Geheimprojekt Styx
Wein aus heimischer Produktion gefüllt war, zum Prosten in die Höhe: „Cheers!“
„Cheers!“, erwiderte der Rest des Tisches und Hendricks nahm einige Schlucke mehr, als es eigentlich üblich gewesen wäre. Während des Essens plauderte man über allerhand nichtige Themen, wie das Wetter, amüsante Anekdoten aus der eigenen Vergangenheit, bei denen sich Hendricks komplett zurückhielt, er schwieg ebenso wie Sanchez, und über Geschehnisse in aller Welt, die allerdings wenig mit der Realität, wie Hendricks sie kennengelernt hatte, zu tun hatten.
Als das Dessert aufgetischt wurde, wechselte Naidoo wenig elegant, aber gekonnt das Thema. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf Sanchez, konnte seine Augen allerdings kontrollieren. Vermutlich liegt es daran, dass seine Frau dabei ist, dachte Hendricks und inspizierte das Eis vor sich in der Schale aus verziertem Glas, das aus der Schweiz stammte.
„Miss Sanchez, ich habe ja schon von Frank eine Menge über seinen Sohn gehört, doch er hat Sie nie erwähnt. Erzählen Sie doch bitte etwas.“ Er lächelte, ein Politikerlächeln, der Sorte, wie Hendricks es hasste, und sah kurz zu Hendricks hinüber. Der Erbe der SACS und des Weinguts erwiderte den Blick, neutral, aber dennoch bestimmt und stand dann plötzlich auf, die Hand in der Innentasche seines Jacketts, als würde dort sein Smartphone vibrieren.
„Entschuldigen Sie bitte.“ Er verschwand im Nebenzimmer, wo Boratto auf einem Stuhl saß, ein SIG SG553 in der Hand und mehrere Ersatzmagazine aneinander befestigt.
„Art“, sagte Hendricks und steckte das Smartphone wieder weg. „Mach den Schrank auf und gib mir den Scotch.“
„Sofort.“ Boratto öffnete den Schrank, auf den Hendricks gezeigt hatte, und entnahm diesem eine alte Flasche Scotch. Hendricks nahm die Flasche entgegen, riss den Korken heraus und nahm einige große Schlucke. Direkt aus der Flasche, ohne abzusetzen oder das Gesicht zu verziehen.
„Wenn du einen Schuss hörst, war es der Innenminister“, meinte er noch, ließ die Flasche stehen
und einen verwirrten Boratto zurück.
„Mittelamerika“, meinte Hendricks, als er sich wieder an den Tisch setzte.
„Natürlich, die Arbeit, Mister Hendricks“, meinte Naidoo und schaute verständnisvoll drein. „Miss Sanchez war gerade dabei zu erzählen, wie Sie Ihnen bei der Geiselrettung auf den Bahamas geholfen hat.“
Hendricks nickte und unterdrückte gleichzeitig ein lautes Lachen. Es war die modifizierte Geschichte, die Sanchez und er Geschäftspartnern erzählten, da sie einfach eleganter klang als die der Liebe auf den ersten Blick und des jungen Mannes, der mit Geld, einem selbstsicheren Auftreten und Charme das Herz einer Barbesitzerin in argen Schwierigkeiten erobert hatte. Howell wusste um die modifizierte Fassung, nahm es allerdings stets kommentarlos zur Kenntnis.
„Nun“, fuhr Sanchez fort, der der leichte Scotch-Geruch aus Hendricks' Mund nicht entgangen war. „Ich versorgte Mike mit Informationen. Wenn man eine Bar betreibt, kennt man eine Menge Leute, und diese Leute wiederum kennen auch eine Menge Leute.“ Sie pausierte kurz, nahm einen Schluck Wein und ihr Blick zuckte zu John Naidoo herüber, der blitzschnell wieder auf die Reste seines Eises guckte.
Sie schaffte es, das Grinsen halb zu unterdrücken und mit dem Fortfahren ihres Satzes zu kaschieren. „So war es Mike schließlich möglich, den Standort der Geisel zu erfahren. Er stand tief in meiner Schuld und lud mich mehrfach zum Essen ein. Und dann kam eines zum anderen.“ Sie legte ihre Hand auf Hendricks Unterarm und drückte ihn sanft. „Heute, etwa acht Jahre später, sind wir immer noch glücklich zusammen.“
„Konnten Sie die Geisel denn retten, Mister Hendricks?“, wollte Naidoo wissen.
„Es war zwar etwas knifflig, aber ja, wir haben die Geisel gerettet.“ Hendricks nahm einen Schluck Wein und lehnte sich dann zurück. Er bemerkte, dass er im Verhältnis zurzeit viel Alkohol getrunken hatte, doch es war noch nicht genug, um ihn ernsthaft aus der Fassung zu bringen.
Das ist einer der Nebenaspekte, wenn man mit einer Barfrau zusammen ist, dachte er, Cocktails und Longdrinks bekommt man in rauen Mengen gemixt.
Naidoo wollte gerade zu etwas ansetzen, als die Tür zum Speiseraum geöffnet wurde und einer seiner Personenschützer mit einem Smartphone in der Hand erschien. „Sir“, sagte er auf Englisch. „Ein Anruf für Sie.“
Naidoo stand auf, nahm dem Personenschützer das Smartphone ab und
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