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Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Titel: Geheimnummer. Kein Sex nach Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Leipert
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Blick zu haben.
    »Was ist denn passiert? Habt ihr euch gestritten?«, fragte sie leise mit Rücksicht auf die zugespachtelte Mumie.
    »Ja, aber wenn’s nach Tim geht, nicht genug.« Ich ließ mich in ihren abgenutzten Ledersessel fallen und erzählte ihr von unserem Gespräch über Mona und Daniel und Tims Problem damit, dass ich keine Probleme damit hatte. »Und wenn du mir gleich gesagt hättest, dass du nicht mit ihm geschlafen hast, hätte ich gar nicht erst angefangen, ihm das zu verzeihen«, versuchte ich schließlich eine Teilschuld an meinem Dilemma auf Tina abzuwälzen.
    Sie starrte mich entsetzt an: »Was? Aber … aber …? Was hat Tim denn gesagt? Ich meine, wieso denn? Ich habe ihn doch nur … Hör mal, Schätzchen, daran würde ich doch nie im Leben denken.«
    »Aber du hättest dir vielleicht denken können, dass ich daran denke. Ich meine, was hätte ich denn sonst denken sollen?«
    »Na ja, vielleicht, dass ich deine beste Freundin und verheiratet bin«, sagte Tina übertrieben empört. »Mann, Karina, du bist echt so ein verdammter Querkopf. Sorry, Schätzchen, aber du bist … du bist echt ziemlich …«
    »Schwanger«, entfuhr es mir plötzlich.
    »Was?« Tina sah mich einen Moment lang an, als wäre ihr dieses ominöse Wort unbekannt.
    »Ich bin echt ziemlich schwanger.«
    So, jetzt war es raus. Zwar nicht vor Tim und auch nicht in der feierlichen Stimmung, die man für solche Art von Neuigkeiten im Allgemeinen reserviert hatte, aber mein Geheimnis war endlich kein Geheimnis mehr.
    »Im Ernst? Von Tim?«
    »Natürlich von Tim, was denkst du denn?«
    Tina warf mir einen Blick zu, der mehr als deutlich machte, was sie dachte. Aber wenigstens ihr war die Freude noch nicht vergangen. Sie drückte jetzt fürsorglich ihre Zigarette aus, wedelte den Rauch in den Laden und umarmte mich.
    »Mensch, Kleine, aber das ist doch toll. Das begießen wir jetzt erst mal. Ein Gläschen Sekt schadet ja wohl nicht. Und was sagt Tim dazu?«
    »Noch gar nichts. Er braucht ja ausgerechnet jetzt Zeit für sich allein.«
    »Schätzchen, das ist doch ganz egal, was er jetzt gerade braucht. Du musst es ihm trotzdem sagen.« Tina holte einen Piccolo aus ihrem Kühlschrank. »Wenn er weiß, dass ihr ein Kind bekommt, dann ist die Geschichte mit Daniel ganz schnell vergessen.«
    »Es gibt aber keine Geschichte mit Daniel. Und darum geht es ihm auch gar nicht. Es ist ein ganz allgemeines Zeitproblem.«
    Langsam konnte ich das Wort nicht mehr hören. Es war wie eins dieser kleinen, ganz alltäglichen Wörter, die immer merkwürdiger klangen, je öfter man sie vor sich hin sagte. Zeit. Zait. Zaaiit. Tzait. Tssait.
    »Na gut, aber du hast nun mal jetzt keine Zeit.« Tina schüttete den Sekt in zwei Kaffeetassen.
    »Das habe ich ja auch gedacht. Aber wenn Zeit nur ein anderes Wort für Abschied ist, dann will ich auch nicht, dass er wegen des Babys zu mir zurückkommt. Sondern wegen mir.«
    Tina ließ die Kaffeetassen sinken und legte ihren Arm um meine Schulter. Sie fühlte sich tatsächlich mitschuldig, das merkte ich.
    »Ach, Karina. Tim wird sich bestimmt bald bei dir melden.«

Saure-Gurken-Zeit
    Tim meldete sich aber nicht. Nicht bei mir zu Hause, nicht auf meinem Handy, nicht in der Redaktion. Ich traute mich kaum noch, mich weiter als zehn Meter von einem Telefon zu entfernen. In meiner Wohnung prüfte ich regelmäßig die Leitungen. Es wurde zu einem Ritual, dass ich Tina bat, mich zum Test anzurufen, nur um schnell wieder aufzulegen, für den Fall, dass Tim anrief. Er rief nicht an. Auch die nächste Woche nicht oder die Woche danach. Nach drei Wochen war ich mir fast sicher, die wahre Bedeutung von »Zeit« verstanden zu haben, und als ich eine Woche später immer noch nichts von ihm gehört hatte und mir auch meine weiteste Jeans nicht mehr passte, war mir klar, dass ich auf jeden Fall keine Zeit mehr hatte. Ich fuhr zu ihm.
    Er war nicht zu Hause, aber Chris war da und meine Mutter. Vielleicht lag es ja an einem seitenverkehrten Ödipuskomplex, aber jedes Mal, wenn ich meine Mutter mit einem ihrer jugendlichen Freunde antraf, stellte ich sie mir automatisch beim Sex vor. Bei Chris kam noch erschwerend hinzu, dass ich wusste, wie er beim Sex war. Daher saß ich den beiden etwas steif gegenüber und versuchte, die zerzausten Haare meiner Mutter nicht darauf zurückzuführen, dass ich sie womöglich aus dem Bett geklingelt hatte. Ich suchte nach einem unverfänglichen Gesprächsthema. Ich war nicht in der

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