Gehetzt
zu einem Sprengkommando.«
»Was, um Himmels willen, wollen Sie denn damit… Verzeihung, ich vergaß ganz, daß es Ihr Beruf ist, Dinge in die Luft zu jagen.«
Barnes hockte sich auf eine alte Holzkiste an der Wand und dachte nach. Seine Schulterwunde schmerzte seit dem Aufprall gegen Bert auf dem Transporter höllisch. Er war ausgelaugt und erschöpft, fragte sich allen Ernstes, ob er noch die Kraft hatte für einen einzigen Schritt. Nun, er mußte noch ein paar Schritte mehr tun, wenn er herausfinden wollte, wie die Dinge in Lemont standen.
Jacques hatte ihm munter erklärt, es sei am besten, seinen Vater aufzusuchen. Der alte Herr wohnte mitten im Ort auf einer kleinen Anhöhe. Von seinem Haus aus konnte man den Privatflugplatz des Ortes überblicken. Es war ein weiter Weg bis dorthin, doch Jacques schien das kaum zu stören. Barnes machte der Weg durch die vom Feind besetzten Straßen dagegen um so mehr Sorgen. Er erhob sich schwerfällig und ging hinaus, um Reynolds seine Anweisungen zu geben, blieb aber im Tor erstaunt stehen, als Colburn einen Pfiff ausstieß.
Der Kanadier war in seinem Element.
»Barnes, hier ist Draht und sogar etwas Phosphor. Dieser gottverdammte Truck ist eine einzige rollende Bombe.«
»Was sollen wir schon mit Bomben?« fragte Barnes irritiert.
»Verstehe überhaupt nicht, wieso diese deutschen Esel solches Zeug unbewacht herumliegen lassen.«
»Jacques behauptet, sie hätten nicht genug Leute, um ihren eigenen Nachschub ausreichend zu sichern.«
»Hiermit könnte ich was Hübsches anstellen, Barnes. Einen solchen Schatz habe ich nicht mehr in den Fingern gehabt, seit ich bei der RAF bin. Wenn meine Maschine hier abgestürzt wäre, hätte ich mir hier meine Brötchen verdienen können. Sehen Sie mal…«
Barnes konnte nur wenig Verständnis für Colburns Enthusiasmus aufbringen, und die ungebrochene Energie des Kanadiers machte ihm seine eigene Erschöpfung um so deutlicher. Schnell sagte er:
»Ich gehe jetzt mit Jacques los. Reynolds ist direkt nebenan bei Bert. Da haben Sie jemand zur Unterhaltung.«
»Mir gefällt’s hier ganz gut. Sie gehen also zum Haus von Jacques’ Vater?«
»Ich bezweifle, daß wir so weit kommen werden.«
»Der alte Knabe dürfte genau wissen, wie’s im Ort aussieht. Und geben Sie auf sich acht. So kurz vor dem Ziel können wir uns keine Schwerverletzten mehr leisten.«
»Stimmt, also lassen Sie, um Himmels willen, keine dieser Sprengkapseln fallen.«
Barnes schaute auf die Uhr, auf Penns Uhr.
2.25 Uhr.
Noch neunzig Minuten bis zur Dämmerung. Sie befanden sich auf dem Heimweg von ihrem Erkundungsgang – wenn man denn ein Gehöft, das man nie zuvor gesehen hat und in dessen Scheune hochexplosiver Sprengstoff lagert, als ›Heim‹ bezeichnen kann. Der Sergeant blickte die stille Straße zurück und sah Jacques weit hinter sich. Der Junge war ein echtes Problem, denn Lemont war ausgestorben. Die Bewohner waren entweder geflohen oder von den Deutschen vertrieben worden, als das Kampfgeschehen den Ort überrollte.
Der Junge hob die Hand und deutete nach vorn. Ein unnötiges Warnzeichen für Barnes, denn der Sergeant hielt schon nach dem Posten Ausschau, den sie auf dem Hinweg hier entdeckt hatten. Er schob vor einem kleinen, einstöckigen Haus Wache. Hinter den geschlossenen Fensterläden hatte Licht geschimmert. In den Randbezirken von Lemont standen nur einstöckige Häuser, doch in diesem Haus gab es das einzige Anzeichen von Leben in der von Bäumen gesäumten Straße.
Wer hockte da hinter den geschlossenen Läden? Und wo war der verdammte Posten jetzt? Das Motorrad mit Seitenwagen stand immer noch vor dem Haus.
Barnes machte lautlos ein paar Schritte und blieb wieder stehen. Zwischen den Ritzen der Läden schimmerte immer noch Licht, doch der Posten war verschwunden. Besorgt schaute sich Barnes nach dem Jungen um. Jacques hob ratlos die Hände. Auch er hatte das Verschwinden des Postens bemerkt. Sie mußten also wie auf dem Hinweg hinter dem Haus entlangschleichen.
Der Sergeant gab Jacques ein Zeichen, zurückzubleiben, und huschte in eine Gasse zwischen zwei Häusern. Seine Nerven vibrierten unter der Anspannung, seinen Geist beherrschten nur noch zwei Gedanken: auf dem letzten Stück nichts zu riskieren und sich trotzdem zu beeilen. Denn die Zeit wurde allmählich knapp – ausgerechnet jetzt, wo er endlich das heißersehnte Zielobjekt für seinen Schlag gegen die Deutschen gefunden hatte.
Der Weg führte zwischen schulterhohen
Weitere Kostenlose Bücher