Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Titel: Geheimnummer. Kein Sex nach Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Leipert
Vom Netzwerk:
bei dir, okay?«
    Wieder nickte ich und versuchte, meine Tränen wegzublinzeln. Ich blickte auf. Tim hob seine Hand, als wollte er mir durch die Haare fahren, strich sich dann jedoch selbst damit über den Nacken. Alles wirkte plötzlich ungelenk zwischen uns. Jede Geste, jeder Blick.
    »Also, bis dann, mach’s gut«, sagte er, blieb aber stehen, bis ich auch etwas gesagt hatte. »Ja. Du auch. Tschüs dann.«
    Tim ging, ohne sich noch mal umzudrehen. Ich verharrte fast bewegungslos auf der Stelle. Was sollte das sein? Ein Abschied? War Zeit nur ein anderes Wort für Schluss, aus, Ende, vorbei? Ich schaute Tim nach. Er war schon wieder in ein Gespräch mit Mona vertieft. Wofür brauchte er Zeit? Was bedeutete Zeit?

Sektlaune
    »Was bedeutet Zeit?«
    Ich stürzte in Tinas Schönheitssalon und überfiel sie sofort mit dieser lebenswichtigen Frage. Tina war gerade dabei, einer Kundin eine verjüngende Gesichtsmaske aufzutragen, und ging daher nur bedingt darauf ein. »Hä?«
    Ich warf mich in den zweiten Behandlungsstuhl neben der Kundin, drehte mich zu Tina und wiederholte etwas deutlicher: »Was bedeutet Zeit?«
    Tina ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie rührte eine zähe, grünbraune Masse an, die ich bestenfalls ins Klo, aber mit Sicherheit nicht in mein Gesicht getan hätte. »Schätzchen, meine Philosophiestunden halte ich immer mittwochs ab. Das Einzige, was ich dir über Zeit sagen kann, ist, dass ich gerade keine habe.«
    Angewidert beobachtete ich, wie sie der etwa vierzigjährigen Frau neben mir die klebrige Masse vorsichtig ins Gesicht schmierte, und schwor, mich selbst mit fünfzig und canyonartigen Gräben unter den Augen nie so einer Prozedur zu unterziehen.
    »Okay, Tina, also mal angenommen, wir beide wollen zusammen etwas unternehmen, und ich würde dich anrufen und sagen, ich brauche Zeit. Was könnte ich damit meinen?«
    Nun überlegte Tina doch, ohne dabei ihre Arbeit zu unterbrechen. Mit einem Rätsel konnte man sie immer ködern. »Kommt darauf an, was wir unternehmen wollen. Wenn es eine von deinen langweiligen Sportgalas ist, zu denen du mich immer mitschleppst, würde ich denken, du willst dich um den offiziellen Teil drücken und kommst rechtzeitig zur Büfetteröffnung.«
    Allerdings versuchte Tina immer, die Rätsel auf eine sehr pragmatische Weise zu lösen. Ich überlegte, ob man ihr Beispiel auf Tims Auffassung von Zeit übertragen konnte.
    »Aber es würde nicht heißen, dass ich überhaupt nicht mehr komme, oder?«, vergewisserte ich mich.
    »Nein, sonst hättest du ja gesagt, du hast keine Zeit.«
    Stimmt. Wenn Tim überhaupt keine Zeit mehr für mich hätte, hätte er gleich unsere ganze Beziehung absagen können. »Zeit brauchen« war also nicht gleich »keine Zeit haben«, nicht endgültig, nur vorübergehend, kein Schlussstrich, sondern eher ein Gedankenstrich, kein Abschied, sondern …
    »Es sei denn«, brachte Tina meine beruhigende Erkenntnis zum Thema Zeit wieder durcheinander. »Es sei denn, du vergisst in dieser Zeit unsere Verabredung, weil du Besuch bekommst oder einschläfst. Dann würdest du mit Sicherheit auch nicht mehr zum Büfett vorbeikommen, Schätzchen.«
    »Besuch?« Ich erschrak. Unsere beziehungslose Zeit durfte also nicht durch einen Dritten gestört oder womöglich zur Routine werden. »Aber wenn ich einschlafe, könntest du mich doch wecken, oder?«
    »Bloß nicht, du weißt doch selbst, wie unausstehlich du dann bist.« Tina hatte die Maske vollendet und betrachtete stolz ihr Kunstwerk.
    Entnervt stieß ich mich mit den Füßen am Boden ab und drehte mich eine Runde mit dem Stuhl um mich selbst. »Aber um mich geht es doch gar nicht.«
    »Und warum fragst du dann?«
    Ich drehte noch ein paar Runden. »Tim hat gesagt, er braucht Zeit«, sagte ich schließlich leise.
    Tina hielt meinen Stuhl fest und schaute mich erschrocken an: »Was? Wofür?«
    »Ebendas habe ich doch gerade versucht, herauszufinden.«
    »Wenn Männer so etwas sagen, dann ist es meistens schon zu spät«, meldete sich jetzt plötzlich Tinas Kundin zu Wort, die unser Gespräch hinter ihrer braungrünen Fassade mitgehört hatte. Mit der angetrockneten Gesichtsmaske sah es so aus, als würde eine halbverweste Mumie zum Leben erwachen. Ich hätte ihr mit der restlichen Masse am liebsten noch den Mund zugespachtelt, aber Tina warf mir einen ermahnenden Blick zu und zerrte mich ins Hinterzimmer. Sie zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich gegen den Türrahmen, um den Laden im

Weitere Kostenlose Bücher