Geheimnisvolle Palmblätter: Ist unser Leben Schicksal oder Zufall, Karma oder Chaos? (German Edition)
fand ein eklatanter Niedergang der Bedeutung der Religionen als sinnstiftende Institutionen statt – die Menschen „glaubten“ der Religion immer weniger, den neuen Wissenschaften aber immer mehr. Ein „Sinnvakuum“ entstand.
Halb wurden nun die Naturwissenschaften hineingezogen, halb drängten sie von sich aus in dieses Vakuum. Es entstand die als selbstverständliche und selbst-evidente Wahrheit angenommene (unzutreffende) Auffassung, daß die Erkenntnisse der Naturwissenschaften die Beantwortung nach Sinnfragen ermöglichen.
Nichts falscher als das, schreibt Herbert Pietschmann. Da die Naturwissenschaften ausdrücklich die Sinnfrage ausgeklammert hatten, auf dieser Selbstbeschränkung ihren Erfolg aufbauten (und dementsprechend auch keine eigenen Erfahrungen mit möglichen Sinnangeboten sammeln konnten), wären sie als „Sinnstifter“ eine glatte Fehlbesetzung.
Professor Pietschmann schlägt deshalb vor, auch an den Universitäten einen neuen Wissenschaftszweig formell zu etablieren: die Metaphysik. Wann werden sich die staatlichen Institutionen wohl dazu bequemen?
Auf dem Weg zur Erleuchtung?
Wenigstens kurz will ich einen Denkansatz des französischen Physikers und Computerforschers Jean Charon erwähnen. Er geht davon aus, daß es zwar ein Gesetz der Entropie gäbe, das sich auf die materielle Struktur beziehe. Danach verlieren bekanntlich alle Strukturen nach und nach an Differenzierung und alles endet in einer gleichmäßigen und formlosen Verteilung von Materie. Dem stehe jedoch das Gesetz der „Negentropie“ gegenüber. Dieses Gesetz besage, daß in der Dimension des Geistes genau die gegenläufige Entwicklung stattfinde, nämlich eine Zunahme von Bewußtsein, Erinnerungsvermögen, Intelligenz und Liebe – bis im Geistigen eines Tages nur noch die reine Erleuchtung bestehe. Charon versucht, die Elektronen als Träger des Geistes anzusprechen und nennt sie Äonen.
In seinen Büchern „Der Geist der Materie“ und „Tod, wo ist dein Stachel“ führt er diese Gedanken weiter aus. Was haben Bewußtsein und Materie miteinander zu tun? Gibt es eine Art von Weltformel für unsere Wünsche und Gedanken, für unser seelisches Empfinden?
Eine „Weltformel“ aus der Psychologie
St. Gallen in der Ostschweiz. Am Rande der Stadt, in einerseltenen ländlichen Idylle wohnt Professor Verena Kast. Siezählt zu den bedeutendsten Psychologinnen unserer Zeit.Verena Kast ist durch ihre Deutung von Symbolen und Archetypen, von Träumen und Märchen bekannt geworden (siehe auch Literaturhinweise). Sie ist Psychologieprofessorin in Zürich, Dozentin am C.G. Jung-Institut, Lehranalytikerin und im Vorstand internationaler Gesellschaften für Analytische Psychologie und für Tiefenpsychologie tätig. Nicht zuletzt ist sie eine besonders charmante, feinsinnige und humorvolle Gesprächspartnerin.
Ich fragte sie, ob es auch in der Seelenforschung ein Streben nach Vereinheitlichung von Wissen und Erkenntnissen gibt? Gibt es so etwas wie die Suche nach einer „Weltformel der Psychologie“ analog der Suche nach der Weltformel in derPhysik? Frau Professor Kast lachte zunächst herzlich, bevor sie antwortete: „Sehen Sie, es ist ja ein Beweis dafür, daß der Archetypus der Ganzheit am Werke ist, wenn man eine Weltformel sucht. Wenn man danach fragt, was das Allgemeine an der Psychologie ist, so könnte man sagen, daß der Mensch sich entwickeln muß. Der Mensch muß sich von der Geburt, vielleicht auch schon vorher, bis zu seinem Tode entwickeln.
Die Entwicklungsschritte, die Entwicklungsanforderungen im Laufe des Lebens können verschieden sein, bermutlich von Kultur zu Kultur. Aber es scheint so zu sein, wenn wir die Entwicklungsanforderungen nicht leisten, daß wir dann psychisch krank werden.
Der Mensch muß sich entwickeln, vom Anfang bis zum Ende – das schiene mir allgemeinste Psychologie zu sein. In der Jung'schen Psychologie geht es dann um mehr: Diese Entwicklung soll den Menschen zu sich selbst bringen, der Mensch soll die oder der werden, die oder der er ist.
Der Sinn wäre, soweit wie möglich das zu werden, was in mir angelegt ist – also diese Schicksalskombination, die ich bin, bewußt nachträglich zu bestätigen und zu bejahen und das auch versuchen zu leben. Das wäre dann so eine Art `Weltformel', das wäre dann die Ganzheit.
Dann gibt es in der Jung'schen Psychologie noch einen Wurf: Je mehr ich mich annähere an mein persönliches Selbst, umso mehr werde ich auch ein Mensch (im
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