Gehen (German Edition)
Behandlung Karrers von Wichtigkeit sind. Er, Oehler, glaube nicht, daßdas, was er am Samstag Scherrer gegenüber vorgebracht habe, vor allem über den Vorfall, der für die Verrücktheit Karrers der ausschlaggebende gewesen ist, der Vorfall in dem rustenschacherschen Hosengeschäft, daß also das, was Oehler Scherrer über seine Wahrnehmungen in dem rustenschacherschen Laden kurz vor dem Verrücktwerden Karrers gesagt hat, noch Sinn und Zweck hat. Für die wissenschaftliche Arbeit Scherrers ja , für Karrer nein. Denn an der Verrücktheit Karrers ändert ja die Tatsache jetzt nichts mehr, sagt Oehler, daß Scherrer jetzt weiß, was ich im rustenschacherschen Laden wahrgenommen habe, bevor Karrer im rustenschacherschen Laden verrückt geworden ist. Die Vorgänge im rustenschacherschen Laden, sagt Oehler, sind ja auch nur das die endgültige Verrücktheit Karrers auslösende Moment gewesen, nichts weiter. Beispielsweise viel wichtiger wäre es gewesen, sagt Oehler, wenn sich Scherrer mit dem Verhältnis Karrers zu Hollensteiner befaßt hätte, aber über dieses Verhältnis habe Scherrer von Oehler nichts wissen wollen, Karrers Verhältnis zu Hollensteiner habe Scherrer überhaupt nicht interessiert, sagt Oehler, mehrere Male hatte ich den Versuch gemacht, Scherrer auf dieses Verhältnis hinzuweisen, ihn auf diesen tatsächlich wichtigen Zusammenhang und auf die tatsächlich wichtigen Vorgänge innerhalb des jahre- und jahrzehntelangen Zusammenhangs zwischen Karrer und Hollensteiner, aufmerksam zu machen, aber Scherrer ist darauf nicht eingegangen, sagt Oehler, wie es die Art dieser Leute, dieser gänzlich unphilosophischen und dadurch gänzlich unbrauchbaren psychiatrischen Ärzte ist, bohrte er fortwährend in den meiner Meinung nach zwar aufschlußreichen, aber doch nicht entscheidenden Vorgängen im rustenschacherschen Laden herum, sagt Oehler, aber er begriff nichts von der Wichtigkeit des Verhältnisses Karrer/Hollensteiner. Immer wieder bin ich von Scherrer gefragt worden, warum wir, Karrer und ich, in den rustenschacherschen Laden hineingegangen sind, worauf ich jedesmalantwortete, daß ich diese Frage nicht beantworten könne und daß ich überhaupt nicht verstünde, wie Scherrer diese Frage stellen könne, sagt Oehler. Immer stellte Scherrer Fragen, die meiner Meinung nach unwichtige Fragen gewesen sind, worauf Scherrer naturgemäß, sagt Oehler, von mir eine unwichtige Antwort bekommen hat. Diese Leute stellen fortwährend unwichtige Fragen und bekommen dadurch fortwährend unwichtige Antworten, aber es fällt ihnen gar nicht auf. Wie ihnen nicht auffällt, daß die von ihnen gestellten Fragen unwichtig und dadurch unsinnig sind, fällt ihnen nicht auf, daß die Antworten, die sie darauf bekommen, unwichtig und dadurch unsinnig sind. Hätte ich nicht immer wieder den Namen Hollensteiner erwähnt, sagt Oehler, wäre Scherrer gar nicht auf Hollensteiner gekommen. Es ist etwas ungemein Deprimierendes, wenn Sie einem Menschen gegenübersitzen, der durch seine Gegenwart allein fortwährend von sich behauptet, kompetent zu sein und nicht im geringsten in der Sache, um die es geht, kompetent ist. Diese Beobachtung machen wir ja immer wieder, sagt Oehler, daß wir mit Leuten zusammen sind, die kompetent sein sollen und die auch behaupten und beanspruchen, und zwar fortwährend beanspruchen, in der Sache, in welcher wir mit ihnen zusammengekommen sind, kompetent zu sein, während sie in unverantwortlicher und erschütternder und geradezu abstoßender Weise inkompetent sind. Beinahe alle Leute, mit welchen wir in einer Sache, und sei es die wichtigste, zusammenkommen, sind inkompetent. Scherrer, sagt Oehler, ist meiner Meinung nach der inkompetenteste, wenn es sich um Karrer handelt, und der Gedanke, daß Karrer Scherrer ausgeliefert ist, weil Karrer auf der Abteilung Scherrers interniert ist, ist einer der fürchterlichsten Gedanken. Dieser ungeheure Hochmut, den sie empfinden, sagt Oehler, wenn Sie einem Mann wie Scherrer gegenübersitzen. Nach der kürzesten Zeit fragen Sie sich, was hat Karrer (der Patient) mit Scherrer (seinem Arzt) überhaupt zu tun? Ein Mensch wie Karrer einemMenschen wie Scherrer ausgeliefert sein, ist eine menschliche Ungeheuerlichkeit ohnegleichen, sagt Oehler. Für Karrer ist es aber, weil wir seinen Zustand kennen, gleichgültig, ob er Scherrer ausgeliefert ist oder nicht. Ob Karrer in Steinhof ist oder nicht, ist im Grunde gleichgültig geworden, in dem Augenblick, in welchem Karrer
Weitere Kostenlose Bücher