollte.
Sie rieb ihre Wange an seiner. »Aber ich habe zu lange gebraucht, ehe ich bemerkte, dass ich jedes Mal ein Stück von mir verlor, wenn ich in einen fremden Verstand zurückkehrte.« Und es gab keine Möglichkeit, Einfluss darauf zu nehmen, welche Erinnerungen in ihrem Kopf ausgelöscht wurden. »Wenn ich weitergemacht hätte, wäre ich vielleicht eines Tages völlig leer gewesen und Tatiana hätte mich nach ihrem Willen lenken können.« Sie schüttelte sich und umarmte Kaleb fester.
Er öffnete die Lider und sah sie an. »Bist du sicher, dass ich sie nicht foltern soll? Ich könnte sie brechen, bis sie auf die Knie sinkt und um ihr Leben bettelt.«
Das Angebot war absolut ernst gemeint. Ein Teil von ihr war fast versucht, es anzunehmen – schließlich war sie keine Heilige, und Tatiana hatte ihr so viel Gewalt angetan, dass sie beinahe vergessen hatte, wie es war, ein fühlendes Wesen zu sein – doch ihre Empfindungen für Kaleb waren stärker. Er lebte im Dunkel, sie durfte ihm nicht gestatten, sich von der Finsternis schlucken zu lassen, durfte ihn nicht benutzen, wie Tatiana sie hatte benutzen wollen.
»Keine Folter.« Sie setzte sich auf und massierte seine Schultern, weil sie ihn so gern berührte. »Wir sollten uns lieber darauf konzentrieren, herauszufinden, wer für den neuerlichen Entführungsversuch verantwortlich ist.«
»Darum kümmere ich mich.«
»Aber ich kann die Wahrheit herausfinden, ohne dass jemand es merkt«, sagte sie. »Ich bin sicher, dass es einer der Wärter gewesen sein muss, niemand sonst konnte herausfinden, was ich kann – und es macht mir nichts aus, in ihre Gedanken einzudringen.« Ganz abgesehen davon, dass sie Tatiana geholfen hatten, sie zu quälen.
»Nein.«
Sahara probierte es weiter mit ruhiger Vernunft und zornigen Argumenten, doch Kaleb war nicht umzustimmen. »Ich lasse nicht zu, dass du dich jemandem näherst, der dir etwas tun könnte.«
Sie nörgelte noch eine Weile, musste dann aber zugeben, dass sie die Schlacht verloren hatte. Sie würde Kaleb niemals kontrollieren können, und sie konnte auch nicht erwarten, jede Auseinandersetzung zu gewinnen – doch in einem Punkt würde sie sich nicht beugen. »Versprich mir, dass du nicht zum Lagerhaus zurückkehrst, um den Entführer zu töten.«
»Da du ihn nicht unter Kontrolle hast, ohne deine
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