Geheimprojekt Styx
wobei beide immer wieder verstohlene Blicke zum Sitznachbarn warfen, wenn dieser gerade in die andere Richtung schaute oder, in Mangopes Fall, mit dem Fahren des Fahrzeugs beschäftigt war. Einzig Gorro brummte hin und wieder etwas, das jedoch mehr an sich selbst gerichtet war.
Als sie sich langsam dem Township näherten, wurde Mangope sichtlich unruhiger, was keinem seiner beiden Begleiter entging. Es war schließlich Suzanna Tinto, die etwas unternahm. Sie legte ihre Hand auf Mangopes Schulter und beugte sich etwas zu ihm hinüber.
„Ruhig, Walter, ganz ruhig.“
„Ist 'ne lange Geschichte“, gab Mangope bloß zurück und Gorro beschlich das Gefühl, dass diese lange Geschichte sich womöglich noch einmal zu Worte melden konnte. Sofern sie noch am Leben war.
„Und? Wird sie uns Probleme bereiten?“, fragte Tinto direkt heraus, beließ ihre Hand aber auf Mangopes Schulter.
„Ich hoffe nicht.“
„Walter, was hast du hier getrieben, in deiner Vergangenheit?“
Mangope schwieg, bis sie die Ausläufer von Mitchell's Plain erreichten.
„Wo müssen wir hier eigentlich hin?“, fragte Gorro, der das unübersichtliche Netz aus Wellblechhütten und billigen Steinbauten misstrauisch beäugte. Überall liefen Menschen in ärmlicher Kleidung herum, einige Autos, die vermutlich dreißig und mehr Jahre alt waren, parkten am Straßenrand und unzählige Jugendliche standen in Gruppen zusammen. Der Fakt, dass sie zu Gangs gehörten, war kaum zu übersehen. Gorro zog auf der Rückbank seine Glock und zog den Schlitten etwas zurück, damit er sehen konnte, ob die Kammer geladen war.
„Okay, wir besuchen einen alten Bekannten von mir. Er ist Hehler, verkauft euch alles, von der Packung Viagra bis zum BMW, neuestes Modell. Das Problem ist bloß, dass er tief in Mitchell's Plain lebt.“
„Was heißt „tief“ genau?“, echote Gorro besorgt.
„Mitten im Zentrum.“
„Sensationell.“
Tinto ihrerseits schwieg, doch sie hatte die Hand in der Nähe ihres linken Rippenbogens, um dort rasch den Schulterholster erreichen zu können, und dieser Umstand allein sprach Bände. Auf der Rückbank rutschte Gorro unruhig hin und her, während er aus dem Fenster blickte und teilweise Blicken begegnete, vor denen man am liebsten würde davonrennen wollen.
„Werden wir es mit diesen Gangs zu tun bekommen?“, erkundigte sich Gorro, immer noch aus dem Fenster blickend, in einem überheblichen Tonfall.
„Ja“, antwortete Mangope. „Aber Tonio, unterschätze sie nicht. Sie mögen nicht ausgebildet sein, aber diese Straßen prägen und sie sind in der Überzahl und haben den Heimvorteil. Gut, das kann ich kompensieren.“
„Du bist nicht das erste Mal hier.“ Tinto stellte wieder einmal fest, statt dass sie eine Frage formulierte.
Ich bin hin und weg, dachte Mangope, während er das Tempo drosselte und in eine kleine Querstraße einbog, in der sie bloß mit Schritttempo vorankamen, sie ist so erfrischend unkonventionell, direkt, und hat ähnliche Dinge erlebt wie ich.
Dann riss ihn ein etwa ein Meter siebzig großer Mann Anfang zwanzig aus den Gedanken, der mit einem Baseballschläger auf die Motorhaube schlug. Von beiden Seiten näherten sich jeweils drei weitere Männer, einige sogar noch im Teenageralter.
„Ruhig bleiben“, befahl Mangope, ließ das Seitenfenster herunter und wartete darauf, dass der Anführer der Gruppe zu ihm kam.
„Guten Morgen“, grüßte Mangope freundlich auf Afrikaans, prüfte aber nebenbei mit einem durch Jahre als Türsteher geschulten Blick die Männer auf Waffen. Sie trugen nur Messer dabei, also stellten sie keine Bedrohung dar, mit der man nicht fertig werden konnte. Doch die Gangs tiefer im Township würden Waffen tragen, es galt also, dann Vorsicht walten zu lassen.
„Wer ist das Weißbrot da hinten?“, wollte der Anführer wissen und wies mit dem Griffende seines Baseballschlägers auf Gorro.
„Spielt keine Rolle.“
„Doch, da ihr durch unser“, der Mann gestikulierte theatralisch. „Gebiet wollt. Das kostet.“
„Dich höchsten deinen Kopf, du Stück Scheiße“, brummte Gorro halblaut auf der Rückbank.
„Halt die Klappe, Gorro!“, fuhr Tinto ihn auf Englisch an, doch es war bereits zu spät. Der Anführer hatte wohl irgendetwas von dem, was der Spanier gesagt hatte, gehört. Zumindest ging er halb um den Wagen herum, den Baseballschläger erhoben. Fluchend stieg Tinto ebenfalls aus, um den hitzköpfigen Gorro abzuschirmen.
„Was hast du gesagt?“, bellte der
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