Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
Vom Netzwerk:
Stelle wieder stehen, an der sie losgelaufen war, nahm die Flasche mit dem Lock mittel aus ih rer Jackentasche, sprühte die Lappen neu ein, streifte sie wieder über ihre Stiefel und kam in einem großen Bogen zurück zum Bach.

    Als sie den Bach erreichte, hatte Gail sich so weit erholt, dass sie nicht mehr keuchte. Sie atmete immer noch schwer, war aber nicht mehr völlig außer Atem. Schweißperlen rannen ihr übers Gesicht. Sie stand immer noch vornübergebeugt und wischte sich den Schweiß mit der Tarnjacke ab, die sie sich um die Taille gebunden hatte.
    »Gib mir deine Schuhlappen!«, forderte Diane sie auf und hielt die Flasche mit dem Lockmittel hoch. Gail reichte sie ihr. »Und jetzt geh rüber ans andere Ufer!« Gail überquerte von Stein zu Stein springend den Bach, damit ihre Schuhe nicht nass wurden. Diane sprühte da, wo sie gestanden hatten, den Boden ein, sprang auf einen aus dem Wasser ragenden Stein und überquerte den Bach auf dem gleichen Weg wie Gail.
    Auf der anderen Seite sprühte Diane die Lappen erneut ein, reichte Gail die ihren und streifte sich ihre eigenen wieder über.
    Und dann hörten sie plötzlich durch die Stil le die Hunde. Ganz nah jetzt auf einmal, unverkennbar nah, und immer näher kommend. Diane sah Gail an, nickte Richtung Wald, und dann rannten sie los.
    Wieder so schnell sie konnten, sie rannten um ihr Leben, brachen durch das Dickicht, das ihnen Arme und Beine zerkratzte, während sie es aus dem Weg schoben oder platt trampelten. Ihre Stiefel verfingen sich, Diane stolperte, ging hart zu Boden, und die Taschenlampe flog ihr aus der Hand.
    »Scheiße!«, fluchte sie, hievte sich auf alle viere und schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen. Sie kroch zu ihrer Taschenlampe, hob sie hoch und richtete sich wieder auf. Gail stand einfach nur da und sah zu, vor lauter Keuchen unfähig, etwas zu sagen. Sie war schwach vor Angst, doch gleich zeitig ver lieh der Frei heitswil le ihr ungeahnte Kräfte. All die Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Monate, Jahre dieser beinahe zwei Dekaden ihres Lebens, all diese Zeit, diese
nicht beginnende und nicht endende Ewigkeit des Gefängnisalltags, dieses tagtägliche Ersticken in diesem furchtbaren bürokratischen Labyrinth aus Regeln, Vorschriften und Reglementierungen. Und überhaupt, wie zum Teufel hatte eigentlich der Mond an all diesen Tagen ausgesehen?
    Wenn sie doch die Möglichkeit hätte, stehen zu bleiben und ihn wirklich anzusehen.
    Sie sah auf, und da war er, und dann rannte sie wieder. Rannte hinter Diane her, aber sie konnte den Mond se hen, die majestätische Reflektion des Sonnenlichts, die Ruhe, die er ausstrahlte, das Lächeln auf seinem Gesicht. Als ob er irgendein köstliches Geheimnis kennen würde, über das Gail nur Vermutungen anstellen konnte.
    Sie rannte, und von irgendwoher überkam sie eine Welle neuer Kräfte. Sie atmete nicht mehr so schwer, und auch das Laufen fiel ihr wieder leichter, weil ihr gar nichts anderes übrig blieb.
    Wie viel später? Ein paar Sekunden, eine Stunde, eine Ewigkeit? Diane hielt an und beugte sich keuchend vornüber. Gail stützte die Hände in die Hüften und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Diane atmete tief ein, hielt die Luft an und horchte. Gail tat es ihr gleich. Es hörte sich gut an. Sie hatten ihren Vorsprung vor den Hunden ausgebaut. Das Bellen kam jetzt aus weiterer Entfernung, und es klang so, als ob die Hunde ihre Spur verloren hätten und einen anderen Teil des Waldes ansteuerten.
    Diane warf Gail ein Lächeln zu und lief wie der los. Gail wünschte, sie hätte Sneakers statt Arbeitsstiefel an den Füßen.
    Sie rannte. Ihre Lunge fühlte sich an, als wür de sie bald explodieren, wenn sie ihr keine Pause gönnte. Sie rannte.

KAPITEL 9
    Ein Polster aus Kiefernnadeln am Rand eines Waldes. Darunter ein unbeleuchteter Highway, schwarz asphaltiert, zwei Spuren, in der Mitte ein gelber Doppelstreifen, um ein Überholverbot anzuzeigen. Auf beiden Seiten der Straße Ackerland und Wälder.
    Sie saßen da und ruhten sich aus. Atmeten ruhig. Hin und wieder raste ein Auto vorbei, dessen Scheinwerfer die Asphaltdecke in helles Licht tauchten. Diane beachtete sie nicht weiter, doch Gail erschienen die Autos irgendwie klein und rund. Es war ein gutes Gefühl, endlich zu sitzen und normal zu atmen, auch wenn ihre Lungen so ausgetrocknet waren wie ein Schwamm, der seit Tagen unbenutzt herumgelegen hatte. Gail spürte, wie sie Muskelkater bekam. Sie konnte sich glücklich

Weitere Kostenlose Bücher