Geheimnisvolle Beruehrung
genossen.«
Erleichtert erklärte Sahara, sie werde vor Einbruch der Nacht wieder zurück sein, und legte auf, bevor ihre Cousine fragen konnte, wo sie jetzt war.
»Du musst etwas essen«, befahl Kaleb, als sie ihm das Handy zurückgab und zeigte auf eine Reihe Energieriegel, die mittlerweile auf dem kleinen Tisch neben der Sonnenliege aufgetaucht waren. »Du bist noch nicht gesund genug, um Mahlzeiten auszulassen.«
»Ich bin auch am Verhungern«, sagte sie und setzte sich. Sie streifte Schuhe und Pistolenholster ab und nahm sich einen Riegel. »Es strengt mich nicht an, meine Gabe einzusetzen, verbraucht aber geistige Energie.« Ebenso wie die telepathischen Kontakte zu Kaleb, aber das hatte sie schon in ihren Kalorienverbrauch mit eingerechnet.
Kaleb lehnte sich an das Geländer und schwieg, bis sie fertig gegessen und getrunken hatte. »Du gehst viel selbstbewusster mit deinen Fähigkeiten um.« Der Ausdruck auf seinem Gesicht war nicht zu deuten, doch in seinem eisigen Ton lag Anerkennung. »Deine Ablehnung habe ich nie geteilt.«
»Ich war jung.« Sie lächelte, als ein zweiter Energieriegel auf sie zuschwebte. »Und du warst schon immer überbehütend.« Sie griff nach dem Riegel und riss das Papier ab.
»Du bist mir wichtig.«
So einfach. So ehrlich. So übermächtig.
Sie strich sich mit der Hand über die linke Brust und teilte ihre Geheimnisse mit dem einzigen Individuum, das sie nie verraten oder benutzen würde. Es war kein Widerspruch für sie, dass dieselbe Person ein weltumspannendes Imperium gründen wollte. »Meine Gabe ist stärker geworden.« Mit sechzehn war sie noch nicht gefestigt gewesen, deshalb konnte Tatiana sie überhaupt einsperren. Einmal gefangen, hatte sie nicht mehr ausbrechen können – Sahara konnte durch jeden Schild gelangen, nur nicht durch einen, der ihren Geist umschloss.
Das war ihre größte Schwäche, ein natürlicher Ausgleich für die Macht, die sie in Händen hielt.
Niemand konnte sie jetzt noch so leicht einkerkern, doch vor sieben Jahren war sie ein verängstigtes Mädchen gewesen und Tatiana eine mächtige Telepathin, die Erfahrung mit mentaler Gewalt besaß. Auch Enrique musste eine Rolle dabei gespielt haben – die Übelkeit, die in ihr aufstieg, sobald sie an ihn dachte, war Beweis genug.
»Sobald ich in den Schilden Tatianas eingeschlossen war, erstickte sie meine Fähigkeiten, von kurzen Momenten der ›Freiheit‹ abgesehen, in denen ich sie benutzen sollte.« Die ehemalige Ratsfrau hatte Sahara brechen wollen, bis sie ihr aus der Hand gefressen und ihre Gabe nicht mehr gegen sie verwandt hätte. »Doch die gewaltsame Komprimierung meiner Kräfte hat das Wachstum auf eine Weise beschleunigt, mit der Tatiana nicht gerechnet hat.« Sahara hatte diese Entwicklung im Labyrinth versteckt, denn Tatiana konnte chaotische Zustände nicht aushalten. »Ich muss niemanden mehr berühren – ich muss ihm nur noch nahe kommen.«
»Dadurch entfällt eine gefährliche Verletzlichkeit«, sagte Kaleb so frostig, dass er sicher an die hässlichen Dinge dachte, die ihr zugestoßen waren. »Wenn dich jemand früher außer Gefecht gesetzt hat, warst du hilflos, solange er aufpasste, dass er dich nicht unabsichtlich berührte.«
Fröstelnd schlang sie die Arme um ihren Oberkörper. »Setz dich doch zu mir. Ich kann es nicht ertragen, wenn du so allein im Dunkeln stehst.«
Er kam, setzte sich nicht zu ihr, sondern auf den Boden und lehnte sich an ihre Beine. Sie öffnete die Knie und zog ihn zu sich, fuhr ihm mit den Fingern durch das weiche Haar.
»Ich bin im Dunkeln mehr zur Hause als im Licht«, sagte er leise.
»Das weiß ich.« Es schmerzte sie, und dennoch war es wie ein Wunder, hier mit ihm unter dem glitzernden Sternenhimmel zu sitzen und zu wissen, dass er ihr gehörte. In diesem Moment zählte nichts anderes, weder der Bürgerkrieg, noch sein zerstörtes Gewissen, noch ihr Verdacht, er könnte Dinge getan haben, die durch nichts zu rechtfertigen waren. Es gab nur die samtschwarze Nacht und Kalebs warmen Körper. »Aber ich kann nicht ertragen, wenn du einsam bist.«
Er griff nach ihrer Hand und küsste die Handfläche. »Ich spüre dich in mir, in jedem Augenblick.«
Mit brennenden Augen schlang sie die Arme um ihn und legte den Kopf an seine Wange. »Ich habe noch etwas entdeckt, das sehr problematisch werden kann«, sagte sie. »Die Telepathin, die mich ausbildete, hat es nicht bemerkt, und ich zu der Zeit ebenso wenig, wahrscheinlich weil die Tests an
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