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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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Tempo. Die Schritte hinter ihr
wurden ebenfalls langsamer. Sie verlagerte ihr Gewicht und sah sich um.
    Diane.
    »Verfolgst du mich?« Gail drehte sich wieder zurück und legte einen Schritt zu. Diane schob sich neben sie, mühelos Schritt haltend.
    »Nein«, stellte Diane klar. »Gleich siehst du nur noch eine Staubwolke von mir.« Und mit diesen Worten zog sie an Gail vorbei, ihr gewelltes braunes Haar hinter ihr herwehend, während sie mit der Leichtigkeit und Anmut einer geborenen Athletin lief. Gail erreichte die Startlinie der Schlusskurve und fiel in ihren Endspurt. Sie konnte immer noch einen respektablen Zweihundertmeter-Sprint hinlegen, aber es fiel ihr nicht mehr so leicht. Sie rannte und keuchte und sah, wie Diane mühelos über die Schlusslinie schoss, die sich da befand, wo die Bahn die Treppe passierte, die in den riesigen roten Ziegelsteinkomplex mit sei nem Labyrinth aus Gängen führte, das Sundown war.
    Diane stand in der Nähe des Eingangs, hatte die Hände locker über ihren Kopf gelegt und verschnaufte. Gail ging zu ihr; sie bemühte sich, nicht so laut zu keuchen. Sie hatte Seitenstiche, einen heftigen, stechenden Schmerz. Nichts Ernstes, nur eine Folge der Anstrengung. Er würde vorübergehen. Und wenn es nach ihr ging, würde er vorübergehen, ohne dass irgendjemand außer ihr etwas merkte.
    Sie schwiegen, da keine von ihnen wusste, was sie sagen sollte. Sie teilten sich eine Zelle, und zumindest Diane kam es so vor, als ob sie seit Jahren dort zusammenlebten, doch der kurze Wortwechsel auf der Lauf bahn war alles gewesen, was es an Unterhaltung zwischen ihnen gegeben hatte.
    »Du bist eine gute Läuferin«, stellte Gail fest.
    »Ich bin als Kind hinter Kühen hergerannt.« Diane war erleichtert über die Gesprächseröffnung.

    »Wie alt bist du?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    Gail sah sie an und wartete.
    »Vierundzwanzig. Und du?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Du hast gesagt, ja.«
    »Ich habe gar nichts gesagt.«
    Diane zuckte mit den Schultern, wandte sich um, stieg die Stufen hinauf, immer zwei auf einmal nehmend, stieß oben die Türen auf und verschwand im Inneren des Gebäudes, ohne sich noch einmal umzudrehen. Gail beugte sich vor, stützte die Hände auf ihre Knie, atmete tief und langsam durch und sog gierig Luft ein. So stand sie da, bis die Seitenstiche nachließen, dann rich tete sie sich auf und überblickte den Hof. Zum siebenundvierzigtausendsten Mal, wie es ihr schien. Die Sonne stand inzwischen tief unter dem in den V-förmig verlegten Stacheldraht eingebetteten Nato-Draht.
    Vierundzwanzig. Noch ein halbes Kind. Saß bestimmt wegen Drogen. Diane könnte ihre Tochter sein. Laufen konnte sie jedenfalls, das musste sie ihr lassen. Gail fragte sich, ob sie auch lange Strecken laufen konnte oder ob sie nur eine gute Sprinterin war.
     
    »Zählappell!« Der Morgen brach mit dem Gebrüll von Fettarsch an, einer großen schwarzen Frau, deren Name alles sagte.
    Diane sah zu, wie Gail schweigend aufstand und sich an die Zellentür stellte, dann hievte sie sich selber von ihrer Pritsche, streckte sich gähnend und nahm neben Gail Aufstellung. Als Fettarsch vorbeiging, starrte Gail hinter ihr her und schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Das achte Weltwunder«, sinnierte sie. »Der Bundesarsch.«
    Diane kicherte.

    »Dafür hat sie nicht mehr ge tan«, fuhr Gail fort, »als ihn sich jahrelang platt zu sitzen und den guten alten Gehaltsscheck der Regierung einzustreichen - bei maximalem Zeitund minimalem Arbeitsaufwand.«
    Als Fettarsch vorbei war, kletterte Diane zurück auf ihre Pritsche, setzte sich gegen die Wand ge lehnt hin und wartete auf den Appell zum Aufräumen und darauf, dass die Zellentüren geöff net wurden. Ihre Erleichterung darüber, dass Gail in freundlichem Ton mit ihr gesprochen hatte, kam ihr fast übertrieben vor. Doch nichtsdestotrotz spürte sie diese Erleichterung. Zugleich war sie jedoch misstrauisch, warum Gail plötzlich entschieden hatte, ihr, wenn schon nicht freundlich, so doch zumindest halbwegs zivil zu begegnen.
    Kaum hatte Fettarsch ihren Zählappell beendet, war schnaufend zurück zum Überwachungsraum geschlurft und hatte dann die Zellentüren geöffnet, kam Lisa, eine der Gefangenen von der gegenüberliegenden Seite des Trakts, in ihre Zelle gestürmt. Sie warf Diane einen nervösen Blick zu und wandte sich dann atemlos an Gail.
    »Ich brauche ein bisschen Urin«, flüsterte sie verzweifelt.
    »Was?« Gail starrte sie an, amüsiert und besorgt

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