Gehetzt
Orden herum. Marianne stand mit vor der Brust verschränkten Armen beim Tisch und blickte aus dem Fenster über die Felder. Mandel hätte sie am liebsten nach oben geschickt, doch wußte er genau, daß sie durch ihre Anwesenheit die gespannte Situation entschärfen wollte.
Neben ihr stand Etienne mit gesenktem Kopf und starrte auf den Herd.
Plötzlich sagte der Major in barschem Ton: »Sie sagten, Sie hätten reichlich zu trinken. Da meine Leute Ihnen so freundlich geholfen haben, steht Ihnen eigentlich eine Belohnung zu. Zwei oder drei Flaschen Cognac wären da schon angemessen, finden Sie nicht?«
So ist das also, dachte Mandel, er ist auf Beute aus. Und einen solchen Mann machen die Deutschen zum Offizier.
Wenn er so gerne Schnaps trinkt, ist er möglicherweise unberechenbar. Ich muß auf der Hut sein.
»Ich habe keinen Cognac, Herr Major, aber vielleicht genügen auch ein oder zwei Flaschen Wein. Trinken Ihre Leute lieber Weiß- oder Rotwein?«
»Ich glaube, Cognac wäre ihnen lieber.«
Die Stimme des Deutschen war zu einem Flüstern herabgesunken. Er stand jetzt kerzengerade da, seine Nasenflügel bebten, und die Augen funkelten drohend.
»Und da Sie sagten, Sie hätten nicht viel, spendieren Sie ihnen drei Flaschen, verstanden? Dieser Dank ist dürftig genug, denn wenn sich das Feuer ausgebreitet hätte, wäre wahrscheinlich der ganze Hof niedergebrannt. Sie und Ihre Landsleute sollten endlich begreifen, daß meine Leute zum Kämpfen hier sind – nicht, um den französischen Bauern zu helfen, ihren Reichtum zu erhalten und zu vermehren.«
»Es tut mir leid, aber Sie können das ganze Haus durchsuchen. Wir haben etwas Wein, aber keinen Cognac. Nicht eine einzige Flasche.«
Der Deutsche musterte ihn wütend. »Sie haben ihn versteckt, als die erste Kolonne hier vorbeikam, stimmt’s? Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.«
Wie beiläufig öffnete er seine Pistolentasche, zog die Waffe hervor und hielt sie so, daß die Mündung auf Marianne zeigte.
Erschrocken hob die Frau die Hand zum Mund. Mandel stellte sich schützend vor sie. Dabei kreuzte sich sein Blick mit dem Etiennes. Der Junge trug einen schweren inneren Kampf aus.
Unmerklich schüttelte der Bauer seinen Kopf, runzelte leicht die Stirn und kam so der sich anbahnenden Tragödie zuvor.
Schnell sagte er: »Herr Major, der Schrank da in der Ecke ist voller Wein. Kommen Sie, schauen Sie selbst. Nehmen Sie sich, was Sie wollen.«
Langsam ging er zum Schrank hinüber. Der Pistolenlauf schwenkte von Marianne weg zur Wand. Schnell öffnete Mandel die beiden Schranktüren und begann Flaschen auf dem Tisch aufzubauen. Der Deutsche wartete, bis ein gutes Dutzend beisammen waren, und schob langsam die Pistole ins Halfter zurück.
»Dann muß ich eben damit vorlieb nehmen, wenn Sie absolut nicht anders wollen. Tragen Sie alle Flaschen auf dem Tisch zu meinem Wagen. Der Junge da soll Ihnen helfen.«
Mandel und Etienne klemmten sich jeweils drei Flaschen unter jeden Arm und eilten über den Hof zum Wagen. Der Offizier folgte ihnen langsam. Der Fahrer bellte sie barsch an und bedeutete ihnen, die Flaschen auf dem Rücksitz zu stapeln.
Dann legte er einen Feldmantel darüber, damit niemand sie sah.
Der Major war inzwischen zu dem Heustapel an der Straße hinübergeschlendert. Während er ihn interessiert betrachtete, nahm er eine neue Zigarette aus dem Etui und zündete sie aufreizend umständlich an.
Mandel schickte Etienne ins Haus zurück und wartete gespannt. Eine innere Stimme sagte ihm, daß die Gefahr noch nicht vorbei war. Von Beaucaire her näherte sich eine Motorradstreife, drosselte das Tempo, fuhr aber sofort wieder an, als der Offizier sie durchwinkte. Der Fahrer hatte den Stabswagen gestartet, doch sein Vorgesetzter schien keine Eile zu haben. Irgendwie schien der Heustapel ihn zu faszinieren; er umrundete ihn langsam und zog dabei an seiner Zigarette.
Da ist nichts zu sehen, beruhigte sich Mandel selbst, nicht das geringste. Er kann doch nicht plötzlich Verdacht geschöpft haben. Aber was interessiert ihn dann so sehr?
Mit großer Selbstbeherrschung zwang der Bauer sich, völlig unbeteiligt dreinzuschauen. Er verschränkte sogar die Hände vor dem Bauch und schaute zum Himmel hinauf, als prüfe er das Wetter. Der Major tauchte wieder vor dem Stapel auf und gab mit der freien Hand dem Fahrer ein Zeichen. Der Wagen rollte heran. Der Offizier stand jetzt mit dem Rücken zur Straße vor dem Heustapel. Ohne Mandel anzuschauen
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