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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Deaver
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Jefferies, kochend vor Wut. »Ihr glaubt, bloß weil ihr eine goldene Dienstmarke habt, wüsstet ihr alles darüber, was es bedeutet, ein Polizist zu sein. Sie sind noch nicht mal trocken hinter den Ohren und spielen sich hier so auf. Sie kommen in mein Revier, beschuldigen mich, ich hätte Akten gestohlen...«
    »Das habe ich nicht...«
    »Insubordination – Sie beleidigen mich, Sie fallen mir ins Wort. Sie haben nicht die geringste Ahnung, wie es ist, ein Cop zu sein.«
    Sachs sah ihn gelassen an. Sie hatte sich an einen anderen Ort zurückgezogen – in ihren persönlichen Orkankeller. Sie wusste, dass diese Konfrontation katastrophale Folgen für sie haben konnte, aber im Augenblick war dieser Mann ihr gegenüber machtlos. »Ich gehe jetzt.«
    »Sie stecken in gewaltigen Schwierigkeiten, junge Dame. Ich habe mir Ihre Dienstnummer gemerkt. Fünf Acht Acht Fünf. Das hätten Sie nicht gedacht, was? Ich werde dafür sorgen, dass man
Sie in irgendein staubiges Archiv versetzt. Wie gefällt Ihnen die Vorstellung, den ganzen Tag lang Papiere zu sortieren? Sie kommen nicht so einfach in das Revier eines Mannes und beleidigen ihn!«
    Sachs ging an ihm vorbei, riss die Tür auf und eilte den Flur hinunter. Ihre Hände zitterten, und ihr Atem ging rascher.
    Seine laute, fast schreiende Stimme hallte ihr hinterher. »Ich werde Ihre Dienstnummer nicht vergessen. Ich werde ein paar Leute anrufen. Falls Sie je wieder mein Revier betreten, werden Sie es bereuen. Haben Sie mich verstanden, junge Dame?«
     
    Lucy Richter, Sergeant der U.S. Army, schloss die Tür ihrer alten Wohnung in Greenwich Village ab und ging ins Schlafzimmer, wo sie ihre dunkelgrüne Uniform auszog, an der zahlreiche, perfekt nebeneinander ausgerichtete Abzeichen und Ordensbänder von der Teilnahme an vielerlei Einsätzen zeugten. Am liebsten hätte Lucy die Sachen auf das Bett geworfen, aber natürlich hängte sie die Uniformjacke und die Bluse ordentlich in den Schrank und verstaute ihre Dienst- und Sicherheitsausweise wie immer in der Brusttasche. Dann putzte und polierte sie ihre Schuhe, bevor sie sie sorgfältig in das kleine Regal stellte, das an der Schranktür hing.
    Sie duschte schnell, wickelte sich in einen alten rosafarbenen Bademantel, machte es sich auf dem Fransenteppich in ihrem Schlafzimmer gemütlich und sah zum Fenster hinaus. Ihr Blick streifte die Gebäude auf der anderen Seite der Barrow Street, die flackernden Lichter zwischen den windschiefen Bäumen und den Mond, der weiß am schwarzen Himmel über Lower Manhattan hing. Es war ein vertrauter, tröstlicher Anblick. Schon als kleines Mädchen hatte sie häufig an genau dieser Stelle gesessen.
    Lucy war eine Weile im Ausland gewesen und hatte derzeit Heimaturlaub. Es war ihr endlich gelungen, den Jetlag zu überwinden, und obwohl sie viel zu lange geschlafen hatte, fühlte sie sich nicht mehr benommen. Nun, während ihr Mann immer noch bei der Arbeit war, saß sie zufrieden am Fenster und dachte über die ferne und jüngere Vergangenheit nach.
    Und selbstverständlich über die Zukunft. Die Stunden, die uns noch bleiben, scheinen uns weitaus mehr zu beschäftigen als die Stunden, die wir bereits erlebt haben, überlegte Lucy.

    Sie war in dieser Wohnung aufgewachsen, hier im sympathischsten aller Viertel von Manhattan. Sie liebte das Village. Und als ihre Eltern auf die andere Seite der Stadt gezogen waren und beschlossen hatten, die kalte Jahreszeit fortan im Süden zu verbringen, hatten sie die Wohnung auf ihre zweiundzwanzigjährige Tochter übertragen. Drei Jahre später hatte Lucys Freund ihr einen Heiratsantrag gemacht, und sie war nur unter einer Bedingung einverstanden gewesen: dass sie weiterhin hier wohnen würden. Er hatte verständlicherweise nichts dagegen gehabt.
    Lucy genoss das Leben in dieser Gegend, verbrachte viel Zeit mit Freunden, nahm Küchen- und Bürojobs an (und zählte dabei stets zu den gescheitesten und eifrigsten Mitarbeitern, obwohl sie das College vorzeitig abgebrochen hatte). Die Vielfalt und die Eigenheiten New Yorks gefielen ihr. Oft saß sie genau hier, schaute aus dem Fenster nach Süden auf die eindrucksvolle Skyline dieser unvergleichlichen Stadt und ließ die Seele baumeln oder dachte darüber nach, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte.
    Dann aber kam jener Tag im September, und sie sah alles mit eigenen Augen, die Flammen, den Rauch und dann die schreckliche Lücke.
    Lucy fiel zurück in den alten Trott und wartete darauf, dass die Wut und

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