Geheimprojekt Styx
fühlte er sich mit acht zusätzlichen Männern wohler. Der Grund für seine Vorsicht, die inzwischen schon in Paranoia gipfelte, war genauso simpel wie komplex.
Im Laufe ihrer Geschichte hatte die SACS unzählige Operationen durchgeführt und sich dabei nicht nur Freunde gemacht. Zwar stand die Rechtmäßigkeit der Aktionen zu keiner Zeit in Frage, doch wenn man ein Journalistenduo gewaltsam aus den Händen der FARC befreite oder einer Gruppe Taliban gewaltsam begegnete, um die Hinrichtung ihrer Geisel live im Internet zu verhindern, erzeugte das schlicht und einfach gewisse Rachegelüste. Hinzu kamen die Gegner, die Howell sich in Südafrika gemacht hatte. Da er regelmäßig den Personenschutz sowohl für den Innen- als auch den Außenminister stellte, hatten sie sich auch bei deren Gegnern unbeliebt gemacht. Und ein Innenminister hatte, gerade in einem Land mit ausgeprägter Kriminalität, immer Feinde, die auch gerne zur Waffe griffen.
So war es bereits zweimal zu Angriffen auf die Fahrzeugkolonne Howells gekommen, in deren Anschluss es intensive Feuergefechte gegeben hatte. Doch bisher waren die Angriffe nicht wirklich gefährlich gewesen, waren die Mitarbeiter der SACS doch ausgezeichnet ausgebildet und gerüstet.
Das Klingeln seines Smartphones riss Howell aus den Gedanken. Er nahm den Anruf entgegen.
„Mister Howell“, eröffnete der Polizeichef von Kapstadt das Gespräch. „Mir wird gerade gemeldet, dass man einen Spanier in den Docks verhaftet hat. Er war bewaffnet und hat herumgeschossen. Gehört der zu Ihnen?“
„Schicken Sie mir bitte das Bild des Mannes.“
„Moment.“ Keine zwanzig Sekunden später sah Howell das Gesicht von Santiago Gorro, der bewusstlos auf dem Pier lag.
„Ja, der Mann gehört zu uns. Er ist ganz frisch eingestellt worden, eher durch einen Zufall war er im operativen Einsatz.“
„Schön, dass er auch seine Papiere bei sich hatte“, meinte der Polizeichef sarkastisch. Howell überging diesen Seitenhieb, er hatte für solche Kleinigkeiten keine Zeit.
„Sagen Sie mir einfach, wo er sich befindet, dann hole ich ihn ab.“
„Moment mal. Sie sind in Kapstadt?“
„Gerade die Autobahn verlassen“, brummte Howell bloß.
„Sie hätten Bescheid geben sollen, dann hätte ich Ihnen einen Streifenwagen geschickt, der Ihnen den Weg freimacht.“
„Nein, nein, das geht so in Ordnung. Also, wo ist mein Mann?“
„Mister Howell, Sir!“, rief plötzlich John Drake vom Fahrersitz aus.
„Moment“, sagte Howell, an seinen Gesprächspartner gewandt. „John?“
„Mister Mangope hat sich gemeldet. Er steht im Büro seiner Schwester und macht sich Sorgen. Er braucht umgehend ein Team und einen Wagen. Ferner will er wissen, wo Mister Gorro ist.“
„Gorro holen wir ab, der hintere Wagen soll zu Mangope fahren, wir treffen uns dann bei ihm.“
Drake fragte gar nicht mehr, ob die Anweisung seines alten Chefs ernst gemeint war. Sie waren es, immer. Der Umstand allerdings, dass Howell einen Wagen seiner persönlichen Eskorte abstellte, ließ den ehemaligen britischen MI6-Agenten ins Grübeln kommen. Denn es konnte nur bedeuten, dass Mangope für Howell eine nicht unerhebliche Bedeutung hatte. Sonst hätte er sich nicht zu diesem Schritt entschieden.
„Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“, fragte der Polizeichef und Howell wandte seine Aufmerksamkeit wieder ihm zu.
Ich werde zu alt dafür, dachte er, langsam bin ich wirklich zu alt. Wird Zeit, dass Mike die Geschäfte übernimmt.
Dieses Mal waren es keine drei SACS-Mitarbeiter, die in den Kongo aufbrachen. Und es war auch keine Rettungsmission. Die erste von zwei grauen Pilatus PC-12 transportierte Mike Hendricks und Nadia Sanchez, ferner Vorräte und drei Motorräder. In der zweiten Maschine saßen zehn operative Kräfte der Afrika-Abteilung der South African Consulting Service sowie der Fährtenleser Nahas Angula. Sie hatten im Norden Sambias einen Zwischenstopp eingelegt, um aufzutanken, und befanden sich nun auf dem Weg in den Kongo.
Sanchez hatte ihre Wanderstiefel ausgezogen und die Füße auf den Vordersitz gelegt, während Hendricks neben ihr döste, den Kopf auf ihrer Schulter. Sie strich ihm durch die kurze, dynamische Frisur und er brummte bloß irgendetwas, das sie nicht verstand. Dennoch entlockte es ihr ein Lächeln. Hendricks war in letzter Zeit immer ernster geworden, selbst wenn er es zu verbergen versuchte, ohne Erfolg allerdings, doch das sagte Sanchez ihm nicht. Sie sagte ihm auch nichts von
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