Gehetzt
noch ein paar Meter weitergefahren und hatte die Kette wie einen Teppich aus Metall ausgerollt. Wenn ihnen das passierte, war alles zu spät.
Außerdem gab es da noch das kleine Problem mit dem Posten, der die Straße herunterkam, um sich das seltsame Gefährt genauer zu betrachten. Vorwärts ging’s nicht weiter.
Also dann zurück! Barnes knirschte mit den Zähnen, legte den Rückwärtsgang ein und gab gleich Gas. Das Knirschen der Kette wurde lauter – und dann waren sie frei. Die Kette hatte gehalten.
Colburn dirigierte Barnes ruhig um die Kurve, und sie folgten der Straße, die einsam und verlassen im Scheinwerferlicht lag.
Barnes warf einen Blick auf die Uhr, die er sich von Colburn geliehen hatte. 3.30 Uhr.
Oben im Turm legte Colburn den Revolver neben den Sprengapparat und wischte sich die Hände trocken. Für einen einzelnen Soldaten war der Revolver die bessere Waffe. Er warf noch einen Blick zurück zu der gefährlichen Ecke und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf den Weg vor sich, gab Barnes gelegentlich Instruktionen, um den Panzer in der Straßenmitte zu halten.
Zu seiner Rechten dehnte sich die glatte Vorderfront zweistöckiger Reihenhäuser, deren Fenster im Obergeschoß sich auf gleicher Höhe mit dem Turm befanden. Zu seiner Linken verlief die Uferböschung des unsichtbaren Kanals, eine steile Böschung von mindestens sechs Metern Höhe, die den Blick aufs offene Land versperrte. Vor ihm lag die Straße, ein dunkler, menschenleerer Hohlweg in den tanzenden Scheinwerferkegeln. Die ganze Szenerie wirkte unheimlich, und die Anspannung zerrte an Colburns Nerven. Jeden Augenblick konnte der Tanz losgehen.
Barnes dachte ähnlich, doch seine Gedanken wurden von den Schmerzen überlagert, die inzwischen seinen ganzen Körper peinigten. In erster Linie war es die Schulterwunde, die vom Aufprall der Kiste mit den Sprengkapseln am meisten in Mitleidenschaft gezogen worden war. Der Schlag mit dem Gewehrkolben, durch den er in Gefangenschaft geraten war, hatte an seinem Hinterkopf eine dicke Beule hinterlassen. Sein linker Handrücken mit den Verbrennungen fühlte sich seltsam taub an, als ob er nicht mehr zum Arm gehörte und frei in der Luft schwebte. Und dann war da noch die überwältigende Müdigkeit, die ihm die Sinne trübte. Nur die starken Schmerzen hielten ihn wach.
Mechanisch bediente er die Steuerhebel und die zwei Fußpedale – die Kupplung für die Gänge links und das Gaspedal auf der rechten Seite. Vor ihnen stieg die Straße fast bis zum Kanalufer an und senkte sich dann wieder zum nächsten Hügel…
Colburns angespannte Stimme drang durch den Kopfhörer:
»Wir fahren an der Kanalböschung entlang. Links ist eine Häuserreihe. Nirgends ein Anzeichen von Gefahr.«
So sah es auch Barnes. Sollten sie wirklich ein solch unverschämtes Glück gehabt haben? Sie fuhren jetzt schon durch die Außenbezirke von Lemont. Der Ort endete an der Uferböschung; dahinter lag offenes Land. Jacques hatte Barnes erklärt, dies sei eine Nebenstraße mit wenig Verkehr; deswegen hatten sie sich für diese Route entschieden. Und jetzt hatten sie schon hinter sich, was Barnes als den schwierigsten Teil ihrer letzten Operation bezeichnet hatte – ihren Vorstoß quer durch das ganze Dorf. Was jetzt noch vor ihnen lag, war nicht mehr der Rede wert, und es schien, als ob sie unangefochten den Flugplatz erreichen würden.
In Gedanken sah er schon das flache Feld vor sich. Auf dieser Straße waren sie zu dem verlassenen Haus von Jacques’ Vater geschlichen und dann aus Sicherheitsgründen quer über die Felder auf der anderen Seite des Kanals um den Ort herumgewandert… Der Sergeant hörte plötzlich einen einzelnen Schuß, dann noch einen.
Colburn hatte Mühe, die ganze Umgebung gleichzeitig im Auge zu behalten – die Straße vor und hinter sich, die Häuserreihe rechts und den Schatten der Uferböschung links, die sich dunkel gegen das heraufdämmernde Tageslicht abhob.
Automatisch wollte er auf die Uhr schauen und erinnerte sich, daß er sie Barnes geliehen hatte. Die Oberkante der Uferböschung senkte sich, als sie hügelaufwärts fuhren. Bald würde er über den Kamm schauen können. Der Kanadier ließ den Blick langsam über die Häuserfront wandern. Die dunklen Fenster in den oberen Stockwerken waren sehr nah. Von dort schien keine Gefahr zu drohen, trotzdem nahm er den Revolver in die Hand. Die Waffe verlieh ihm ein Gefühl der Sicherheit.
Der Überfall kam so plötzlich, daß der Schreck ihm
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