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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Deaver
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Stimme.
    Es tut mir leid. Ich habe dich enttäuscht. Ich werde es wiedergutmachen...
    Und etwas in dem dicklichen Vincent Reynolds verhärtete sich. Er beschloss, dass nichts ihn je dazu bringen würde, seinen Freund zu verraten.
     
    Der große, birnenförmige Mann saß mit auf den Rücken gefesselten Händen in der Nähe des Vorderfensters von Lincoln Rhymes Labor.
    Laut seinem Führerschein und den Unterlagen, die sie bei ihm
fanden, war er nicht Tony Parsons, sondern Vincent Reynolds, eine achtundzwanzigjährige Schreibkraft, wohnhaft in New Jersey und tätig für ein halbes Dutzend Zeitarbeitsfirmen, die alle kaum etwas über ihn wussten, abgesehen von dem, was die übliche Überprüfung seiner Referenzen und des Lebenslaufs ergeben hatte: Er war ein guter, wenn auch unauffälliger Mitarbeiter.
    Mit einer Mischung aus Wut und Verunsicherung schaute Vincent abwechselnd zu Boden und zu den Leuten um ihn herum – Rhyme, Sachs, Dance, Baker und Sellitto.
    Es wurde nicht anderweitig nach ihm gefahndet, es lagen keine Haftbefehle gegen ihn vor, und eine Durchsuchung seiner ärmlichen Wohnung in New Jersey ergab keine ersichtliche Verbindung zu dem Uhrmacher. Nichts deutete auf eine Lebensgefährtin, enge Freunde oder Eltern hin. Die Beamten hatten einen angefangenen Brief an seine Schwester in Detroit gefunden. Sellitto besorgte sich bei der Michigan State Police ihre Nummer, erreichte aber nur den Anrufbeantworter. Er hinterließ eine Nachricht mit der Bitte um Rückruf.
    Am Montag, dem Abend der Morde auf dem Pier und an der Cedar Street, hatte Reynolds gearbeitet, danach jedoch ein paar Tage freigenommen.
    Mel Cooper hatte per E-Mail ein Digitalfoto von ihm zu Joanne Harper in den Blumenladen geschickt. Die Frau gab an, er sähe dem Mann ähnlich, der durch ihr Fenster gestarrt habe, aber wegen des grellen Lichts, der dreckigen Scheiben und der Sonnenbrille sei sie sich leider nicht sicher.
    Obwohl er im Verdacht stand, der Komplize des Uhrmachers zu sein, gab es kaum Beweise, die ihn mit den Tatorten in Verbindung brachten. Der Schuhabdruck aus dem Parkhaus, in dem der verlassene Explorer gefunden worden war, hatte die gleiche Größe wie seine Schuhe, nämlich sechsundvierzig, aber für eine genaue Zuordnung fehlten weitere charakteristische Merkmale. Unter den Lebensmitteln – die er nach Rhymes Auffassung zur Tarnung gekauft hatte, um sich Dance oder einem anderen Ermittler unauffällig nähern zu können – befanden sich Chips, Kekse und weiteres Junkfood. Aber die Packungen waren alle ungeöffnet, und eine Untersuchung seiner Kleidung erbrachte keine Krümel, die eindeutig zu den Spuren aus dem Wagen gepasst hätten.

    Im Moment wurde er lediglich aus zwei Gründen festgehalten: wegen des Besitzes eines illegalen Messers und der Behinderung einer polizeilichen Ermittlung – des üblichen Vorwurfs für eine falsche Zeugenaussage.
    Dennoch hätten eine Menge Leute im Rathaus und dem Big Building nichts dagegen gehabt, sich ein Beispiel an Abu Ghraib zu nehmen und Vincent so lange einzuschüchtern oder zu bedrohen, bis er zusammenbräche. Das war auch Dennis Bakers bevorzugter Ansatz; der Lieutenant hatte von oben gewaltigen Druck erhalten, den Täter zu finden.
    »Das funktioniert nicht«, hatte Kathryn Dance gesagt. »Er würde sich einfach in sein Schneckenhaus zurückziehen und Ihnen gar nichts verraten.« Sie hatte hinzugefügt: »Nur fürs Protokoll: Mit Folter erreicht man so gut wie nie verlässliche Informationen.«
    Also hatten Rhyme und Baker sie gebeten, Vincents Verhör zu leiten. Sie mussten den Uhrmacher so schnell wie möglich finden, und da ein Stück Gummischlauch nicht in Betracht kam, wollten sie eine Expertin.
    Nun zog Dance die Vorhänge zu und setzte sich gegenüber von Vincent hin, mit nichts zwischen ihnen. Sie rückte ein Stück vor, bis der Abstand noch ungefähr neunzig Zentimeter betrug. Rhyme nahm an, dass sie ihn auf diese Weise zusätzlich unter Druck setzen wollte, um seinen Widerstand zu brechen. Aber ihm war auch klar, dass Vincent sich bei einem Wutanfall nach vorn stürzen und sie mit dem Kopf oder den Zähnen ernstlich verletzen konnte.
    Dance war sich dessen zweifellos ebenfalls bewusst, ließ sich jedoch in keiner Weise anmerken, dass sie sich gefährdet fühlte. Sie lächelte zurückhaltend. »Hallo, Vincent«, sagte sie ruhig. »Ich weiß, man hat Sie über Ihre Rechte belehrt, und Sie haben eingewilligt, mit uns zu reden. Das wissen wir zu schätzen.«
    »Das ist

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