Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)
bestimmt … bestimmt weißt du doch, wie man sie aufhalten kann? Es muss doch irgendeinen Weg geben?«
Er schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, wenn ich bei dir einen falschen Eindruck von der Bedeutung meiner Position erweckt haben sollte«, sagte er. »Tatsächlich bin ich das jüngste Mitglied unserer Kanzlei und besitze dort ungefähr so viel Einfluss wie ein x-beliebiger Streichholzverkäufer auf der Straße.«
Grace brachte tatsächlich ein kleines Lächeln zustande.
»Nein, diese delikate Angelegenheit verlangt nach einer List. Ich werde mich einem der älteren, erfahrenen Anwälte unserer Kanzlei anvertrauen und um seinen Rat bitten.«
»Wie kann ich erfahren, was vor sich geht? Soll ich wieder hierherkommen?«
Er überlegte kurz. »Kannst du das Haus abends für kurze Zeit verlassen?«
»Schon möglich«, sagte Grace.
»Dann müssen wir einen Treffpunkt ausmachen. Kennst du den Briefkasten am Ende der Edgeware Road?« Als Grace nickte, fuhr er fort: »Ich kommejeden Abend gegen acht Uhr daran vorbei. Ich könnte dort meinen Heimweg unterbrechen und auf dich warten.«
»Das könnte aber lange dauern, weil ich nie weiß, ob ich aus dem Haus kann.«
»Dann bin ich eben jeden Abend eine Stunde lang dort, so lange, bis du kommst«, sagte James. »Und dann entscheiden wir gemeinsam, wie es weitergeht.«
Grace schaute ihn an und sagte mit zitternder Stimme: »Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll.«
»Es ist mir eine Ehre und ein Vergnügen«, sagte er. »Dies ist ein sehr berühmter Fall, der mir vielleicht helfen wird, meinen Namen in der Anwaltschaft bekannt zu machen. Außerdem … «
Grace blickte zu ihm auf.
»Außerdem … «, sagte er noch einmal, drückte ihr dann einfach die Hand und schaute sie lächelnd an, bis Grace vor Verlegenheit errötete und den Blick abwenden musste. »Wenn du Zeit findest, geh zum Somerset House, um Geburtsurkunden für dich und deine Schwester ausfertigen zu lassen. Und, was noch wichtiger ist, besorge dir eine Heiratsurkunde eurer Eltern.« Er holte ein paar Münzen aus seiner Tasche. »Die Urkunden kosten jeweils einen Shilling.«
»Ich kann doch kein Geld von dir nehmen!«
»Keine Widerrede«, sagte er und blickte sie mit augenzwinkernder Strenge an. »Ich werde dir fünfShilling leihen, so lange, bis du in den Besitz deines Vermögens gekommen bist. Danach kannst du sie mir zurückzahlen – von mir aus auch mit Zinsen, wenn du magst.«
ABSONS RIECHSALZ
Stellt die weiblichen Lebensgeister wieder her.
Berühmt für seine anregende, belebende Wirkung
bei allen Störungen des Blutes.
Hilft gegen Kopfschmerzen, Gallenleiden, Zittern und alle anderen
Unpässlichkeiten des weiblichen Geschlechts.
Die besondere HEILKRAFT der PILLEN:
Magische Wirkung auf die lebenswichtigen Organe.
Kapitel 23
Am folgenden Nachmittag und nur eine halbe Meile weiter die Straße entlang, saß Miss Charlotte Unwin in Begleitung ihrer Eltern in einem imposanten, holzgetäfelten Büro den zwei Senior-Partnern der renommierten Anwaltskanzlei Binge und Gently gegenüber, um das Familienerbe der Parkes für sich zu reklamieren.
Miss Charlotte, die ihren neuen Familienhintergrund sorgfältig einstudiert hatte, sah heute ein wenig verändert aus. Nicht so sehr, dass die Nachbarn misstrauisch geworden wären, sondern nur um ein paar kleinere, vorübergehende Maßnahmen, die man späterwieder rückgängig machen konnte. Da die Unwins nicht wussten, ob es außer den beiden Schwestern noch jemanden gab, der über die äußere Erscheinung der Parkes-Eltern Auskunft geben konnte, hatten sie sich bemüht, Miss Charlottes Äußeres etwas mehr dem Typ von Lily und Grace anzunähern: Ihr sonst rosiger Teint erschien dank einer großzügigen Schicht Gesichtspuder nun ein wenig blasser, und ihr Haar war mit einer Mischung aus Glycerin, Rotwein und Rosenwasser behandelt worden, damit es etwas dunkler wirkte. Verstärkt wurde dieser Effekt noch durch einen künstlichen Schopf kupferroter Locken, der in ihrem Haar befestigt worden war und jedes Mal auf und ab hüpfte, wenn sie aufgewühlt in Tränen ausbrach – was ziemlich oft der Fall war.
»Mein Liebes, ich weiß ja. Solch ein Schock!« Ihre Mutter brachte ein Fläschchen mit Riechsalz aus ihrer Krokodillederhandtasche zum Vorschein und wedelte Charlotte damit unter der Nase herum. »Aber du wusstest doch schon immer, dass du adoptiert wurdest, nicht wahr?«
Charlotte schniefte unter Tränen.
»Und jetzt werden wir zusammen
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