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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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alle!«
    Hillary führte die Frauen aus dem Schuppen zurück zum hinteren Tor. Als sie sich dem Betontorbogen und den drei dort postierten Wärtern näherten, spürte Gail, dass ihr Kopf glühte. Ihre Ohren klingelten. Wie konnte sie jemals geglaubt
haben, damit durchzukommen? Sie fühlte sich, als trüge sie einen Koffer zwischen den Beinen. Als ob sie nur einen falschen Schritt machen müsste, und schon würde die Klinge ihr Hosenbein herunterrutschen und klirrend auf den Asphalt scheppern. Das wäre ein ziemliches Desaster. Anklage wegen Waffenbesitzes. Vor einem Moment war es ihr noch erschienen, als hätte sie nichts zu verlieren. Jetzt wurde ihr bewusst, dass sie alles zu verlieren hatte.
    Aber es war zu spät. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich am Tor hinter den anderen anzustellen und zu warten, bis sie an der Reihe war, abgetastet zu werden.
    Sie stellte sich in die Reihe, ihr Herz ras te. Verdammt, du Idiotin. Reiß dich zusammen. Entspann dich. Entspann dich, und lass dir ansehen, dass du ganz locker bist. Alles ist wie an jedem anderen gottverdammten Tag, an dem du durch dieses Tor marschierst. Nichts ist anders. Nichts hat sich geändert. Du bist gelangweilt. Du bist müde. Du bist es leid, jedes Mal beim Rausgehen und Reinkommen gefilzt zu werden, weil du nie irgendetwas falsch machst. Und so gewann sie ihre Gefasstheit wieder, ihr Selbstvertrauen und ihre Ruhe, die sie schon mehr als eine Million Mal aufgeboten hatte, um mit den täglichen Demütigungen zurechtzukommen.
    Sie beobachtete, wie die Hände des Wärters Hillary von oben bis unten abtasteten. Hillary, die gerade Kopf und Kragen für sie riskiert hatte. Aber Hillary liebte das Risiko. Das gab sie freimütig zu. Vielleicht sollte Gail sie fragen, wenn es an der Zeit war, jemanden zu finden, der sie begleitete. Wenn Gail den Zaun überwand und zurückkehrte in die Welt der Freiheit. Sie fragte sich, was Hillary wohl einschmuggelte. Doch was auch immer es war, der Aufseher fand es nicht. Er winkte Hillary durch das Tor. Die nächste Gefangene trat vor, wurde abgetastet und durchs Tor geschickt. Dann war Gail an der Reihe.

    Der Aufseher musterte sie eingehend. Aus irgendeinem Grund nahm er sie länger ins Visier als sonst. Er starrte und starrte. Gail erwiderte seinen Blick und versuchte schließlich, einen Hauch von Ungeduld erkennen zu lassen. Er bückte sich mit einem Schnauben und fing an, sorgfältig Gails Fußknöchel abzutasten. Zu sorgfältig. Scheiße. Er ließ sich Zeit, ging ganz langsam vor. Er erwartete, etwas zu finden. Sie sah zu ihm herunter. Er blickte zu ihr auf, und dann veranlasste ihn das Geräusch sich laufend nähernder Schritte, sich plötzlich aufzurichten. Gail wandte sich um und sah Norton, das große Garten messer in der Hand, das Ge sicht im mer noch zor nes rot, das fettige Haar völ lig wirr, am Tor an kom men. Er starrte die Gefangenen an.
    »Und damit Sie eins wissen!«, brüllte Norton. »Sie sind alle gefeuert! Wenn es nach mir geht, kön nen Sie demnächst im verdammten Klärwerk arbeiten. Und jetzt ab mit Ihnen!«
    Der Torwärter sah Norton an und winkte die Frauen durchs Tor. Dann ging er zu Norton und legte ihm einen Arm um die Schulter. Gail wartete nicht, um zu beobachten, was passierte. Während sie den breiten Asphaltweg entlangging, der zum Hauptkomplex führte, bemühte sie sich, mög lichst normal zu ge hen. Sie ging und ging. Der Weg vom hinteren Tor bis zum Gefängniskomplex betrug etwa hundertfünfzig Meter. Heute hundertfünfzig Kilometer.
    »Sie sind alle gefeuert«, äffte Hillary Norton nach, »für den Besitz von Limabohnen.«
    Hillary klopfte Gail auf den Rücken, um ihr zu be deuten, dass sie sich ein bisschen entspannen und ganz normal verhalten sollte. Gail bewegte ihre Mundwinkel nach oben, lachte mit den anderen Frauen und schüttelte wie die anderen vor Heiterkeit den Kopf, doch das Einzige, was sie wollte, war, möglichst schnell reinzukommen.
    Zurück in der Sicherheit ihrer Zelle, streckte sie sich auf
ihrer Prit sche aus. Diane war bereits da. Sie saß an dem Ecktisch und brütete über irgendwelchen Papieren.
    Gail langte in ihren Spind und trennte mit der winzigen Schere ihres eingeschmuggelten Nähsets die Naht ihrer Matratze auf. Es war nicht einfach. Als sie endlich einen ausreichend großen Schlitz in den dicken Matratzenüberzug aufgetrennt hatte, waren ihre Finger und ihr Daumen wund.
    Diane las unbeirrt weiter in ih ren Papieren, tat so, als ob nichts passierte, und

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