Geheimorder Riesenauge
hatte, wußte, daß es diesem Mann keineswegs an Tatkraft mangelte und daß er auch mehr als das Maß an Intelligenz besaß, das erforderlich war, um eine Situation richtig einzuschätzen.
Wenige Augenblicke nach dem Dreier-Team erschien Anne Burner, Psychologin, und nach dem erhabenen, unantastbaren Ratschluß der Experten, die diese Expedition geplant hatten, die Gemahlin seiner Verklärtheit, des Tumadschin Khan. Wer mir vor einem Jahr auseinanderzusetzen versucht hätte, daß eine Frau vom Typ Anne Burners, hochgewachsen, hager, grobknochig und mit einem Gesicht, das an die Physiognomie eines Pferdes erinnerte, die Rolle meiner Frau spielen würde, den hätte ich ausgelacht. Heute jedoch hatte ich mich nicht nur mit der ständigen Anwesenheit der absolut unweiblich wirkenden Dame abgefunden, ich hatte Anne auf eine eigene, fast hätte ich sagen mögen »platonische« Art und Weise zu verehren begonnen.
Sie nahm Platz und warf mir einen freundlichen Blick zu. Sie hatte sich kaum hingesetzt, da platzte Hannibal Othello Xerxes Utan in den kleinen Raum. MA-23, GWA-Schatten par excellence, befand sich offensichtlich im Zustand höchster Erregung. Die Augen leuchteten aus dem von unzähligen Falten durchzogenen Gesicht, und seine Stimme klang schrill und heiser zugleich, als er hervorstieß:
»Mann o Mann! Die Burschen sind wirklich hartnäckig!«
Die Bemerkung bezog sich ohne Zweifel auf eine Beobachtung, die er beim Abhören der orghschen Gedankenimpulse gemacht hatte. Ich war begierig zu hören, was er zu sagen hatte. Aber Anne Burner kam mir in die Quere. Sie warf zunächst einen ostentativen Blick auf die Uhr, sodann einen mißbilligenden auf Hannibal und erklärte mir kühler Stimme:
»Ich erinnere mich an einen Fall, bei dem der Major sich über mein spätes Erscheinen zu einer Besprechung bitter beklagte. Da er sonst so auf Pünktlichkeit bedacht ist, möchte ich von ihm hören, warum er ausgerechnet zu dieser kritischen Besprechung zu spät kommen muß.«
Wer sie nicht kannte, der mußte ihren Vorwurf für ernst halten. Wir alle jedoch wußten, daß es zwischen Anne und Hannibal des öfteren solche Geplänkel gab. Es war, als ob sie sich verabredet hätten, durch diese Einlagen unseren ansonsten von Routine und bitterem Ernst beherrschten Alltag aufzulockern.
Hannibal spielte mit. Mit empörtem Gesichtsausdruck wandte er sich der Psychologin zu.
»Ich möchte Sie darauf hinweisen, Dr. Burner«, antwortete er, »daß es meine Aufgabe ist, die Orghs unter telepathischer Kontrolle zu halten. Was sie in diesen Augenblicken denken, ist von großer Bedeutung für die Besprechung, die wir hier durchführen wollen. Ich blieb bis zum letzten Augenblick auf meinem Posten, damit ich Ihnen die neueste Information bringen kann. Sie haben weder Recht noch Anlaß, mich zu tadeln.« Er stemmte die Arme in die Seiten und grinste plötzlich. Mit völlig veränderter, heiterer Stimme fuhr er fort: »Außerdem habe ich in der Eile die Antigravschächte verwechselt, und es dauert verdammt lange, bis man vom Top-Deck wieder hier herunterkommt.«
Das Geständnis, daß er den Weg verfehlt hatte, kam so unerwartet und wirkte so verblüffend, daß wir alle lachten, Anne Burner nicht ausgenommen.
»Im Ernst«, sagte Hannibal mit Nachdruck, nachdem die erste Heiterkeit sich gelegt hatte, »die Orghs legen es weiterhin darauf an, uns an der Nase herumzuführen. Die Meuterei zum Beispiel fand nicht wirklich statt.«
Aller Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf ihn.
»Der Kommandantenwechsel ist lediglich vorgetäuscht«, erklärte Hannibal. »Die Meuterei wurde erfunden, weil
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